Die Trinity Verschwörung
Katya Levette eine ähnliche Vereinbarung getroffen hatten. Mrs. Levette sollte Ihre Memoiren schreiben, wozu sie allerdings nicht mehr gekommen ist. Sämtliche Unterlagen, die sie von Ihnen erhalten hat, sind jetzt in meinen Händen.
Ich werde heute Abend ab 22 Uhr und noch einmal morgen früh ab 10 Uhr im Kleinen Café am Franziskanerplatz sitzen. Zu allen anderen Zeiten erreichen Sie mich im Hotel Goldene Spinne in der Linken Bahngasse. Ich wohne dort unter meinem richtigen Namen. Ich möchte mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich Sie an diesem wichtigen Tag störe, und auch dafür, dass ich mich Ihnen nicht persönlich vorgestellt habe. Sicherlich ahnen Sie, wie sehr ich darauf achten muss, wer mir zusieht und wer nicht. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen.
Mit den besten Grüßen,
Dr. Samuel Gaddis
Er las den Brief dreimal durch, ohne etwas durchzustreichen oder am Text zu verändern, um bloß nicht den Eindruck zu erwecken, unsicher zu sein. Stattdessen faltete er das Blatt, nachdem er die Telefonnummer seines Hotels dazugeschrieben hatte, und schrieb nach kurzem Überlegen den Namen » Mr. Dominic Ulvert« auf die Vorderseite. Als er aus der Toilette kam, sah er ein Mitglied des Streichquartetts aus dem Festsaal kommen und fand, dass der Mann sich so gut wie jeder andere zum Boten eignete.
» Entschuldigen Sie?«
» Ja?«
» Sprechen Sie Englisch?«
Der Musiker war Anfang zwanzig und trug seine Geige in einem schwarzen Koffer mit sich. Sein Gesicht war übersät mit Akne. Mit starkem österreichischem Akzent erklärte er, dass er » ein wenig« Englisch spreche, und während er auf die Antwort wartete, ruckte sein Kopf hin und her.
» Meinen Sie, Sie könnten mir einen Gefallen tun?«
» Gerne, Sir. Jederzeit.«
» Könnten Sie kurz mit mir kommen?«
Gaddis ging ihm voraus zu einem der Fenster mit Blick auf das hochzeitliche Treiben. Der Fotograf stellte gerade die Gäste zu einem Gruppenfoto zurecht. Wilkinson, der noch immer genervt und deplatziert wirkte, saß zwei Plätze rechts von Matthias Drechsel.
» Sehen Sie den Mann mit der cremefarbenen Weste und der dunkelblauen Krawatte? Er hat graues Haar und sitzt links von der Mitte in der ersten Reihe.«
Es dauerte noch ein paar Augenblicke, bis Wilkinson von dem Musiker zweifelsfrei identifiziert war.
» Er ist der Vater der Braut, richtig?«
» Ja. Richtig.« Gaddis brachte ein beschwörendes Lächeln zustande. » Ich möchte Sie bitten, ihm diese Nachricht zu übergeben, wenn der Fototermin beendet ist. Ich muss dringend weg und würde ihn jetzt nur sehr ungern stören. Wir haben uns seit Ewigkeiten nicht gesehen, und …«
Der junge Mann ersparte Gaddis die Mühe, seine Lüge noch weiter auszuführen. » Kein Problem«, antwortete er, als gehörten solche Aufträge zu seinem täglich Brot. » Ich mach das gerne für Sie.«
» Sehr freundlich von Ihnen.«
Kurz danach sprang der Musiker die Treppe des Kursalons hinunter, den Geigenkoffer in der Hand. Als alle Gruppenfotos im Kasten waren, ging er direkt auf Wilkinson zu und wechselte ein paar Worte mit ihm. Gaddis, inzwischen auch wieder draußen, kehrte zu der Kastanie zurück, wo er Kath im Gespräch mit Dan fand.
» Hallo, fremder Mann«, sagte sie zu ihm. » Ich dachte schon, du wärst verschüttgegangen.«
Er drehte sich um und sah, wie der Musiker Wilkinson die Nachricht übergab, eine Begegnung, die in keiner Weise auffällig war. Schließlich hätte er dem Brautvater ja auch die Rechnung für die Dienste des Streichquartetts geben können. Der Musiker sagte noch etwas zu Wilkinson und deutete hinauf zu dem Fenster des Kursalons, hinter dem Gaddis noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatte. Wilkinson, der inzwischen den Namen auf dem Zettel gelesen hatte, schaute sich mit kaum verhohlener Nervosität um, suchte das Gelände nach Personen ab, die den Musiker als Botenjungen engagiert haben könnten. Gaddis wandte ihm wieder den Rücken zu.
» Auf dem Tischplan kann ich deinen Namen nirgends finden«, sagte Kath.
» Deshalb war ich eben drinnen«, sagte er. Es war die letzte Lüge, die er sich ausdenken musste. » Ich fühl mich nicht besonders und mach mich vom Acker.« Er bekam es plötzlich mit der Angst, als spürte er Wilkinson schon auf sich zukommen. » Ich hab mich von der Liste streichen lassen und fahre zurück in mein Hotel.«
» Ach nein.« Kath stand da wie ein begossener Pudel.
» Ich fürchte doch. Vielleicht
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