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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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Niemand wagte es, auch nur einen Blick aus dem Fenster zu werfen.
    Laima erkannte, dass die engen Felswände mit rasender Geschwindigkeit auf sie zukamen.
    „Zähne zusammenbeißen“, flötete der Pilot in sein Mikrofon.
     
     
     

7
     
    Dann setzten sie auf. Augenblicklich schaltete sich der Bremsschub der Düsen ein. Laima kniff die Augen zusammen und hoffte, die Länge der Landebahn möge reichen.
    Der Jet kam zum Stehen.
    „Geschafft“, hörten sie es aus dem Lautsprecher knacken, „halleluja!“
     
    Als sie ausstiegen, sahen sie, dass sich die Wolken am Mount Everest zu einem Unwetter zusammenschoben.
    „Wir werden vor morgen sowieso nirgendwohin weiterfliegen“, sagte Gerold von Stein. „Das Material wird auf eine kleinere Maschine umgeladen, die uns dann auf die andere Seite der Berge bringen wird. Und was morgen für ein Wetter sein wird, werden wir dann sehen.“
    „Ich bin erstmal froh, dass wir überhaupt hier angekommen sind“, sagte Professor Carlsen. „Ich hatte zwischendurch schon den Eindruck gewonnen, dies wäre meine letzte Expedition gewesen.“
    „Ich könnte erstmal ein heißes Bad vertragen“, sagte Figaro Slinkssons.
    „Und Roger eine trockene Unterhose“, sagte Sam und lachte.
    „Ich finde das gar nicht komisch“, gab Schüssli beleidigt zurück.
    Sie gingen vom Flugplatz die einzige Straße, die es in Lukla gab, zu ihrem Hotel.
    „Internet überall“, sagte Sam.
    „Und da! Da gibt es Pizza“, sagte Schüssli.
    „Dann können wir uns ja heute Abend aussuchen, ob wir zum Griechen oder zum Italiener wollen“, sagte Slinkssons.
    „Eine deutsche Bäckerei“, sagte von Stein überrascht.
    „Und eine Apotheke“, sagte Professor Carlsen. „Da fährt man ans Ende der Welt und alles ist ein bisschen wie zu Hause.“
     
    Das Hotel sah einladend aus. Sie erledigten die Formalitäten, dann wies der Mann an der Rezeption sie auf einen Chinesen hin, der in einer Ecke saß und rauchte.
    „Unser Guide“, sagte von Stein.
    Der Chinese stand auf und kam auf sie zu.
    „Dobre wetscher“, sagte er und reichte von Stein die Hand.
    Er war etwas irritiert.
    „Pa russkie?“, hakte der Chinese nach.
    Gerold von Stein fing an, sich mit ihm auf Russisch zu unterhalten. Nach einer Weile war die Sache zwischen ihnen offenbar klar.
    „Spricht noch jemand Russisch?“, fragte er.
    „Ich ein wenig“, sagte Professor Carlsen.
    „Sie, Laima?“, fragte von Stein.
    „Ich muss leider passen. Ich gehöre zu der Generation, die schon kein Russisch mehr versteht.“
    „Na ja“, sagte von Stein, „offenbar hat er eine russische Gruppe erwartet. Vielleicht hing es noch mit dem guten Professor Bersinsch zusammen. Wer weiß? Auf jeden Fall haben wir jetzt einen russischen Guide. Er spricht kein Englisch. Und Chinesisch kann, glaube ich, auch keiner von uns.“
    Alle schüttelten den Kopf.
    „Na gut, seis drum“, sagte von Stein. „Es gibt Schlimmeres. Schließlich wird es für das Nötigste schon reichen.“
     
    Laima freute sich über das weiche Bett, das sie auf ihrem Doppelzimmer vorfand, das nur für sie gebucht war.
    Nach dem Essen, das schließlich doch in der Pizzeria stattfand und ausgesprochen gut war, beschloss Laima die Gelegenheit zu nutzen und in eines der Internetcafés zu gehen, um Chang eine E-Mail zu schreiben.
     
     
    Lieber Chang,
     
    es ist so seltsam, dir zu schreiben. Wir sind uns noch nie begegnet und doch fühle ich mich dir so nahe wie niemandem sonst. Es sind seltsame Dinge geschehen in den letzten Tagen und ob du es glaubst oder nicht, bin ich dir tatsächlich näher als je zuvor. Ich befinde mich zurzeit am Mount Everest und wir brechen morgen nach China, besser gesagt nach Tibet, auf. Es ist so schade, dass wir nicht die Gelegenheit haben werden, uns zu sehen, aber ich befinde mich auf einer wichtigen Expedition.
    Wo soll ich nur anfangen? Vor einigen Tagen habe ich mich von Tooms getrennt und war bei meiner Mutter, als Professor Bersinsch sich bei mir meldete. Ich habe dir von ihm geschrieben. Er ist mein Lieblingsprofessor. Er wollte mir eine seltene Steinscheibe zeigen, die er unter dem Dom gefunden hat. Er hatte zufällig den Zugang vom Keller des Museums, in dem er arbeitet, zu einer Kammer unterhalb des Altars entdeckt.
    Als wir dort ankamen, war die Scheibe verschwunden. Es war eine eigenartige Scheibe. Er meinte, sie könne die Form eines Ufos haben. Sie sei der letzte Hinweis auf die Quelle der Weisheit, die er hier im Himalaya am Kailash

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