Die Türen seines Gesichts
immer noch wartete ich, beobachtete sie. Sie begann zu atmen. Schließlich öffneten sich ihre Augen, und lange Zeit sah sie nichts.
Dann fiel ihr blaues Feuer auf mich.
„Whitey“, sagte sie.
„Ja.“
„Wo bin ich …?“
„An dem verdammtesten Ort, an dem ich jemanden finden konnte.“
Sie runzelte die Stirn.
„Ich erinnere mich“, sagte sie und versuchte sich aufzusetzen.
Es ging nicht. Sie fiel zurück.
„Wie heißt du?“
„Linda“, sagte sie. Und dann: „Ich habe von dir geträumt, Whitey. Seltsame Träume … Wie konnte das sein?“
„Das ist seltsam“, sagte ich.
„Ich wußte, du würdest kommen“, sagte sie. „Ich sah, wie du auf einem Berg, so hoch wie der Himmel, mit einem Ungeheuer kämpftest.“
„Ja, jetzt sind wir da.“
„H-hast du die Medizin?“
„Medizin? Welche Medizin?“
„Dawsons Seuche“, sagte sie.
Mir war übel. Mir war übel, weil ich begriff, daß sie nicht als Gefangene schlief, sondern um ihren Tod hinauszuschieben. Sie war krank.
„Bist du in einem Schiff, das sich schneller als das Licht bewegte, auf diese Welt gekommen?“ fragte ich.
„Nein“, sagte sie. „Wir brauchten Jahrhunderte, um hierherzukommen. Während der Reise schliefen wir den kalten Schlaf. Das ist einer der Bunker.“ Sie deutete mit den Augen auf den Sarg. Ich stellte fest, daß ihre Wangen hellrot geworden waren.
„Sie begannen alle zu sterben – an der Seuche“, sagte sie. „Es gab kein Mittel dagegen. Mein Mann – Carl – ist Arzt. Als er sah, daß ich mich angesteckt hatte, sagte er, er würde mich in extremer Hypothermie halten, bis es ein Mittel dagegen gäbe. Sonst konnte man nur zwei Tage leben, weißt du.“
Dann starrte sie mich an, und ich begriff, daß ihre letzten zwei Worte ein Frage gewesen waren.
Ich stellte mich so hin, um ihr den Blick auf den toten Mann zu versperren, von dem ich fürchtete, daß er ihr Carl war. Ich versuchte, die Gedanken ihres Mannes nachzuvollziehen. Er hatte sich beeilen müssen, da sich die Seuche bei ihm offensichtlich schon weiter entwickelt hatte als bei ihr. Er wußte, daß die Kolonie vernichtet werden würde. Er mußte sie geliebt haben und schrecklich klug gewesen sein – und findig. Aber in allererster Linie mußte er sie geliebt haben. Ihm mußte klargewesen sein, daß die Kolonie sterben würde und daß Jahrhunderte vergehen würden, bis wieder ein Schiff eintraf. Er hatte nichts, das einen Kältebunker so lange in Gang halten konnte. Er war hier oben, auf dem Gipfel dieses Berges, der fast so kalt war wie das Weltall selbst. Hier würde er keine Energie brauchen. Irgendwie hatte er Linda und die Geräte heraufgeschafft. Seine Maschine bildete ein Kraftfeld um die Höhle. In einer von Wärme und Atmosphäre erfüllten Umgebung hatte er sie in den kalten Schlaf versetzt und dann seinen eigenen Bunker vorbereitet. Wenn er das Kraftfeld abschaltete, würde keine Energie notwendig sein, um ihren langen, eisigen Schlaf zu garantieren. Jahrhundertelang konnten sie am Busen der Grauen Schwester schlafen, geschützt von einer Kolonie von Verteidigungscomputern. Dieser letzte war offensichtlich schnell programmiert worden, denn er war im Sterben. Er sah, daß es zu spät war, sich ihr anzuschließen. Er beeilte sich, das Ding auf Verteidigung zu schalten, schaltete das Kraftfeld ab und ging dann seiner Wege, hin zu jenem finsteren, geheimen Ort. So jagte das Ding uns seine Vögel, seine Engel und seine Schlangen entgegen, hob seine Wand aus Feuer gegen mich an. Er starb, und der Computer behütete sie in ihrem Beinahetod – gegen alles, auch gegen jene, die helfen wollten. Daß ich zum Berg gekommen war, hatte ihn aktiviert. Daß ich die Verteidigungsanlagen überwunden hatte, hatte sie ins Leben zurückgerufen.
„Kehr um!“ hörte ich die Maschine durch ihren projizierten Engel sagen, denn Henry hatte die Höhle betreten.
„Mein Gott!“ hörte ich ihn sagen. „Wer ist das?“
„Hol Doc!“ sagte ich. „Schnell! Ich erklär’ dir’s später. Es ist sehr wichtig. Steig hinunter, an eine Stelle, wo dein Funk gerät wieder funktioniert und sag ihm, daß es Dawsons Seuche ist – ein gefährlicher Virus dieses Planeten! Schnell!“
„Ich geh ja schon“, sagte er und das tat er.
„Es gibt also einen Arzt?“ fragte sie.
„Ja. Er ist nur zwei Stunden entfernt. Keine Sorge … Ich verstehe zwar immer noch nicht, wie jemand dich hier heraufbringen konnte auf die Spitze dieses Berges, geschweige denn diese
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