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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Funktionen, die einen Algorithmus vorgeben, mit dem ein Computer die Funktionswerte erfolgreich berechnen kann. Würden also alle Universen in einem Multiversum auf berechenbaren Funktionen basieren, würden sie alle letztlich auch Gödels Unvollständigkeitssatz umgehen; in diesem Flügel der mathematischen Bibliothek von Babel, dieser Version des letztmöglichen Multiversum, würde Gödels Gespenst nicht auftauchen. Vielleicht ist dies gerade das Besondere an berechenbaren Funktionen.
    Würde unser Universum in diesem Multiversum seinen Platz finden? Oder, anders gefragt: Angenommen, wir haben die letzten Gesetze der Physik in der Hand, werden diese Gesetze dann den Kosmos mit berechenbaren mathematischen Funktionen beschreiben? Also nicht nur mit berechenbaren Näherungsfunktionen wie bei den physikalischen Gesetzen, mit denen wir heute arbeiten, sondern mit genau berechenbaren Funktionen? Das weiß niemand. Wenn dem so wäre, sollte die Entwicklung der Physik in Richtung von Theorien verlaufen, in denen das Kontinuum keine Rolle mehr spielt. Diskretheit, das Kernstück des Berechenbarkeitsgrundsatzes, sollte das beherrschende Prinzip sein. Der Raum
scheint zwar laut allem, was wir wissen, kontinuierlich zu sein, aber wir haben ihn erst bis hinunter zu einem Milliardstel eines Milliardstel Meters untersucht. Mit fortgeschrittenen Messmethoden werden wir möglicherweise eines Tages nachweisen können, dass der Raum selbst diskrete Grundbausteine besitzt; derzeit ist die Frage offen. Ähnlich begrenzt sind unsere Kenntnisse über die mögliche Diskretheit von Zeitintervallen. Die in Kapitel 9 beschriebenen Entdeckungen und die daraus gewonnenen neuen Erkenntnisse über die Informationsspeicherkapazität von einem Bit je Planck-Fläche in einer Raumregion stellen einen wichtigen Schritt in Richtung auf die Diskretheit dar. Aber die Frage, wie weit man das digitale Prinzip treiben kann, ist auch hier bei Weitem nicht geklärt. 12 Meine Vermutung lautet: Ob sich Empfindungsfähigkeit und Bewusstsein irgendwann simulieren lassen oder nicht – wir werden tatsächlich feststellen, dass die Welt auf tiefster Ebene eine diskrete Struktur besitzt.
    Die Basis der Wirklichkeit
    Im simulierten Multiversum gibt es keine Zweideutigkeiten hinsichtlich der Frage, welches Universum »wirklich« ist – das heißt, welches Universum an der Basis des verzweigten Baumes der simulierten Welten steht. Es ist dasjenige, das die Computer beherbergt, die im Falle eines Absturzes das ganze Multiversum zusammenbrechen lassen. Ein simulierter Bewohner kann zwar auf simulierten Computern wiederum seine eigenen Universen simulieren, und das Gleiche gilt für die Bewohner dieser Simulationen, aber es sind immer noch reale Computer, auf denen all diese Simulationsschichten als Lawine elektrischer Impulse auftauchen. In der Frage, welche Tatsachen, Muster und Gesetze im traditionellen Sinn wirklich sind, besteht keine Unsicherheit: Es sind diejenigen, die im Basis-Universum wirken.
    Typische simulierte Wissenschaftler dürften jedoch überall im simulierten Multiversum eine andere Sichtweise haben. Wenn man diesen Wissenschaftlern genügend Handlungsspielraum lässt – wenn also die Betreiber der Simulation selten oder nie mit den Erinnerungen der Bewohner herumspielen oder den natürlichen Ablauf der Ereignisse stören –, können wir aufgrund unserer eigenen Erfahrung vorhersagen, dass sie bei der Entdeckung des Computerprogramms, das ihre Welt antreibt, große Fortschritte machen werden. Und sie werden diese Festlegungen dieses Programms als ihr Naturgesetz behandeln. Dennoch müssen ihre Gesetze nicht unbedingt identisch mit denen sein, denen das wirkliche Universum unterliegt. Ihre Gesetze müssen nur in dem Sinne gut genug sein,
dass sie, auf einem Computer simuliert, ein Universum mit empfindungs- und bewusstseinsfähigen Bewohnern hervorbringen. Wenn es viele verschiedene Systeme aus mathematischen Gesetzen gibt, die das Kriterium des »gut genug« erfüllen, könnte es durchaus zu einer wachsenden Bevölkerung aus simulierten Wissenschaftlern kommen, die von ihren mathematischen Gesetzen überzeugt sind, obwohl diese keineswegs grundlegender Natur sind, sondern einfach von jenen ausgewählt wurden, die ihre Simulationen programmiert haben. Wären wir typische Bewohner eines solchen Multiversums, legt dieser Gedankengang die Vermutung nahe, dass das, was wir normalerweise für Wissenschaft halten – ein Fachgebiet voller

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