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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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uns, Kerris. Sie ist erst elf, aber die Gabe ist bereits stark in ihr. Hat sie gesagt, wo sie hingeht?«
    Mit raschen geschickten Handbewegungen nahm Ardith eines der Kaninchen aus. Die Innereien warf er in einen Krug neben dem Herd. »Ich hab' ihr gesagt, sie soll in den Tanjo gehen. Tamaris ist dort.«
    Lea sagte zu Kerris: »Als es zuerst aufgetaucht ist, da muß doch deine Gabe für dich ziemlich beunruhigend gewesen sein, wo du doch so weit weg warst von allen, die dir hätten sagen können, was es ist.«
    Ihr beiläufiger Ton machte es Kerris schwer, eine Antwort zu finden. Er dachte an die Neugier, den Abscheu und die Verachtung, mit denen die Leute auf der Burg seinen Anfällen begegneten. Er erinnerte sich, wie sehr er sich bemüht hatte, sie zu vertreiben. »Ein wenig«, sagte er.
    »Du hast die Innere Sprache wie Sefer, nicht wahr?« sagte sie. »Das ist gut. Ich habe auch gehört, daß er ein guter Lehrer ist.«
    Kerris sagte: »Ich weiß, ich muß eine Menge lernen.« Die Worte kamen steif aus seinem Mund. Ein Blick, den er nicht zu deuten vermochte, ging zwischen Lea und Ardith hin und her.
    Lea sagte: »Es tut mir leid. Ich glaube, wir vergessen hier, daß man außerhalb von Elath nicht gern und leicht über die Hexengaben redet.« Sie trat in die Speisekammer und kehrte mit dem unvermeidlichen Teller voll fetuch zurück. Sie drückte der alten Frau einen Stengel in die welke Hand, ehe sie den Teller auf den Tisch setzte.
    Kerris fragte sich, ob die Essenszeiten im Süden anders sein mochten als im Norden. Vielleicht gab es hier Nahrung im Überfluß – wenigstens im Frühling und Sommer –, so daß man sie einem Gast großzügig zu jeder Zeit anbieten konnte. Im Norden reichten nur die Burgherren einem Besucher etwas zu essen, ohne zuvor ihre Vorräte zu überprüfen. Aus Höflichkeit nahm er einen Stengel. Die Schüssel, in der das Gemüse lag, fing seinen Blick ein. Sie hatte eine kräftige orangerote Farbe. Er hätte gern gewußt, wer sie angefertigt hatte. Noch nie hatte er solch eine feine Tonarbeit gesehen. Gewiß nicht auf Tornor Keep.
    Er berührte die Schale. Die Glasur war glatt wie Wasser. »Das ist hübsch«, sagte er.
    Lea wurde rot wie ein kleines Mädchen.
    Ardith lächelte. Mit verhohlenem Stolz sagte er: »Lea hat sie getöpfert.«
    »Sie ist schön.«
    Die Tür zum Garten flog auf. Tazia stand im Türrahmen, das Gesicht von Wut verzerrt. »Ich will aber nicht in den Tanjo gehen!«
    Wie ihr Vater trug sie Braun. Dicke schwarze Zöpfe, die mit roten Seidenbändern gebunden waren standen über den Ohren ab. Sie reckte das Kinn vor, die Augen blitzten. Die Biegung ihrer kleinen Wangenknochen war eine Miniaturkopie der breiteren Gesichtsformung ihrer Mutter Lea.
    Lea sagte: »Tazi, mach nicht so einen Lärm mit der Tür!«
    Tazia stampfte mit den Füßen auf den Boden. »Aber ich will ...«
    »Das reicht, Tazia!« sagte Ardith.
    Sie neigte den Kopf und schaute ihn an, als überlege sie, ob sie dem milden Befehl widersprechen solle. Der Zorn wich ein wenig aus ihrem Gesicht. Dann schaute sie Kerris an. »Wer bist denn du?«
    Lea sagte: »Du weißt ganz gut, wer er ist. Er ist dein Cousin Kerris, und er ist aus dem Norden gekommen, um in Elath zu leben.«
    Kerris dachte: Bin ich deswegen hergekommen?
    Tazia sagte: »Oh!« Sie kratzte sich am Kinn und tupfte mit der großen Zehe auf die Bodenmatte. Ihre Füße waren bemerkenswert schmutzig. »Du bist mit dem chearas gekommen.«
    »Ja.«
    »Kennst du meine Schwester Meda?«
    Ardith sagte geduldig: »Es besteht kein Anlaß zu glauben, daß und warum Kerris deiner Schwester begegnet sein soll.«
    »Aber sie ist bei den Wachtposten.« Das kleine Gesicht blickte finster. Die kleinen Fäuste waren geballt. »Ich will auch dorthin gehen.«
    Ardith hockte sich nieder und versuchte dem Kind Vernunft beizubringen. »Das kannst du aber nicht. Du bist noch zu jung und würdest nur stören.«
    »Aber ich könnte ihnen helfen«, versicherte Tazia mit Nachdruck. »Ich bin stark. Ich kann Steine werfen. Schau!« Die sonnenuntergangrote Schüssel hob sich vom Tisch und huschte fledermausgleich hinauf zu den silbernen Holzbalken der Decke. Die fetuch-Stengel flogen in alle vier Ecken des Raumes. Kerris duckte sich, als die Schale an seinem Ohr vorbeiflog. Lea grapschte mit beiden Händen nach ihr, aber plötzlich blieb die Keramik bewegungslos schweben, hing einen Moment lang in der Luft und fiel dann, ohne in Scherben zu zerspringen, auf den Tisch zurück.

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