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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Almosen, die Elisabeth verteilt hatte. Dann entdeckte ich neben dem Eingang zum Weinkeller einen großen Holzbottich, den schleppte ich unter das Fenster und stellte mich darauf. Gott sei Dank war um diese Zeit niemand mehr im Burghof, es wurde schon dunkel, und so blieb ich unentdeckt und ungestört. Vorsichtig hob ich den Kopf und blickte in die Beratungsstube.
    Alle saßen um einen großen Tisch, an dessen Stirnseite Ludwig Platz genommen hatte. Auch Heinrich Raspe war dabei. Sogar draußen konnte ich die Anspannung der Männer spüren.
    »Sie hätte das Land fast in den Ruin geführt«, sagte gerade der Fahner. »Allein schon das Öffnen der Kornspeicher wird uns in größte Schwierigkeiten bringen. Wir müssen spätestens im Herbst Korn zukaufen, und Ihr wisst selber, wie hoch die Preise sind!«
    »Dazu kommt, dass sie Unmengen an Geld ausgegeben hat für Sicheln und Werkzeug, das umsonst an die Bauern abgegeben wurde!« Das war der von Ballenstedt; sein dunkler Bart wippte vor lauter Ärger.
    »Ganz zu schweigen von den überreichen Almosen, die sie überall hat verteilen lassen! Und sämtliche Bauten im ganzen Land wurden eingestellt!« Das war Heinrich von Ebersburg.
    »Die Kassen sind leer«, ereiferte sich der Burggraf von Wartberg. »Sie hat alles verprasst! Bloß, um ein paar stinkende Bauern vor dem Krepieren zu bewahren! Alle unsere Warnungen hat sie in den Wind geschlagen. Und jetzt …«
    Ludwig unterbrach den Wutentbrannten, indem er die Hand hob. »Genug!«, sagte er, »genug!«
    Und dann – lächelte er. »Ihr Herren«, sagte er, »wisst Ihr, wie man meine Gattin im Lande nennt? Ich hab es selbst überall gehört.«
    Die Räte schüttelten die Köpfe.
    »Die Mutter der Elenden. Die Trösterin der Armen. Die Retterin der Hungernden.« Ludwig sah einen nach dem anderen seiner Ritter an. »Man liebt und verehrt sie. Das Volk steht trotz der schlechten Zeitläufte hinter uns wie nie zuvor. Und das alles für ein bisschen Getreide und milde Gaben.«
    »Das ›bisschen‹ Getreide ist viele hundert Pfund Silber wert, Herr«, wagte der Schlotheimer einzuwerfen. »Was wiegt die Zuneigung der Untertanen in Gulden und Pfennigen?« Die anderen Ritter sahen sich grinsend an.
    Ludwig fuhr herum. »Was mein Weib getan hat, Truchsess, war recht getan. Ich will nichts mehr davon hören, weder von Euch noch von jemand anderem.«
    Er wandte sich an alle Räte, die nun beklommen dasaßen und lange Gesichter machten. Dann lächelte er. »Sie ist mein guter Geist. Und wenn sie mir nur die Wartburg und die Neuenburg lässt, so mag sie gern alles hingeben im Namen des Herrn.«
    Er stand auf und verließ den Saal.
    »Dem ist das Hirn jetzt wohl endgültig in den Schwanz gerutscht«, knurrte der Fahner. »Verdammtes Weibsstück. Die bringt’s noch so weit, dass das Land vor die Hunde geht.«
    »Was wir verhindern werden, wenn’s hart auf hart kommt, das schwör ich auf Christi Bart und meinen guten Namen!« Das war der Gudensberger, und etliche der Männer pflichteten ihm bei. »Der Landgraf hat schließlich noch zwei Brüder, die nicht liebestoll und verweichlicht sind«, sagte einer.
    Alle Blicke richteten sich auf Heinrich Raspe, der abwehrend die Hände hob.
    »Das will ich nicht gehört haben!« Rudolf von Vargula schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und sprang auf. »Seid ihr denn noch bei Sinnen? Nächstes Jahr werden die Steuern wieder fließen und die Kassen füllen. Und wenn das Geld des Kaisers für den Kreuzzug da ist, haben wir ohnehin keine Sorgen mehr. Aber wir haben zufriedene Untertanen und ein blühendes Land.«
    »So ist es«, pflichtete Heinrich Raspe bei. »Ihr habt gehört, was mein Bruder gesagt hat. Also gebt euch zufrieden.« Er wechselte einen merkwürdig langen Blick mit dem Schlotheimer und der wiederum mit Hermann von Treffurt und dem dicken Fahner.
    Die Männer standen auf, es gab nichts mehr zu reden. Schon wollte ich von meinem Bottich herunterspringen, da sah ich den Schlotheimer zu Heinrich herüberkommen. »In einer Stunde im Turmzimmer«, sagte er leise zu ihm, so dass ich es gerade noch hören konnte. »Du wirst dich wundern, wer alles dazukommt!«
    Ich schlich vom Fenster weg. Ich hatte genug gehört, und es machte mir Angst. Schließlich kannte ich Heinrich Raspes Ehrgeiz. O Gott, erst wollte man ihn zu Nürnberg in eine Verschwörung verwickeln, und jetzt schien es so, als solle er sich hier in Thüringen an die Spitze der Unzufriedenen stellen, gegen seinen eigenen

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