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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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seltsam in ihrem Mund. Billy T. wollte nicht lachen. Und auf keinen Fall wollte er weinen. Er griff in seine Brusttasche, aus einem Impuls heraus, unüberlegt und plötzlich.
    »Hier«, sagte er und reichte ihr den Tippzettel. »Nimm den.«
    »Was ist das denn?«
    »Geld«, sagte Billy T.
    »Geld?«
    »Ja, nimm das. Das ist ein Tippzettel, Sølvi. So einen siehst du doch nicht zum ersten Mal.«
    »Pferde …«
    Das Weinen ging in stoßweises Keuchen über. Endlich beugte sie sich ein wenig vor und betrachtete den Zettel aus zusammengekniffenen Augen.
    »Das ist ein Tipzettel vom Pferderennen«, sagte Billy T. wütend. »Jetzt nimm ihn schon.«
    Er sprang auf, kam hinter dem Schreibtisch hervor, hockte sich neben sie und ergriff ihre Hand. Er sah ihr in die Augen.
    »Es tut mir leid. Wirklich. Es war verdammt dumm von mir, dir nichts über Sniff … über Oddvar zu erzählen. Und ich kann gut verstehen, daß du jetzt nicht arbeiten kannst. Und wo das Sozialamt über Weihnachten geschlossen hat, geht es dir sicher verdammt schlecht. Dieser Tipzettel ist fast hundertfünfzigtausend Kronen wert, Sølvi. Du könntest eine Zeitlang einen Bogen um die Szene machen. Gönn dir ein bißchen Ferien, ja?«
    Sie schaute sich um. Schien sich auf dem Stuhl kleinmachen zu wollen. Sie entzog ihm ihre Hand.
    »Ist das so ein Komplottkram? Versteckte Kamera?«
    »Nein, keine Verarschung.«
    »Ich bin mein ganzes Leben lang angeschissen worden«, sagte Sølvi. »Ich wundere mich über gar nichts mehr. Und das hier …«
    Offenbar wagte sie nicht, den Zettel anzunehmen. Noch immer schaute sie sich in dem ungemütlichen Raum stirnrunzelnd um. Es gab keine Vorhänge, hinter denen eine Kamera versteckt sein konnte.
    »Warum willst du mir das geben?«
    Jetzt weinte sie nicht mehr. Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Das kann ich dir nicht erklären. Ich garantiere dir, daß das ganz legal ist.«
    »Aber wie soll eine wie ich denn so einen Gewinn abheben? Herrgott, Billy T. Sieh mich doch an! Jeder einzelne Bankmensch in dieser Stadt wird Alarm schreien und deine ganze Bande holen, wenn ich so was versuche.«
    »Dann sag ihnen, sie sollen mich anrufen«, sagte er, ohne nachzudenken. »Hier hast du meine Handynummer. Wenn es Ärger gibt, dann komm ich und erklär denen alles.«
    Er stand auf, nahm ein Blatt Papier vom Schreibtisch, riß eine Ecke ab und kritzelte die Nummer darauf.
    »Ich kapier das alles nicht«, sagte Sølvi.
    »Das brauchst du auch nicht. Ich kapier es ja selbst nicht.«
    Eine schmale Hand streckte sich Billy T. entgegen. Sie schloß sich um den Tippzettel und die Telefonnummer.
    »Danke«, murmelte sie und hustete schrecklich. »Vielleicht geh ich in ein Hotel. In ein richtiges Hotel. Mit Badewanne und so.«
    »Gib nicht alles auf einmal aus.«
    »Natürlich nicht. Aber …«
    Sie stand jetzt in der Tür.
    »Ich bin noch immer sauer«, sagte sie leise und hustete wieder. »Daß du nichts über Oddvar gesagt hast, das war … total beschissen!«
    »Weiß ich. Weiß ich.«
    »Und die hier …«
    Sie zog Billy T.s rote Thermohandschuhe aus der Tasche.
    »Die will ich nicht mehr, verdammt. Du bist und bleibst ein Arsch. Mach’s gut.«
    Sie warf die Handschuhe auf den Boden und verschwand. Billy T. starrte die Dinger an, zwei knallrote Flecken auf einem abgenutzten, blauen Linoleumboden. Dann hob er sie auf und stopfte sie in den Papierkorb.
    Er hatte sie von Jenny zu Weihnachten bekommen.
    Hanne fröstelte in der Kälte, sie war froh, als die Taxifahrt hinter ihr lag. Hinter dem Fenster im dritten Stock brannte Licht, ein freundliches, warmes Licht, das ihr ein Lächeln entlockte. Sie wollte ein Bad nehmen. Lange in der Wanne liegen, mit einem Glas Rotwein und Musik. Sie lief an der niedrigen Mauer entlang.
    »Hanne.«
    Ein hochgewachsener Mann löste sich auf der anderen Straßenseite aus den Schatten der Bäume neben der Laterne.
    »Hast du einen Moment Zeit?«
    Hanne verlangsamte ihren Schritt und spürte, wie ihre Angst in eine kaum zu beherrschende Wut umschlug, so rasch, daß sie fast keine Luft mehr bekam. Blitzschnell versuchte sie, sich zu erinnern, wann sie ihn zuletzt gesehen hatte. Es war viele Jahre her. Mindestens sechs, möglicherweise mehr. Sie wußte es nicht. Sie wollte es nicht wissen.
    »Kåre«, sagte sie tonlos und bereute das sofort.
    Seinen Namen zu nennen, bedeutete etwas. Ein Wiedererkennen, es bedeutete, zuzugeben, daß er ihr etwas bedeutete. Was nie der Fall gewesen war, in

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