Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
bebte, als sie schließlich sagte. »Nur um Elisabeths Willen willige ich ein, Heinrich. Ich will nicht schuld sein an ihrem Unglück. Ich gebe dir also das Versprechen, das du von mir haben willst.«
    »Ich wusste, du siehst es ein. Und ich verspreche dir im Gegenzug, dass ich weder dir noch meinem Neffen nach dem Leben trachten werde.« Er streckte ihr die Hand hin. »Du kannst mir vertrauen, Gisa. Ich bin ein Mann, der sein Wort hält.«
    »Würdest du jemandem vertrauen, der einen Teufelsring trägt?« Gisa deutete auf den Silberreif an seinem Finger. Da lachte er, zog ihn ab und legte ihn auf den Tisch. Es kostete sie dennoch grenzenlose Überwindung, seine Hand zu schütteln. Danach verließ sie fluchtartig das Haus.
    Würde Hermann nun sicher sein?
     
    Heinrich wartete, bis Gisa fort war. Dann ging er in die große Stube zu Widukind von Battenberg, dem Burgherren der Marburg. Er zog ihn zur Seite. »Kennst du Gislind von Tenneberg, die Dienerin der früheren Landgräfin?«
    Der Graf runzelte die Stirn. »Die mit den blonden Haaren?«
    Heinrich nickte. »Falls Elisabeth im Hospital einmal das Zeitliche segnen sollte, ganz gleich wann, greifst du dir sofort die Jungfer. Und dann schmeißt du sie in das tiefste Loch, das sich auf deiner Burg finden lässt.«

Primus
    M ein Herr Raimund war im letzten Jahr mit dem Landgrafen auf Umritt in Hessen und am Königshof. Mich hat er nicht mitgenommen, weil er mich nicht unbedingt braucht, hat er gesagt, aber ich glaube, er wollte mich nach Mutters Tod nicht so lang von meiner Familie trennen. Er ist ein feiner Mensch.
    Als er zurückkam, wirkte er noch trauriger als vorher. Ich hab ihn gefragt, ob er zu Marburg Jungfer Gisa getroffen hat, da hat er nur was in seinen Bart gebrummt und sich gleich verdrückt. Ha! Er liebt sie also immer noch.
    Bei Hof hört man inzwischen die schrecklichsten Dinge über die Landgräfin Elisabeth. Das Schlimmste davon ist das unzüchtige Gerede über sie und den Prediger. Beiliegen soll sie ihm! Und dabei soll er sie schlagen und quälen, was ihre Lust angeblich noch steigert! Herr Jesus, das mag ich mir gar nicht vorstellen!
    Aber es gibt auch andere Nachrichten über sie. Berichte darüber, wie sie Todgeweihte geheilt hat, indem sie ihre Wunden mit ihren Tränen netzte. Darüber, dass die Leute mit kranken Kindern von nah und fern zu ihr kommen, weil bei ihr im Hospital noch nie ein Kind gestorben ist. Sie hat einen Pakt mit dem Allmächtigen geschlossen, heißt es: Ihm hat sie ihr Töchterlein gegeben, dafür schenkt er ihr die Seelen der Kleinsten, die sterben sollten. Und neulich ist sogar ein Händler aus Hessen nach Eisenach gekommen, der hat allen Ernstes behauptet, ein paar Schäferskinder zu Wehrda hätten die Landgräfin gesehen, wie sie nachts übers Feld gelaufen sei, und dabei sei um ihren Kopf etwas Helles gewabert, ein Flackern und Schimmern, das habe geleuchtet wie ein Heiligenschein.
    All das hört man bei Hof gar nicht gern. Heinrich Raspe wäre es wohl am liebsten, Frau Elisabeth würde schnellstens vom Erdboden verschluckt.
     
    Seit der Rückkehr vom Umritt ist mir aufgefallen, dass Herr Raimund seinem Herrn und Fürsten manchmal seltsame Blicke zuwirft. Meistens dann, wenn der Landgraf mit dem kleinen Hermann spricht oder ihm Reitunterricht gibt. In diesen Blicken liegt Misstrauen, glaube ich. Auch Ortwin guckt er in letzter Zeit so an. Und irgendwann hat er mich sogar gefragt: »Sag einmal, Primus, was reden die Leute eigentlich über den neuen Landgrafen?«
    Ha, so einiges, hab ich mir gedacht. Natürlich lästern sie über ihn, weil er hart ist und hochmütig. Und sie sind wütend, weil die Abgaben zu hoch sind. Lieben tun sie Heinrich Raspe bestimmt nicht. Und dennoch – die Leute haben ja keine Ahnung! Im Gegensatz zu mir. Aber ich schweige schön still. Ich bin ja nicht lebensmüde. »Woran denkt Ihr, Herr?«, hab ich ganz unschuldig zurückgefragt.
    Er hat sich ein bisschen gewunden, aber dann ist er damit rausgerückt: »Es gibt Gerüchte, er sei nicht fest im Glauben.«
    Einen Augenblick lang hab ich wirklich überlegt, ob ich ihm was sagen soll. Aber da geht gerade Ortwin über den Hof, das blanke Kurzschwert an der Seite, und winkt zu mir herüber. Da hab ich mir gedacht, Mund halten und länger leben.
    Herr Raimund hat Ortwin auch gesehen. »Und was weißt du über den da?«
    »Ortwin? Der war früher der schlimmste Halsabschneider von ganz Eisenach! Hat alles gemacht, was Geld eingebracht hat, geklaut,

Weitere Kostenlose Bücher