Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual
nur allzu verständlich war.
»Wir müssen eine Expedition an Land schicken«, sagte er nach dem Abendessen, das sie an Deck einnahmen. »Wenn die Gesuchten sich hier aufhalten, wird es sich wie ein Lauffeuer über die ganze Insel verbreitet haben.«
»Wen wollen Sie schicken?« fragte David ruhig. »Von Ihren Leuten kennt keiner unsere Freunde.«
»Vielleicht genügt es, wenn sie jemanden finden, der bestechlich ist«, erwiderte Debussy augenzwinkernd. »Der könnte sie ihnen dann zeigen. Aber das würde uns möglicherweise zuviel Zeit kosten, denke ich.« Er musterte David scharf. »Diese Frau, wie war doch gleich ihr Name …«
»Zandra«, sagte David. »Ja, Zandra. Sie bleibt an Bord. Auf alle Fälle. Sie gefällt mir nicht nur wegen ihrer Unnahbarkeit, sondern auch deswegen, weil sie Sie möglicherweise liebt. Ich werde sie als Geisel behalten.«
»Sie liebt mich?« David mußte sich zwingen, nicht schallend zu lachen. »Ich kenne sie kaum länger als Sie, Debussy, und …«
»Sie sind eben ein Narr«, sagte Debussy. »Und Narren merken es als letzte, wenn jemand den Blick auf sie richtet. Ich brauche mir nur die Augen dieser Frau anzusehen, dann weiß ich Bescheid.«
David schluckte. Debussys Äußerungen erschienen ihm auch jetzt noch absurd, aber es war wohl besser, wenn er dazu jetzt keine weitere Stellung abgab. Der Hinweis auf Zandra bedeutete immerhin, daß Debussy bereit zu sein schien, ihn mit der Suchexpedition zusammen losziehen zu lassen. »Und was ist mit Farrell?«
»Der Mann gefällt mir nicht«, sagte Debussy. »Er hat einen schwer einschätzbaren Charakter. Und ich glaube, daß er gewalttätig werden kann. Er bleibt auch an Bord.«
»Wollen Sie mich etwa allein losziehen lassen?« fragte David verblüfft. Debussy lachte kehlig. »Nein. Sie würden meine Männer möglicherweise hinters Licht führen und irgendwann verschwinden. Da ich es auch nicht riskieren kann, einen meiner Getreuen an Sie zu ketten, weil Sie möglicherweise seinen Arm abschneiden, wenn er ihnen bei der Flucht hinderlich wird, habe ich mir eine ganz besondere Überraschung ausgedacht.«
*
Am nächsten Morgen ketteten Debussys Männer David terGorden an das Mädchen Thorna. Während Zandra und Farrell David hilflose Blicke zuwarfen und zusehen mußten, wie man die beiden an die Reling führte, verzog Thorna keine Miene. Debussy gab ihnen nicht einmal die Möglichkeit, sich von ihren Freunden zu verabschieden. Ein Ruderboot brachte David, Thorna, zwei Bewaffnete und den Grünen Flieger Vasik an Land. Dort gab Debussy seinen Leuten mit zynischem Grinsen bekannt, daß er der Expedition drei Tage Zeit gebe, um die Spur der Gesuchten aufzunehmen. Waren sie bis dahin nicht zurück, würde er die ganze Aktion abblasen und annehmen, daß sie tot seien.
Der Grüne Flieger nahm diese Offenbarung mit stoischer Gelassenheit entgegen, denn er schien absolut sicher zu sein, daß er zum Ende des angesetzten Termins auf alle Fälle zurück sein würde. Die beiden Bewaffneten jedoch machten von nun an einen verunsicherten, fast gehetzten Eindruck. Allem Anschein nach standen auch sie unter großem Druck. Möglicherweise befanden sich ihre Familienmitglieder an Bord der Polaris und waren jetzt Debussys Gewalt ausgesetzt. Es mußte noch eine ganze Reihe anderer Menschen unter Deck des Seglers geben, wie mehrere Stimmen David deutlich gemacht hatten.
Debussy war kaum wieder in sein Boot gestiegen, um sich zur Polaris zurückrudern zu lassen, als Vasik mit den beiden Bewaffneten ein kurzes Gespräch führte und sich in die Lüfte erhob. Wie ein großer Vogel, der nach Beute Ausschau hält, jagte er mit flatternden Schwingen landeinwärts und ließ die anderen zurück. Die beiden Bewaffneten, zwei Männer in den mittleren Jahren, deren narbenbedeckte Oberkörper Zeugnis davon ablegten, daß sie sich in vielen Kämpfen bewährt hatten, trieben David und Thorna vor sich her. Sie ließen das bunte Tulpenfeld hinter sich und hielten sich nördlich. Die kesselartige Bergkette, die die Insel der Familie O’Broin vom Scharlachmeer abgrenzte, schrumpfte mehr und mehr zusammen. Das Land wurde flacher und vegetationsreicher. Der Boden war hier von einer beinahe grünen Farbe, von grasähnlichen Flechten bedeckt, und hier und da von kleinen Inseln hellroter Gewächse durchsetzt. Es war ein wenig kühl, Tau lag auf den Gräsern und der Untergrund fühlte sich hart an.
Thorna hielt sich tapfer; obwohl sie während der halben Stunde, die
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