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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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    6.  Juni 2013 – Hyannis Port
     
    »John Fitzgerald Kennedy war ein notorischer Fremdgänger, soviel ist ja mal klar!« Amelie verbarg ihre Abscheu nicht im Geringsten, wollte es auch gar nicht. Leidenschaftlich konnte sie sich über diesen Mann aufregen. So wie jetzt gerade. Ganz im Gegensatz zu Erin, deren Augen schimmerten und die den Eindruck machte, als würde sie jeden Moment in Anbetung und Ehrfurcht erstarren.
    »Ach komm, Amy, hör schon auf«, widersprach sie energisch. »Du solltest nicht alles glauben, was über J.F.K. verbreitet wird. Mag ja sein, dass er die eine oder andere Geliebte hatte. Fest steht doch aber, dass er Charisma besaß, und dass er ein wirklich großer Präsident hätte werden können, sofern sie ihn nicht feige und hinterrücks abgeknallt hätten.«
    »Die eine oder andere Geliebte? Ich behaupte, dass er sich kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten gevögelt hat und das ohne Rücksicht auf Verluste. So sollte sich kein Mann benehmen, schon gar nicht, wenn er der erste seines Landes ist. Dass er erschossen wurde, das ist natürlich schrecklich, wäre es aber nicht geschehen, so hätte sein Lebenswandel ihm früher oder später das Genick gebrochen, zumindest sein politisches Genick. Denn das hätte das prüde Amerika auf keinen Fall auf die Dauer geduldet.«
    »Prüde? Du nennst mein Land prüde? Das stimmt doch überhaupt nicht.«
    »Und wie!«, untermauerte Amelie ihre Aussage angriffslustig, und mit einem giftigen Blick auf James fügte sie noch hinzu. »Ihr Amis seid sowas von verklemmt, das ist ja wohl mehr als offensichtlich.«
    James verdrehte die Augen im Kopf und biss sich auf die Zunge. Zu gerne hätte er ihr eine Erwiderung auf ihre Frechheiten gegeben, aber er wollte sie nicht noch weiter provozieren. Irgendwann würde die Zeit kommen, da würde er ihr beweisen, dass er ganz und gar nicht prüde oder verklemmt war, doch das schien augenblicklich meilenweit entfernt.
    In den Tagen zuvor hatte er weitere Aspekte von Amelies Erkrankung kennengelernt. Tagsüber, ja, jedoch vor allem nachts. Drei ganze Nächte lang hatte Amy erneut kaum ein Auge zugetan, und er in infolgedessen auch nicht. Geweint hatte sie diesmal nicht, nein, aber manchmal war James nahe dran gewesen, sich zu wünschen, sie würde es wieder tun. Jedenfalls hätte er das besser aushalten können, als ihre derzeitige Ungenießbarkeit. Aus purer Angst, dass sie Dummheiten machen würde, war er ihr auf ihren rastlosen Wanderungen durchs Haus gefolgt. Von einer Etage in die andere, von einem Zimmer in das nächste. Geredet hatten sie kaum dabei. Wollten sie auch nicht. Beide nicht. Amelie ganz einfach, weil sie keine Lust dazu hatte und James, um einen neuen Streit zu vermeiden. Sie legte nämlich neben dieser Unruhe eine Aggressivität an den Tag, die er bei ihr niemals erwartet hätte. Sicher hatte sie ein sehr aufbrausendes Temperament, das hatte sie ihm schon oft genug bewiesen. Und mit Beschimpfungen seiner Person hatte sie sich ja noch nie zurückgehalten, aber das hatte er unmöglich so richtig ernst nehmen können, ganz einfach aus dem Grund, weil es auch nicht ernst gemeint war. Das hatte sich geändert. Ihr ganzes Verhalten ihm und den anderen Bewohnern des Hauses gegenüber war von einer grenzenlosen Feinseligkeit geprägt, und er hatte keine Ahnung, wie lange er dem weiter zusehen konnte, ohne dass ihm der Kragen platzte.
    Er hatte gedacht, es wäre eine gute Idee, das Museum zu besuchen. Die Kennedy-Ära gehörte schließlich zu einer der interessantesten in der US-Historie, und er war auch ein bisschen stolz darauf, dass dieser besondere Mann immerhin der Nachbar seiner Großeltern gewesen war.
    1929 hatten die Eltern von John F. Kennedy das Sommerhaus in Hyannis Port gekauft. In den folgenden Jahren vergrößerten und modernisierten sie das das Anwesen, passten es den Bedürfnissen einer kinderreichen Familie an. So entstanden im Haupthaus vierzehn Schlafzimmer, neun Bäder, ein Theater- und ein Kinosaal. Zwei Gästehäuser, ein Swimmingpool und ein Tennisplatz wurden gebaut. In den Sommerferien tummelten sich hier die zahlreichen Kennedys. 1956 bauten auch John F. Kennedy und seine Frau Jackie ein kleineres Haus auf dem Terrain und machten Hyannis Port dadurch in der ganzen Welt bekannt. Am Tag der Wahl John F. Kennedys zum amerikanischen Präsidenten im November 1960 waren alle Familienmitglieder hier versammelt und verfolgten die Geschehnisse am Fernseher.
    Auch jetzt noch waren die

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