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Die Strudlhofstiege

Die Strudlhofstiege

Titel: Die Strudlhofstiege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heimito von Doderer
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Freitag abend und am Samstag nur kurz, daß sie gut gereist, gut angelangt und programmgemäß von der Tante und der Cousine am Bahnhofe abgeholt worden sei, wobei man übrigens den Herrn von Stangeler getroffen habe. Der sei dort gewesen, um vom Pariser Zug wen abzuholen (seine Grete?), und wohl noch lange geblieben, wegen der großen Verspätung von über einer Stunde. So ließen sie denn ihr erstes Wiedersehen bei heute, Samstag abend; und Thea, die Ärmste, war es froh; sie ging auch nicht zu Paula; sie blieb in hoffnungslosem Zustande vor dem bekannten Büffet sitzen, um dort von der prompten Loiskandl attrappiert zu werden.
    Es erscheint erwähnenswert, daß Paula Pichler sogleich nach dem Weggange der Loiskandl aus dem Gärtchen damals auf einen Vorsatz verfiel, der augenblicklich nicht durchführbar war – und den Thea beinah um dieselbe Zeit verwirklichte: nämlich über die Angelegenheit der Trafikantin Oplatek mit dem Amtsrate bei Gelegenheit zu reden. Diese aber ergab sich für Thea in St. Valentin. Und auch hier wurde wieder in Sachen der Regie ein Regiefehler gemacht, diesmal von Seiten Thea Rokitzers, die uns allerdings noch nie zu der Annahme berechtigt hat, sie vermöge auf der kleinen Bühne ihres Lebens Ordnung zu halten. Aber sie hätte der Paula Pichler wohl erwähnen können, daß sie Zihal in bezug auf diese Dinge befragt habe: dann hätte jene es später nicht noch einmal getan, was dem Amtsrate freilich auffallen mußte. Der Gegenstand, und was sonst noch dazu gehörte, kam ja zwischen den Freundinnen oft genug zur Erörterung. Vielleicht lag der Grund von Theas Vergeßlichkeit darin, daß es ihr gar nicht gelungen war, von dem Onkel und Pensionisten eine in's einzelne gehende Antwort zu erhalten. Es war gegen Abend gewesen, im Garten, wo sich Zihal um diese Tageszeit gern mit dem Gießen der Blumen beschäftigte, in Hemdsärmeln das Wasser vom Hydranten tragend. Diese Wasser-Prozessionen waren bei dem Amtsrate sehr bald zu einem rhythmischen und gewissermaßen obstinaten Ritual erstarrt, so daß er beim Hin- und Wider-Pendeln über die Gartenwege ganz unverrückbare Bahn-Elemente zeigte und einen sozusagen nach innen gekehrten Gesichtsausdruck. Das alles war Sprache. Sein Wasser-Tragen war ein Vortrag; und zwar über das Wesen der Durchführung von erforderlichen Verrichtungen überhaupt und die Bemessung der dabei als unumgänglich notwendig anzusehenden Bewegungen. Thea trat ihm in den Kurs am Kiesweg (sie mußte immer gleich sagen, was sie dachte, und ausführen, was ihr einfiel), und dies war dumm von ihr und hatte zur Folge, daß sie als Partei nach Anhörung kurz abgefertigt wurde: obwohl Zihal die Nichte seiner Frau sehr gerne mochte und im wörtlichsten Sinne gerne sah, was verständlich erscheint; ja mitunter betrachtete er sie unvermerkt und strich dabei den Schnurrbart und schien für Augenblicke von irgendwelchen Erinnerungen umfangen … (Übrigens nahm er Thea nicht selten auch gegen die beiden Frauen in Schutz, wenn ihr allzuviel aufgebürdet werden sollte.) Jetzt aber, da sie ein Zeremoniell störte, trat sogleich ein anderes hervor, und, wenn auch hemdsärmelig, so doch auf irgendeine Art spanisch. Der Amtsrat stellte die Gießkanne auf den Weg. »Ein solcher Ankauf«, sagte er, »kann weder als rechtswidrig noch als bedenklich angesehen werden, vorausgesetzt, daß der gesetzliche Preis, nicht mehr und nicht weniger als dieser, erlegt wird. Jedoch kann der an sich zulässige Kauf den Verdacht unzulässiger Manipulationen oder Spekulationen mit dem erstandenen Posten in gewissen Fällen zweifellos nahelegen.« Er nahm die Gießkanne auf und stellte die gestörten Bahnelemente wieder her. Thea war mitunter wirklich eine Nocken. Der Amtsrat aber bewegte sich bereits nahe jener feinen Grenze, wo der niedere Zihalismus aufhört und der höhere beginnt, wenn er auch nie im Leben durch das schöne Stiegenhaus im Stadtpalais des Prinzen Eugen von Savoyen geschritten war und für ihn eigentlich eine Finanz-Landesdirektion allezeit schon fast das höchste Ätherblau ämtlichen Begriffs-Himmels und Fimmels dargestellt hatte.
    Sogleich nach Erhalt des Blankos von Seiten Theas war Hedi Loiskandl, der freudige Hiobspostler (eine besonders empfehlenswerte Sorte!), aus Spannung und Interesse geraten, was der Thea Rokitzer hätte auffallen müssen, jedoch war dies infolge ihres filmisch geminderten Zustandes nicht der Fall. Die polizeilichen Erhebungen, auf's nachlässigste, ganz

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