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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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noch niemand misstrauisch. Die, denen Noldens Fehlen auffiel, nahmen an, er sei unterwegs. Nicht umsonst hatte der Bruder seine eigene Klosterzelle. Womöglich war er zu einem Kranken gerufen worden.
    Als dann aber nach der Terz das Kapitel des Konvents zusammensaß, um den Tag und die anstehenden Aufgaben zu besprechen, war es wiederum Hans, der schüchtern die Versammlung mit der Frage störte, ob jemand Bruder Nolden gesehen hätte. Draußen bei Bruder Adalbert sei eine Frau, die einen Tee gegen Warzen wünschte.
    Die Brüder schauten sich der Reihe nach verblüfft an. Tatsächlich wusste keiner am Ende zu sagen, warum Bruder Noldens Fehlen nicht früher aufgefallen war. „Geh und such Bruder Nolden. Womöglich ist er ja noch in seiner Kammer und hat über seine Studien die geistlichen Pflichten vergessen“, bat Pater Jacob. Hans verließ rasch wieder die Versammlung, froh darübe r, ohne Ermahnung für seine Störung davongekommen zu sein.
    Und Hans suchte. Zunächst in der Krankenstube und im Skriptorium, dann endlich fasste er sich ein Herz und klopfte noch einmal an Noldens Tür, zunächst zaghaft, dann beherzter. Weil Bruder Nolden einer der Brüder war, die ihn während seines Postulates immer wohlwollend unterrichtet hatten, traute sich Hans schließlich, die Tür ohne Aufforderung zu öffnen. Das erste, was er bemerkte, war der Gestank. Wie eine Wand stand er in der Luft. Hans verzog angewidert das Gesicht. Er blickte nach unten und sah, dass er in einer Pfütze aus Urin und Erbrochenem stand. Dann erst fiel sein Blick auf den Toten. Hans hatte mit seinen 13 Jahren schon ein paar Tote gesehen, damals in seiner Familie, und auch, als das Fieber sich Opfer in seinem Dorf gesucht hatte. Der Tod war ihm vertraut. Doch jetzt prallte er zurück. Bruder Noldens Gesicht war schmerzverzerrt. Die Qualen hatten sich tief in seine Züge gegraben. Die Augen, Noldens gütige Augen, waren aufgerissen und starr. Seine Hände hatten sich in die Kutte über dem Brustkorb verkrallt, als wollten sie das Herz bei lebendigem Leibe aus der Brust reißen. Hans drehte sich um und floh aus der Todeskammer. Er rannte, so schnell er nur konnte, und stürzte atemlos in den Kapitelsaal.
    Pater Jacob blickte verärgert hoch, als der junge Novize in den Saal polterte.
    „Bruder Nolden …, Bruder Nolden …, da hinten … in seiner Kammer!“ Hans’ Stimme überschlug sich.
    „Hans, du vergisst alle unsere Regeln. Reiß dich zusammen“, ermahnte Pater Jacob den Jungen. „Beantworte meine Frage: Hast du Bruder Nolden gefunden?“
    Hans schnappte nach Luft und nickte.
    „Gut! Hast du ihm ausgerichtet, dass wir hier auf ihn warten?“ Hans schüttelte den Kopf: „Das, das konnte ich nicht, Bruder Nolden …“
    Pater Jacob wurde wütend: „Warum befolgst du nicht meine Anweisungen? Was hinderte dich, ihnen zu folgen?“
    Hans senkte den Kopf: „Bruder Nolden kann nicht kommen, er liegt tot auf dem Boden seiner Kammer.“
    Die Mönche sprangen auf und stürzten aus dem Saal. Nur Pater Jacob blieb zunächst wie versteinert sitzen. Dann aber siegte sein Mitgefühl. Er stand auf, holte einen Becher Wasser und drückte den bleich gewordenen Jungen sanft auf einen der Stühle.
    „Es ist gut, Junge“, versuchte Pater Jacob den Novizen unbeholfen zu trösten. „Bleib hier sitzen und trink einen Schluck Wasser.“
    Vor Noldens Kammer drängten sich die Mönche an der Tür. Jeder wollte einen Blick hineinwerfen. Die, die in der ersten Reihe alles sehen konnten, drängten mit bleichem Gesicht wieder zurück.
    Bruder Michael schwankte zur Seite und erbrach sein Frühstück auf die Steinplatten. Als die Mönche Pater Jacob bemerkten, machten sie ihm Platz. Bruder Jacob blieb im Türsturz stehen. Wie hatte das passieren können? Welches grausame Schicksal hatte dem Bruder einen solchen Tod bereitet?
    „Pater Jacob, wenn Ihr erlaubt?“
    Der Guardian sah neben sich Bruder Georg. Dem schien weder der bestialische Gestank noch das Angesicht des Todes etwas auszumachen.
    „In Italien habe ich viele Jahre als Medicus und Apotheker gedient. So kam es ja auch zum Austausch der Briefe mit Bruder Nolden. Darf ich?“
    Die Neuigkeit überraschte Pater Jacob. Er trat einen Schritt beiseite und ließ Bruder Georg in die Kammer . Der schaute sich Nolden genau an, schloss mit einer sanften Handbewegung die Augen des Toten und versuchte dessen verkrampfte Hände zu falten, was ihm aber nicht richtig gelang.
    Georg schaute die anderen Mönche, die ihn

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