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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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aufgehört, und die einzigen Geräusche machten die Kühe beim Kauen und Herauszupfen des Heus aus den Trögen.
    »Im Namen Gottes«, sagte Adelia verzweifelt zu Bertha, »ist dir denn sonst gar nichts an der alten Frau aufgefallen?«
    Bertha dachte nach und schüttelte den Kopf. Dann blickte sie erstaunt. »Hat gut gerochen«, sagte sie.
    »Sie hat gut gerochen? Was heißt gut?«
    »Eben gut.« Das Mädchen kroch jetzt nach vorne und schnupperte wie eine Spitzmaus. »Wie Ihr.«
    »Sie hat gerochen wie ich?«
    Bertha nickte.
    Seife. Gute parfümierte Seife, Adelias einziger Luxus, den sie sich erst vor zwei Stunden gegönnt hatte, als sie sich gründlich vom Schmutz der Reise gereinigt hatte. Einmal im Jahr ließ sie sich von ihrer Ziehmutter aus Rom eine Lieferung Seife zusenden, die aus Lauge, Olivenöl und Blütenessenzen hergestellt wurde. In einem ihrer Briefe hatte Adelia sich über die englische Seife beklagt, die hauptsächlich aus Rindertalg bestand, weshalb ihre Benutzer rochen, als sollten sie gleich in die Backröhre geschoben werden.
    »Hat sie nach Blumen gerochen?«, fragte sie. »Rosen? Lavendel? Kamille?« Und wusste sogleich, dass es sinnlos war. Selbst wenn Bertha diese Pflanzen kannte, sie würde sie doch nur mit ihren einheimischen Namen benennen können, die wiederum Adelia unbekannt waren.
    Aber es war immerhin ein Fortschritt. Keine normale alte Frau, die im Wald Pilze sammelte, würde, selbst wenn sie tatsächlich Seife benutzte, nach parfümierter Seife duften.
    Adelia erhob sich und sagte: »Wenn du ihren Duft noch einmal an jemand anderem riechst, sagst du mir dann Bescheid?«
    Bertha nickte. Ihre Augen blickten starr auf das Kreuz an Adelias Hals, als gäbe es ihr Hoffnung, obwohl sie nicht wusste, was es bedeutete.
    Und welche Hoffnung bleibt dem armen Ding denn noch?
    Mit einem Seufzer löste Adelia die Kette um ihren Hals, schob sie zusammen mit dem Kreuz in Berthas verdreckte kleine Hand und schloss deren Finger darum. »Behalt das, bis ich dir ein eigenes kaufen kann«, sagte sie.
    Es fiel ihr schwer, das zu tun, aber nicht wegen des Symbolgehalts des Kreuzes – Adelia hatte zu viele Religionen kennengelernt, um ihren ganzen Glauben auf eine einzige zu beschränken –, sondern weil sie es von Margaret bekommen hatte, ihrer alten Kinderfrau und einer wahren Christin, die auf der Reise nach England gestorben war.
    Aber ich habe Liebe erfahren. Ich habe mein Kind, meinen Beruf, meine Freunde.
    Bertha, die nichts dergleichen besaß, umklammerte das Kreuz, quietschte vor Freude auf und verschwand damit im Stroh.
    Als sie durch die Nacht zurückgingen, fragte Jacques: »Glaubt Ihr wirklich, dass dieses kleine Schweinchen für Euch die Trüffel wittern kann, Mistress?«
    »Nicht sehr wahrscheinlich«, räumte Adelia ein, »aber Berthas Nase ist vielleicht die beste Spur, die wir haben. Sollte sie den Duft der Alten noch einmal riechen, dann bei jemandem, der fremdländische Seife kauft und uns sagen kann, bei welchem Händler, und der kann uns dann eine Liste seiner Kunden geben.«
    »Schlau.« Der Bote klang bewundernd.
    Nach einer Weile sagte er: »Glaubt Ihr, die Königin steckt dahinter?«
    »Jemand will, dass wir das glauben.«

[home]
Kapitel fünf
    A uf der Anhöhe über einem weiten Tal blieben ein Hund und vier Reiter aus Godstow stehen und betrachteten den Turm und die Nebengebäude auf dem gegenüberliegenden Berg. Nach kurzem Schweigen fragte Adelia unklugerweise: »Wie um alles in der Welt kann man da eindringen?«
    »Zu meiner Zeit genügten meist ein paar Blumen und ein galantes Lächeln«, sagte der Bischof.
    Sie hörte die beiden Männer neben sich losprusten.
    »Ich meinte das Labyrinth«, sagte sie.
    »Ich auch«, sagte Rowley augenzwinkernd.
    Weiteres Prusten.
    Oje, sexuelle Anzüglichkeiten. Aber nachvollziehbar war es. Von hier aus sah der Wormhold Tower und das, was ihn umgab, ziemlich, na ja,
derb
aus. Ein sehr hoher schlanker Turm, der mit einer engsitzenden Kuppel abschloss – er hatte sogar rings um die Spitze einen kleinen Laufgang, der die phallische Ähnlichkeit noch betonte –, ragte aus einem ringförmigen Labyrinth auf, in dem Männer offenbar weibliches Schamhaar sahen. Die gesamte Silhouette hätte von einem ungezogenen pubertierenden Riesen oben auf den Berg gemalt worden sein können. Eine zotige Schmiererei vor dem Horizont.
    Der Bischof hatte sie im leichten Galopp hierhergeführt, stets in der Furcht, das Wetter könnte sie aufhalten, doch

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