Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
Hilfe kommen, falls er in Bedrängnis geriet, so wie er es immer getan hatte.
Es war geplant gewesen, in einer geordneten Formation zu kämpfen. Doch schon nach dem ersten Aufeinandertreffen der Gegner lösten sich alle Pläne und Wünsche in Wohlgefallen auf. Jeder kämpfte so, wie er es vermochte, stets in der Hoffnung, ein wenig schneller, ein wenig unvorhersehbarer zu sein als der Feind. Der Kampf im Getümmel einer Schlacht besitzt keine Eleganz, ganz gleich was die Chronisten behaupten: Er ist grausam und brutal.
Die Klabauter besaßen keine körperliche Stärke. Ihr Vorteil war ihre schiere Masse. Starb einer, rückten für ihn zwei andere nach. Wurde einer verletzt und ging zu Boden, scherten sich diejenigen hinter ihm nicht darum, sondern sprangen, kletterten und krochen über ihn hinweg. So trampelten sie viele ihrer eigenen Krieger zu Tode und erfüllten die Herzen der Verteidiger mit Entsetzen über ihre Kaltblütigkeit und Grausamkeit.
Buenaventure zählte nicht mehr, wie viele er erschlug. Nach und nach trieb er eine breite Schneise in die Flut der Angreifer. Nach einer Weile wurden seine Gegner weniger, es war, als würden immer mehr von ihnen einen Bogen um ihn machen und sich stattdessen gegen Walker und die anderen Menschen wenden. So bekam Buenaventure Zeit zum Atemholen, und in jenem kurzen, in der Zeit festgefrorenen Augenblick erkannte er die Wahrheit über die vermeintliche Taktik der Klabauter: Es gab keine! Sie folgten keiner Strategie, keinem ausgefeilten Schlachtplan. Und es war nicht der Wille zu siegen, der sie die feindlichen Wälle hinauftrieb, sondern blanke Panik. Was immer es war, das ihre Anführer ihnen für den Fall einer Niederlage angedroht hatten, es musste weit schlimmer sein als der Tod durch eine Säbelklinge.
Buenaventure entdeckte einen ihrer Häuptlinge unten am Wasser. Er trug einen Kopfschmuck aus einem offenen Haifischgebiss, das er sich wie einen Helm übergestülpt hatte; seine Fratze blickte zwischen den offenen Kiefern hervor. Zu beiden Seiten hatte er die Arme eines Oktopus befestigt, die wie Zöpfe an seinem Schädel herabhingen. Er kreischte und gestikulierte aufgeregt, und bei jeder Bewegung seines Kopfes schlenkerten und wirbelten die Tintenfischarme wild durcheinander.
Mit einem Satz sprang Buenaventure vom Kamm des Verteidigungswalls in die Tiefe, mitten in die quiekende, brüllende, schillernde Masse der Klabauter. Er hörte, dass Walker ihm hinterherrief und fluchte, aber ihm blieb keine Zeit, sich umzuschauen. Erneut ließ er die beiden Klingen wirbeln, die kurze gerade und die gezahnte gebogene, und beide schnitten in fischiges Klabauterfleisch und säten den Tod in den Reihen der Feinde. Er war nicht stolz auf die vielen kleinen Siege, er verspürte keinen Triumph, wenn sie ihm auswichen und vor ihm flohen. Alles war nur Mittel zum Zweck, Schritte auf seinem Weg zum Ziel.
Und das Ziel war der Häuptling.
Der Klabauter mit dem Haifischkopfschmuck bemerkte, welches Verhängnis sich ihm näherte, als er kurz in seinem Befehlsgeschrei innehielt und die Arme sinken ließ. Einen Moment lang wirkte er fast ein wenig verblüfft, seine Augenschlitze weiteten sich und entblößten münzgroße Fischpupillen. Dann rief er in seiner schnatternden, aufgepeitschten Sprache seine Krieger herbei.
Zu spät.
Buenaventure erreichte ihn auf einer Spur lebloser Klabauter. Die Schneise, die der Pitbullmann rundherum freigehauen hatte, war wenige Schritt hinter ihm längst wieder geschlossen. Und doch wagte es keiner, ihm in den Rücken zu fallen. Stattdessen stürmten die Klabauter ungebrochen den Wall hinauf, wo sie von den Klingen der Verteidiger in Empfang genommen wurden, ihrerseits aber ein Scharmützel nach dem anderen für sich entschieden.
Buenaventure hatte nur Augen für den Häuptling. Die Kreatur bleckte die Zähne, und nun erkannte der Pitbullmann, welchen barbarischen Zweck das Haifischgebiss hatte: Als zusätzliches Kieferpaar rund um den Kopf des Klabauters verdoppelte es den Furcht erregenden Anblick seiner eigenen grässlichen Zähne. Einen anderen Gegner hätte der Häuptling dadurch womöglich in die Flucht geschlagen. Nicht aber einen Veteranen der Scherbengruben.
Der Säbel des Pitbullmannes sauste herab, schnitt durch die leblosen Tintenfischarme, ließ die Haifischkiefer splittern und enthauptete den Häuptling mit einem einzigen Hieb.
Eines hohes Wimmern und Wehklagen hob an, und die Woge der Angreifer geriet ins Stocken. Der Tod des
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