Die verfuehrerischen Vier
Fotoapparat hoch und machte noch ein Bild. Und noch eins. Eines wollte ich schön einrahmen, wenn ich die Vergrößerung hatte. Wenn ich im Herbst erst mal weit weg in New York sein würde, könnte ich mich an diesen Nachmittag zurückerinnern und daran, wie Killian ausgesehen hatte. Ehe wir sie umbrachten.
Tag 3, 21.25 Uhr
San Juan, Puerto Rico
Als wir nach San Juan zurückkamen, blieb gerade noch genug Zeit zu essen und zum Schiff zurückzukehren, das um Mitternacht ablegen sollte. Wir beschlossen, Killian doch nicht umzubringen, weil Mord ja gegen das Gesetz ist und wir außerdem viel zu süß für die Todeszelle waren. Aber José, unser Reiseleiter, sah so finster aus wie ein wütender Wasserbüffel. So einen hatte ich zwar noch nie gesehen, aber nett sah so ein Biest bestimmt nicht aus. Killian löste das Problem natürlich mit einem Packen durchnässter Scheine, die sie ihm für seinen Ärger zuschob, und José ritt als freier Mann in den Sonnenuntergang davon.
Santi und Monica brauchten Zeit, um sich wieder zu fassen, schätze ich, und kehrten schnurstracks zum Schiff zurück. Ich konnte nur hoffen, dass Santi Killian nicht postwendend per Flieger nach Hause schickte. Wenn wir sie an eine kürzere Leine nahmen, war ich sicher, dass wir sie bis zum Ende der Kreuzfahrt unter Kontrolle halten könnten. Yoli, die immer noch wütend war, hatte eigentlich mit ihrem gleichermaßen angesäuerten Bruder zurückgehen wollen, aber ich konnte sie dazu bringen, bei uns zu bleiben und zu versuchen, sich noch ein bisschen zu amüsieren.
Das tat sie dann auch, aber nur, weil ich ihr versprach, ihr Oben-ohne-Foto zu löschen.
Weil unsere Lunch-Pakete in Yolis Tasche gewesen waren, die ja jetzt völlig durchnässt war, hatten wir nichts zu essen, worüber José ziemlich schadenfroh gewesen war. Wir waren also am Verhungern und auf uns gestellt. Zum Glück standen viele Restaurants zur Auswahl. Wir spazierten durch die Kopfsteinpflasterstraßen vom alten San Juan, linsten durch Restaurantscheiben und suchten nach einem Lokal mit jüngerem Publikum. Wir hörten, wie ein paar Jungs auf der anderen Straßenseite Krawall machten, und sahen dort eine Gruppe, die in die entgegengesetzte Richtung ging: Tyler und der Vollidiot mit zwei von ihren Kumpeln. Zwei Mädchen waren auch dabei, die ich bisher noch nicht auf der Kreuzfahrt gesehen hatte. Eine der beiden hatte einen riesigen Silicon-Busen und lange braune Haare. »He, da drüben ist ja Tyler«, sagte Killian.
»Gibt’s eigentlich keine natürliche Schönheit mehr?«, murmelte Alma.
Killian pfiff. Tyler lachte, als er sie sah. »Was geht?«, rief er ein bisschen zu laut, obwohl die Straßen voll von Leuten waren und aus einem der Restaurants oder Bars Musik dröhnte.
»Nichts. Wo geht ihr hin?«, rief sie zurück.
»Zum Schiff. Kommste mit?« Er grinste sie anzüglich an, als ob Killian wissen würde, was ihm durch den Kopf ging.
»Nö, später vielleicht.«
»Du weißt ja, welches Deck, oder?«
»Ähm … nicht wirklich«, sagte Killian mit einer Stimme, die ihre dicke Lüge verriet.
Tyler lachte. Eines der Mädchen hängte sich bei ihm ein. Was war so lustig? »Okay, dann vielleicht bis später. Bring deine Freundinnen mit.« Dazu grinsten seine Freunde.
Was lief denn da? Kannte sie seine Kabinennummer tatsächlich? Ich dachte, sie hätte nur mit ihm und seinen dämlichen Freunden auf Deck rumgehangen.
»Oh, klasse«, sagte Alma. »Da gehen wir alle hin, zu einem gigantischen Gruppensex-Treffen.«
Killian drehte sich zu uns um und lächelte. »Hey, das könnte doch echt Spaß machen.«
»Findest du nicht, dass du für einen Tag genug Spaß gehabt hast?«, fauchte Yoli und sah Tyler nach. Er sah immer noch heimlich herüber und merkte, dass Yoli ihn musterte. Er lächelte ihr zu.
Killian legte mir und Alma die Arme um die Schultern. »Glaubt ihr, dass die Kaschemmen hier für uns minderjährige Trinkerinnen mal ein Auge zudrücken?«
Yoli schnaubte. »Also, ich könnte jetzt gut’ne Margarita vertragen.«
Wir tranken nicht viel - ab und zu mal ein Bier auf den Partys von Killians Freunden -, aber jetzt einen Drink - das klang gut. Der Tag war ganz schön anstrengend gewesen.
Wir suchten abseits der Hauptstraße nach einer Bar, in einer kleinen Gasse, die von den Kreuzfahrt-Leuten bestimmt nicht aufgesucht wurde. Schließlich fanden wir eine dunkle Bar mit guter Salsa-Musik, in der viele Einheimische saßen. Sie servierten uns eiskalte Drinks, ohne auch
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