Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
das Wohlergehen der Bürger zu sorgen. Sie haben eine Menge Fragen über Dinge gestellt, die Sie nichts angehen und manch einen brüskiert. Also dachte ich, ich gebe Ihnen die Möglichkeit, sich direkt an mich zu wenden.«
»Ich wüsste gern, weshalb die Ermittlungen zu Elijah Dentmans mutmaßlichem Unfall eingestellt wurden.«
Strohman grinste; er wirkte auf schurkische Weise gutaussehend. »Sie klingen wie Columbo.«
»Sagen Sie mir, wie kam es, dass man David Dentman so leicht vom Haken ließ?«
»Wieso sollte er nicht?«
»Immerhin ist er vorbestraft und hat eine gewalttätige Vergangenheit. Er sagte aus, Elijah an jenem Nachmittag vom Haus aus im Auge behalten zu haben, aber Ihre Mitarbeiter haben etwas übersehen. So wie ich zu Beginn.« Ich führte die Bäume auf den Fotos vom See an, wobei ich geflissentlich aussparte, woher ich sie hatte. Wahrscheinlich gab es in einer überschaubaren Stadt wie Westlake nur einen einzigen Kriminalfotografen, weshalb Strohman nicht fragen musste.
»Wo sind diese Fotos?«
Ich fluchte innerlich. »Vermutlich irgendwo in Pennsylvania, mittlerweile.«
Der Polizeichef runzelte die Stirn.
»Ich hatte sie auf dem Friedhof bei mir, doch der Wind wehte sie weg, als mir Dentman ins Gesicht schlug und mich an den Zaun kettete.« Dann war es an mir, die Stirn zu runzeln. »Warum haben Sie mich noch nicht gefragt, was ich überhaupt dort draußen wollte?«
»Ich weiß es bereits.«
»Wie das?«
»Dentman rief heute Morgen hier an.«
»Dieser Hurensohn. Hat er gestanden?«
»Es war ein anonymer Anruf«, erklärte Strohman, »aus einer Telefonzelle in West Cumberland, aber ich weiß, dass er dahintersteckt.«
»Tja, scheiße.«
»Ich werde Ihnen etwas anvertrauen.« Er erhob sich, ging vom Schreibtisch zur Tür und öffnete.
Da stand eine rundliche, kleine Frau mit silbergrauem Haar und zwei dampfenden Styroporbechern Kaffee in den Händen. Ich hatte nicht einmal gehört, ob sie geklopft hatte. Strohman nahm die Becher und dankte ihr, ehe er die Tür mit dem Fuß zudrückte. Nachdem ich ihm einen Kaffee abgenommen hatte, setzte er sich vor mich auf die Tischkante. Das Holz knarrte unter Protest.
»Ist es das, was Sie mir anvertrauen wollen?«, fragte ich. Die Wärme, die von dem Becher ausging, tat gut. »Kaffee?«
Wieder grinste Strohman. Mein Hirn beschwor ein Bild des jungen Kirk Douglas herauf. »Bei Situationen wie dieser, steht zuallererst immer die Familie unter Verdacht, hier also die Dentmans. In diesem Fall die Mutter des Jungen, und seinen Onkel. Die Mutter«, er wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht, um auf ihre geistige Verfassung hinzudeuten, »war nur beschränkt zurechnungsfähig, wenn wir es so ausdrücken wollen. Aber«, er sah mich über den Rand seines Bechers hinweg an und schob nach, »das wissen Sie ja, nach Ihrem Besuch.« Er schlürfte. »Ich habe David Dentman intensiv auf den Zahn gefühlt, seine Schilderungen blieben unverändert.«
»Das allein bedeutet noch nicht, dass er unschuldig ist.«
»Es gibt weder eine Leiche noch andere Hinweise, die auf Mord schließen lassen. Damit will ich sagen, dass wir keinen stichhaltigen Grund für eine Festnahme hatten.«
Ich fasste neuen Mut und beugte mich auf dem Stuhl nach vorn. »Also glauben Sie, dass er den Jungen getötet hat?«
Strohman stellte seinen Kaffee auf dem Schreibtisch ab und legte die Hände in den Schoß. »Ich bin sieben Jahre lang in Los Angeles auf Streife gegangen und habe zwei weitere im Morddezernat gearbeitet. Ich liebe diese kleine Stadt – es ist hübsch und friedvoll hier, ich habe eine Frau und Kinder, die in L.A. weit schlechter aufgehoben wären – und bin mir ihrer Mängel bewusst. In den vier Jahren, seit ich hier bin, gab es nur zwei Fälle von unvorhergesehenen Todesfällen, von denen nur einer tatsächlich Mord war: Drüben im Bird kam es zu einem Streit. Fäuste flogen, bis jemand ein Messer zückte. In dieser Gegend sorgt so etwas für reichlich Trubel. Die meisten meiner Officers haben noch nie Blut gesehen, geschweige denn Mordermittlungen durchgeführt.«
Dieses Promi-Vorzeigelächeln kehrte wieder. Er hatte perfekte Zähne. »Ich hingegen habe schon einige unappetitliche Fälle bearbeitet. Ich könnte Ihnen Dinge erzählen … Sie würden die ganze Nacht kein Auge zumachen, weil Sie zwanghaft auf die leisesten Geräusche im Haus horchen müssten. Wenn es zu solcherlei Dingen kommt, naja, das ist mein täglich Brot. Und nur weil ich mit meiner Familie
Weitere Kostenlose Bücher