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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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recht: Er sollte in
Kingsbridge bleiben und gegen diese Ungerechtigkeit kämpfen. Und er kannte
tatsächlich jemanden, der seine Begabungen dringend brauchte. »Vater Joffroi«,
sagte er.
    »Ist er
verzweifelt? Warum?«
    Merthin erklärte
ihr die Sache mit dem Dach.
    »Dann lass uns zu
ihm gehen«, sagte Caris.
    Der Pfarrer wohnte
in einem kleinen Haus neben der Kirche. Caris und Merthin trafen ihn dabei an,
wie er sich einen Eintopf aus Salzfisch und Kräutern kochte. Joffroi war in den
Dreißigern, rau wie ein Landsknecht, groß und mit breiten Schultern. Er hatte
eine schroffe Art, stand aber in dem Ruf, sich für die Armen einzusetzen.
    Merthin sagte: »Ich
kann Euer Dach reparieren, ohne dass die Kirche geschlossen werden muss.«
    Joffroi musterte
ihn misstrauisch. »Wenn du das kannst, bist du die Antwort auf meine Gebete.«
    »Ich werde eine
Hebebühne bauen, um die Dachbalken nach außen zu drücken und auf den Friedhof
zu werfen.«
    »Elfric hat dich
hinausgeworfen, weil … « Der Pfarrer warf Caris einen verlegenen Blick zu.
    Sie sagte:  »Ich
weiß, was passiert ist, Vater.« »Elfric hat mich hinausgeworfen«, erklärte
Merthin, »weil ich seine Tochter nicht heiraten wollte. Aber das Kind, das sie
trägt, ist nicht von mir.«
    Joffroi nickte.
»Manche sagen, du seist ungerecht behandelt worden, und das will ich gerne
glauben. Die Zünfte sind nicht gerade ein Muster an christlicher Nächstenliebe.
Was sie beschließen, ist selten an den Geboten unseres Herrgotts ausgerichtet.
Aber du hast deine Lehre nicht beendet.« »Wisst Ihr denn ein Mitglied der Zimmermannszunft,
das Euer Dach reparieren kann, ohne die Kirche zu schließen?« »Wie ich gehört
habe, hast du keine Werkzeuge.« »Das werde ich schon regeln.«
    Joffroi schaute ihn
nachdenklich an. »Wie viel willst du als Bezahlung?« Merthin reckte den Hals.
»Vier Pennys pro Tag plus Materialkosten.« »Das ist der Lohn eines
Zimmermannsgesellen.«
    »Wenn ich nicht
über die Fähigkeiten eines Zimmermanns verfüge, solltet Ihr meine Dienste nicht
in Anspruch nehmen.« »Du bist ziemlich frech.« »Ich sage Euch nur, was ich
kann.« »Also gut. Hochmut ist nicht die schlimmste Sünde auf dieser Welt, und
ich kann mir vier Pennys am Tag leisten, solange ich meine Kirche offen halten
kann. Wie lange wird es dauern, deine … Hebebühne zu bauen?« »Höchstens zwei
Wochen.«
    »Ich werde dich
nicht bezahlen, ehe ich nicht sicher bin, dass es auch funktioniert.«
    Merthin atmete tief
ein. Er würde mittellos sein, doch damit konnte er leben. Er würde bei seinen
Eltern wohnen und an Edmund Woolers Tisch essen. Er würde schon zurechtkommen.
»Bezahlt für das Material, und spart Euch meinen Lohn, bis der erste Dachbalken
herausgenommen ist und sicher auf dem Boden neben Eurer Kirche liegt.«
    Joffroi zögerte.
»Damit werde ich mich sehr unbeliebt machen … aber mir bleibt keine andere
Wahl.« Er streckte die Hand aus. Merthin schlug ein.
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KAPITEL 17
    Den ganzen Weg von
Kingsbridge nach Wigleigh — eine Entfernung von zwanzig Meilen, ein Tagesmarsch
— hoffte Gwenda auf eine Gelegenheit, den Liebestrank zum Einsatz bringen zu
können, jedoch vergebens.
    Es war nicht so,
dass Wulfric misstrauisch gewesen wäre, im Gegenteil: Er war offen und
freundlich, redete über seine Familie und erzählte Gwenda, wie er jeden Morgen
beim Aufwachen weinte, wenn der Tod seiner Lieben sich als schreckliche
Wirklichkeit und nicht bloß als böser Traum erwies. Doch Land zu besitzen sei
eine Verpflichtung; ein Mann müsse sein Leben lang an diesem Land festhalten
und es an seine Kinder vererben. Und indem er dieses Land pflege — durch
Erschließung neuer Felder, Einzäunen der Weiden oder Rodung des Waldes —,
erfülle er sein Schicksal.
    Überdies zeigte
Wulfric sich rücksichtsvoll und fragte Gwenda immer wieder, ob sie müde sei und
sich ausruhen wolle.
    Er tätschelte sogar
Skip.
    Am Ende des Tages
war Gwenda verliebter denn je. Unglücklicherweise zeigte Wulfric keinerlei
Anzeichen, dass er etwas anderes als Freundschaft für sie empfand; er sorgte
sich um sie, ließ aber keine Spur von Lust und Leidenschaft erkennen. Damals im
Wald, mit Sim Chapman, hatte Gwenda zu Gott gefleht, dass Männer nicht wie
wilde Tiere wären; nun wünschte sie sich, dass Wulfric wenigstens etwas von
einem zahmen Tier hätte. Den ganzen Tag unternahm sie den Versuch, sein
Interesse zu erregen. Wie aus Versehen

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