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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ging die Tür auf, und Moms Stimme erklang: »Hallo, Cheryl? Kitty? Ist das dein Wagen da draußen?«
    Nicky hatte Mom - Grandma - im Wohnzimmer abgefangen, und die beiden schwärmten einander von Spielzeug vor, als Cheryl und ich eintraten. Jetzt wurde erst einmal ausgiebig umarmt und begrüßt. Es war alles sehr mädchenhaft und häuslich. Mom schien sich von der Operation erholt zu haben. Und weshalb auch nicht? Reine Routinesache, hieß es ständig von allen Seiten. Als würden die Wörter »rein« und »Operation« in denselben Satz gehören. Sie litt unter Schmerzen, auch wenn sie diesen Umstand zu verbergen versuchte. Es gelang ihr, uns zu umarmen, ohne ihren rechten Arm zu benutzen. Sollte sie nervös sein, weil sie auf die Ergebnisse warten musste, versteckte sie das ebenso.
    Cheryl hatte in der Küche Sandwiches vorbereitet, und wir setzten uns zum Essen. Nicky zupfte die Kruste von ihrem Brot. Mom half ihr.
    Die ganze Zeit sprach Mom von nichts Bestimmtem und füllte die Schweigepausen, damit die unausgesprochenen
Sorgen nicht erwähnt werden konnten. Cheryl warf mir immer wieder Blicke zu, ihre Miene war auffordernd, als wollte sie, dass ich etwas sagte. Als wollte sie, dass ich Mom fragte, ob sie Hilfe benötigte. Doch ich würde nichts ansprechen. Sie war die Älteste, es war ihre Aufgabe. Es war mir gleichgültig, ob ich nun der Selbsthilfeguru in der Familie war oder nicht.
    Wenn Mom die Untersuchungsergebnisse erhielt, musste sie uns noch nicht einmal einweihen. Ich wusste nicht, warum Cheryl sich so sehr darüber den Kopf zerbrach, wie wir ihr helfen könnten - je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass Mom unsere Hilfe nicht wollen würde. Sie würde so viel wie möglich alleine bewältigen.
    Das hätte ich getan. Jedenfalls hätte ich es versucht.
    Wenigstens an diesem Nachmittag tat ich so, als sei alles in Ordnung, und genoss den Tag mit meiner Mom und Schwester. Als wir das letzte Mal einen Frauentag wie diesen abgehalten hatten, war Nicky noch ein zappelndes Baby gewesen.
    Schließlich war ich es, die das Treffen beendete, weil ich nach Hause und mich für den Abend fertig machen musste. Ich verabschiedete mich von den Kindern - Nicky schien sich vom Krankenhaus her an mich zu erinnern - und umarmte Cheryl, wobei ich versuchte, eine »Mach dir keine Sorgen« - Stimmung zu verströmen. Ich hatte keine Ahnung, ob es funktionierte. Dann umarmten Mom und ich uns, wobei wir auf ihre rechte Seite achteten.
    »Du gibst mir Bescheid, falls du etwas brauchen solltest, ja? Falls ich dir irgendwie helfen kann?«

    Sie entzog sich mir und bedachte mich mit einem sarkastischen Blick. »Du lässt dir auch nie von mir helfen, warum sollte ich es also anders halten?«
    Das hatte ich mir selbst eingebrockt, oder etwa nicht? »Weil … Ich weiß nicht. Du sollst bloß wissen, dass du mich anrufen kannst.«
    »Ich weiß. Danke, Liebes.« Lächelnd küsste sie mich auf die Wange. So viel dazu.

Fünf
    Das Brown Palace war eine Ikone der Downtown. Es war zur Zeit des Goldrausches erbaut worden, als Denver voller Neureicher war, die ein wenig High Society um sich haben wollten, und er war ein Wahrzeichen und ein Statussymbol. Präsidenten übernachteten hier. Wirklich feudal. Weniger hätte ich von Mercedes auch nicht erwartet.
    Der Empfangschef wies mich zu Mercedes’ Suite. Ich schleppte Ben zum Aufzug. Er hatte in der Lobby gewartet, die Hände in den Hosentaschen, und sich die Kunstwerke, Kamine, das bunte Glas und die Blattpflanzen angesehen. Er trug ein Jackett, aber keine Krawatte. Nicht mehr ganz so herausgeputzt, sondern eher ein bisschen schmuddelig, aber er sah trotzdem großartig aus. Ich trug einen Rock, ein Hemd und hochhackige Schuhe. Es fühlte sich ziemlich gut an, auch wenn ich gewiss nicht mit Mercedes’ Aufzug mithalten konnte.
    »Bist du dir auch ganz sicher?«, fragte er, als wir den Flur entlanggingen. Er hatte etwas vor sich hin gemurmelt von wegen, wir würden der Spinne direkt ins Netz laufen.
    »Warum denn nicht?«
    »Ich traue Vampiren nicht.«
    »Und wie vielen Vampiren bist du tatsächlich schon begegnet? Ich meine solche, die du nicht gepfählt hast?«

    »So viele Vampire habe ich auch wieder nicht gepfählt.«
    Ruckartig blieb ich stehen und starrte ihn an. Ich hatte bloß einen Witz gemacht. Zwar hatte ich gewusst, dass er Cormac manchmal bei der Vampirjagd geholfen hatte, bevor dieser ins Gefängnis gekommen war. Doch wir hatten nie darüber

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