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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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genug, um zu Abend zu essen. Wieder Wildbretsteaks. Anschließend zog er einen Stuhl ins Wohnzimmer und stellte ihn vor den Ofen; er beobachtete durch den Rost, wie die glühenden Holzstücke brannten, und glitt in eine Art Dämmerzustand. Dagegen konnte ich eigentlich nichts sagen. Ich hatte das Gleiche getan, als es mir damals zugestoßen war. Während sich der Körper veränderte, wandelte sich die ganze Wahrnehmung, und die Welt schien sich zu verlangsamen. Man blinzelte, und ein ganzer Nachmittag war verstrichen. Dieses Gefühl der Losgelöstheit hatte wochenlang angehalten. Beinahe wäre ich in dem Semester durchgerasselt. Hätte ich nicht bloß ein Jahr vor dem Abschluss gestanden, hätte ich vielleicht dem Verlangen nachgegeben, das Studium hinzuschmeißen und alles hinter mir zu lassen. In den Wald zu gehen, niemals zurückzukehren.
    Cormac blieb in der Küche. Sie sprachen immer noch nicht miteinander.
    Später schaltete ich das Radio ein. Ja, es war mal wieder so weit. Ich machte es mir auf dem Sofa gemütlich, das Handy in der Hand.

    Ben sah mit gerunzelter Stirn zum Radio. Dann verengte er die Augen zu Schlitzen – seiner Miene war anzusehen, dass er allmählich begriff. »Welchen Tag haben wir heute?«
    Â»Samstag«, sagte ich.
    Sofort stand er kopfschüttelnd auf. »Nein, das höre ich mir auf keinen Fall an. Ich sehe nicht zu, wie du dir das anhörst. Ich pack’s dann. Gute Nacht.« Er ging ins Schlafzimmer und ließ sich aufs Bett plumpsen.
    Cormac kam aus der Küche, warf einen Blick in Richtung Schlafzimmer und setzte sich ans andere Ende des Sofas. »Was ist das?«
    Â»Die Konkurrenz«, sagte ich.
    Die erotische Stimme kündigte sich an.
    Â»Guten Abend. Ich bin Ariel, Priesterin der Nacht. Willkommen zu meiner Sendung.« Und wieder »Bela Lugosi’s Dead.« Anmaßender ging es ja wohl nicht …
    Ich murmelte extrem genervt in Richtung des Radios: »Sag schon, Ariel, worüber sollen wir uns diese Woche unterhalten?«
    Ariel antwortete aus dem Radio. »Wir alle haben schon von Werwölfen gehört«, intonierte sie. »Wir haben unzählige Filme gesehen. Einmal hat sich mein kleiner Bruder an Halloween sogar als Wolfsmensch verkleidet. Diese ganze Aufmerksamkeit hat dazu geführt, dass die anderen Arten bisher zu kurz gekommen sind. Löwen und Tiger und Bären. Und ein Dutzend andere urkundlich belegte lykanthropische Spielarten. Herrje! «
    Cormac verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Man fragt sich unwillkürlich, ob sie einen Körper hat, der zu der Stimme passt.«

    Ich würde ihm auf keinen Fall von der Website erzählen! Stattdessen warf ich ihm einen bösen Blick zu. Dann fing eine quälende Stimme im hintersten Winkel meines Bewusstseins zu quengeln an. Quengelte, nagte, ärgerte mich, bis ich die Frage stellen musste. »Was ist mit meiner Sendung? Du weißt schon, bevor du mich persönlich getroffen hast – hast du dich bei meiner Stimme je gefragt, na ja, ob ich vielleicht einen dazu passenden Körper hätte?«
    Er sah mich an, kurzzeitig betroffen. »Bei dir ist das ein bisschen anders«, sagte er schließlich.
    O Gott! Ich bin ein Schmock. Ein hässlicher, untalentierter Schmock, von niemandem je gemocht, kein einziges Mal, noch nie. Ich umarmte das Kissen, das auf dem Sofa lag und schmollte.
    Cormac verdrehte die Augen.
    Ariel sprach immer noch. »Bist du ein Lykanthrop, der nicht zur typischen Hausmannskost Wolf gehört? Dann ruf mich an, unterhalten wir uns.«
    Diesmal hatte ich die Nummer als Kurzwahl gespeichert. Ich drückte die Anruftaste und wartete.
    Cormac sah mir nachdenklich zu. »Was machst du da?« Ich achtete nicht auf ihn. Das erste Mal war besetzt. Ich versuchte es erneut. Und noch einmal, bis schließlich geantwortet wurde: »Hallo, du bist bei Ariel, Priesterin der Nacht. Wie lauten dein Name und dein Wohnort?«
    Diesmal war alles sorgsam geplant. »Ich bin Irene aus Tulsa«, sagte ich munter.
    Â»Und worüber möchtest du sprechen?«
    Â»Ich bin ein Werjaguar. Etwas sehr Seltenes«, sagte ich.
»Ich bin ja so froh, dass Ariel dieses Thema behandelt. Ich habe mich so einsam gefühlt, weißt du? Ich würde wahnsinnig gerne mit ihr sprechen.«
    Â»Na schön, Irene. Stell bitte das Radio leise und bleib am Apparat.«
    Das tat ich, wobei ich mir das

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