Die Trinity-Anomalie (German Edition)
ging um Dutzende Raffineriearbeiter in Louisiana, die, davon war er mittlerweile überzeugt, am nächsten Morgen sterben würden, wenn er nichts unternahm.
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Der Sicherheitschef der Erdölraffinerie Belle Chasse sagte nur, Daniel solle lieber seine Pillen wieder nehmen, und hängte abrupt auf. Es war verständlich. Daniel hätte an seiner Stelle wahrscheinlich genauso reagiert.
Er hatte zwar mit dieser Reaktion gerechnet, aber dennoch gehofft, dass es anders kommen würde. Jetzt konnte er nur noch eines tun. Sein Herz raste, als er auf seinem Laptop die Website der
Times-Picayune
, einer Zeitung aus New Orleans, suchte, und dort zum Mitarbeiterverzeichnis ging, wo er Julia Rothmans Durchwahl fand.
Julia war Volontärin bei der
New Orleans Times-Picayune
gewesen, als sie zusammen waren. Seitdem hatte sie sich hochgearbeitet und war nun die leitende investigative Journalistin des Blatts. Sie war ziemlich unangepasst, war schon etliche Male entlassen und wieder angestellt worden und hatte für die Aufdeckung von Korruptionsskandalen in Louisiana bereits mehrere regionale Journalistenpreise bekommen. Für ihre Artikelreihe zum Versagen der Regierung nach dem Hurrikan Katrina wurde sie für den Pulitzer-Preis nominiert. Daniel wusste dies alles, weil er, unfähig, ganz loszulassen, ihre Karriere all die Jahre im Internet verfolgt hatte, obwohl er wusste, dass es falsch war.
Als er nach dem Handy griff, bekam er Herzklopfen und sein Hirn wurde von Erinnerungen an das aufregendste Jahr seines Lebens überflutet …
Achtzehn Jahre alt, die Highschool beendet, Golden-Gloves-Champion von New Orleans und total verknallt. Sie war einundzwanzig, furchtlos und erschreckend clever. Und der Sex war unglaublich. Nicht dass er eine Vergleichsmöglichkeit gehabt hätte – sie war die Erste und würde die Einzige bleiben.
Sie lernten sich bei einem Straßenfest vor dem Mardi Gras kennen und fühlten sich von Anfang an sexuell zueinander hingezogen, aber seinen ersten Annäherungsversuch wehrte sie ab. Er dürfe gern mit ihr und ihren Freunden abhängen, hatte sie gesagt, aber miteinander gehen kam nicht in Frage. Er musste zuerst ein, zwei Monate im Beisein ihrer Clique oder auf Straßenfesten mit ihr »abhängen«, bevor sie schließlich über den Altersunterschied hinwegsehen konnte und sich auf ein richtiges Date einließ.
Und da war es dann passiert. Sie hatten sich Hals über Kopf ineinander verliebt, wurden ein festes Paar und verbrachten jede freie Minute miteinander. Daniel hatte sich nach der Highschool ein Jahr freigenommen, um sich auf sein Boxtraining zu konzentrieren, aber nach seinem neunzehnten Geburtstag sollte er ins Priesterseminar eintreten. Die Zeit rannte ihnen davon. Die Monate zogen ins Land und alles wurde immer intensiver: der Sex, die Streitereien und die nächtelangen metaphysischen Diskussionen.
Er erzählte Julia alles über seine Vergangenheit, und sie hatte Verständnis dafür, dass der Glaube wichtig für ihn war. Aber für sie war Gott eine Erfindung der Menschen, eine Strategie, um mit der Angst vor dem Tod fertigzuwerden. Ihrer Meinung nach waren wir überall von weltlichen Wundern umgeben und das sollte uns genügen. Freundschaft, Liebe, Sex, Schokolade, Kinder … all das waren Wunder. Dass die Menschheit sich in einem kalten, gleichgültigen Universum entwickelt und überlebt hatte und gedieh, dass wir unserem Leben durch Kunst, Musik und Literatur Schönheit und einen Sinn verliehen und dass die Wissenschaft uns half, die Welt zu begreifen … all das sah sie als Wunder an. Und in diesem Universum war ihrer Meinung nach kein Platz für Gott. Er wurde nicht gebraucht.
Daniel konnte sich eine wunderbare Zukunft mit Julia vorstellen und hätte das Seminar beinah sausen lassen. Aber die Verletzungen seiner Kindheit saßen zu tief und ihre Liebe reichte nicht aus, sie zu heilen …
Verdammt! Es stehen Menschenleben auf dem Spiel. Du hast jetzt keine Zeit für so was. Konzentrier dich!
Daniel legte das Telefon aus der Hand. Er ging ins Bad, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und atmete ein paarmal tief durch.
Dann nahm er das Telefon und wählte ihre Nummer. Es läutete ein paarmal, bevor sie dranging.
»Julia Rothman«, sagte sie. Daniel wollte antworten, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken, so sehr schmerzte es, ihre Stimme zu hören. »Hallo?«
Wieder kämpfte er gegen eine Flut von Erinnerungen an. »Hi. Julia, hier ist Daniel Byrne. Wir kennen uns von
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