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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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Subjekt, als dessen Vorstellung es existirt, voraus, und ist zudem, wie Kant nachgewiesen hat, in Formen eingegangen, die seinem eigenen Wesen fremd sind, weil sie eben jenem fremden Subjekt, dessen Erkennen erst durch dieselben möglich wird, angehören. Wenn ich, in diese Betrachtung vertieft, etwan leblose Körper von leicht übersehbarer Größe und regelmäßiger, faßlicher Form anschaue und nun versuche, dies räumliche Daseyn, in seinen drei Dimensionen, als das Seyn an sich, folglich als das den Dingen subjektive Daseyn derselben aufzufassen; so wird mir die Unmöglichkeit der Sache geradezu fühlbar, indem ich jene objektiven Formen nimmermehr als das den Dingen subjektive Seyn denken kann, vielmehr mir unmittelbar bewußt werde, daß was ich da vorstelle ein in meinem Gehirn zu Stande gebrachtes und nur für mich als erkennendes Subjekt existirendes Bild ist, welches nicht das letzte, mithin subjektive Seyn an sich und für sich auch nur dieser leblosen Körper ausmachen kann. Andererseits aber darf ich nicht annehmen, daß auch nur diese leblosen Körper ganz allein in meiner Vorstellung existirten; sondern muß ihnen, da sie unergründliche Eigenschaften und vermöge dieser Wirksamkeit haben, ein Seyn an sich, irgend einer Art, zugestehn. Aber eben diese Unergründlichkeit der Eigenschaften, wie sie zwar einerseits auf ein von unserm Erkennen unabhängig Vorhandenes deutet, giebt andererseits den empirischen Beleg dazu, daß unser Erkennen, weil es nur im Vorstellen mittelst subjektiver Formen besteht, stets bloße Erscheinungen , nicht das Wesen an sich der Dinge liefert. Hieraus nämlich ist es zu erklären, daß in Allem, was wir erkennen, uns ein gewisses Etwas, als ganz unergründlich, verborgen bleibt und wir gestehn müssen, daß wir selbst die gemeinsten und einfachsten Erscheinungen nicht von Grund aus verstehn können. Denn nicht etwan bloß die höchsten Produktionen der Natur, die lebenden Wesen, oder die komplicirten Phänomene der unorganischen Welt bleiben uns unergründlich; sondern selbst jeder Bergkrystall, jeder Schwefelkies, ist vermöge seiner krystallographischen, optischen, chemischen, elektrischen Eigenschaften, für die eindringende Betrachtung und Untersuchung, ein Abgrund von Unbegreiflichkeiten und Geheimnissen. Dem könnte nicht so seyn, wenn wir die Dinge erkennten, wie sie an sich selbst sind: denn da müßten wenigstens die einfacheren Erscheinungen, zu deren Eigenschaften nicht Unkenntniß uns den Weg versperrt, von Grund aus uns verständlich seyn und ihr ganzes Seyn und Wesen in die Erkenntniß übergehn können. Es liegt also nicht am Mangelhaften unserer Bekanntschaft mit den Dingen, sondern am Wesen des Erkennens selbst. Denn wenn schon unsere Anschauung, mithin die ganze empirische Auffassung der sich uns darstellenden Dinge, wesentlich und hauptsächlich durch unser Erkenntnißvermögen bestimmt und durch dessen Formen und Funktionen bedingt ist; so kann es nicht anders ausfallen, als daß die Dinge auf eine von ihrem selbst-eigenen Wesen ganz verschiedene Weise sich darstellen und daher wie in einer Maske erscheinen, welche das darunter Versteckte immer nur voraussetzen, aber nie erkennen läßt; weshalb es dann als unergründliches Geheimniß durchblinkt, und nie die Natur irgend eines Dinges ganz und ohne Rückhalt in die Erkenntniß übergehn kann, noch viel weniger aber irgend ein Reales sich a priori konstruiren läßt, wie ein Mathematisches. Also ist die empirische Unerforschlichkeit aller Naturwesen ein Beleg a posteriori der Idealität und bloßen Erscheinungswirklichkeit ihres empirischen Daseyns.
    Diesem allen zufolge wird man auf dem Wege der objektiven Erkenntniß, mithin von der Vorstellung ausgehend, nie über die Vorstellung, d.i. die Erscheinung, hinausgelangen, wird also bei der Außenseite der Dinge stehn bleiben, nie aber in ihr Inneres dringen und erforschen können, was sie an sich selbst, d.h. für sich selbst, seyn mögen. So weit stimme ich mit Kant überein. Nun aber habe ich, als Gegengewicht dieser Wahrheit, jene andere hervorgehoben, daß wir nicht bloß das erkennende Subjekt sind, sondern andererseits auch selbst zu den erkennenden Wesen gehören, selbst das Ding an sich sind; daß mithin zu jenem selbst-eigenen und inneren Wesen der Dinge, bis zu welchem wir von außen nicht dringen können, uns ein Weg von innen offen steht, gleichsam ein unterirdischer Gang, eine geheime Verbindung, die uns, wie durch Verrath, mit Einem Male in

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