Die wir am meisten lieben - Roman
Tisch und setzte sich. Diane kochte Kaffee.
»Nun, Tom, hattest du Spaß auf der Feier? Es hat jedenfalls so ausgesehen.«
»Es war ganz okay.«
»Für dich vielleicht. Du warst der Einzige, mit dem die Mädchen tanzen wollten.«
»Oh, Cal, du warst auch sehr gefragt«, sagte Diane. »Wir anderen kamen nicht zum Zuge.«
»Cowboys tanzen nicht mit der Schönsten vom Ball.«
»Für mich sah es eher andersherum aus.«
Er lächelte sie an. Für einen Moment waren sie sich ganz nah. In seinen Augen lag eine traurige Sanftheit, die sie an ihm noch nicht gesehen hatte. Diane wandte sich ab, um sich mit dem Kaffee zu beschäftigen.
»Also, wo ist Ray?«
»Zigaretten kaufen. Er wird jede Minute zurück sein.«
Tommy wollte wissen, wie lange es dauerte, bis der Trailer und all die Pferde wieder in L. A. waren. Cal meinte, sie ließen es ruhig angehen; wegen der Hitze würde es ein paar Tage dauern.
»Wann können wir wieder zusammen ausreiten?«
Cal antwortete nicht sofort. Und als Diane sich zu ihm umwandte, sah sie, dass etwas nicht stimmte.
»Cal? Was ist denn los?«
»Ich wollte es euch schon sagen. Vor ein paar Tagen bekam ich einen Anruf von Don Maxwell. Er wird verkaufen. Drei Leute haben Gebote abgegeben, und der Preis sei so hoch, nur ein Idiot würde ablehnen. Na ja, … das ist wohl das Ende der Ranch.«
»Das darf er nicht«, sagte Tommy.
»Tom, die Ranch gehört ihm. Dass es so weit kommen würde, wussten wir.«
|277| »Was hast du vor?«, fragte Diane. »Kannst du einen anderen Ort finden? Es gibt noch mehr Ranches, wo Filme gedreht werden, oder nicht?«
»Klar, Iverson, Disney. Ich bin mir aber gar nicht mehr sicher, ob ich weiterhin diese Arbeit machen möchte.«
»Was willst du sonst machen?«
»Nach Montana zurückgehen. Meinem Vater helfen. Er und meine Mutter kommen gerade so über die Runden. Sie könnten ein bisschen Hilfe gebrauchen. Und ich kann dort wohnen, habe Platz für die Pferde.«
Tommy saß nur da und starrte ins Leere.
»Wann gehst du weg?«
»Oh, ich weiß nicht. Einen Monat wird es bestimmt dauern, alles zu erledigen. Die Bagger kommen zum Herbst. Bis dahin will ich weg sein. Bin nicht sehr erpicht darauf, mir das anzusehen.«
Er lächelte Diane an.
»Ist der Kaffee irgendwie gefährlich?«
Diane hörte Rays Wagen, als sie einschenkte. Ein paar Sekunden später war er im Haus. Fröhlich, laut und munter schlug er Cal auf den Rücken und strich Tommy durchs Haar. Tommy beachtete ihn jedoch nicht.
»Hey, was gibt’s?« Ray blickte sie an. »Ist jemand gestorben?«
»Wusstest du, dass Cals Ranch verkauft wird?«, sagte Diane.
»Oh, ja. Habe ich ganz vergessen, dir zu erzählen. Schrecklich, nicht? Aber es gibt ja noch andere –«
»Er geht zurück nach Montana.«
Ray sah Cal an.
»Wirklich. Das hast du mir gar nicht gesagt. Du hörst auf, als Stuntman zu arbeiten?«
Cal nickte.
»Wer wird dann zum Teufel mein Double sein?«
Bevor er sich verabschiedete, verteilte Cal die Sachen aus der |278| Tüte. Für jeden ein Geschenk, in weißes Papier gewickelt und mit roter Schleife. Tommy fragte, ob er seines gleich aufmachen dürfe, und Diane erlaubte es. Ray bekam eine Gürtelschnalle mit der Aufschrift
Medicine Springs
, Tommy eine Navajopfeife aus einem Geweih, verziert mit Fell, Federn und türkisen Perlen. Cal sagte, die Pfeife habe der alte Mann geschnitzt, der ihnen auch verraten hatte, wo sie die Felsmalereien finden würden.
»Aber nicht daraus rauchen, bis deine Mutter es erlaubt.«
Diane schenkte er einen polierten roten Stein, auf den in tieferem Rot zwei Silhouetten gezeichnet waren.
»Der Stein ist wunderschön«, sagte sie und drehte ihn in den Händen.
Diane kam sich albern vor, als ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie legte den Stein auf den Tisch und verließ den Raum. Über die Schulter rief sie Cal zu, dass sie auch etwas für ihn hätten. Sie hatte es zu den Taschen im Flur gepackt, stand dort einen Moment lang, rieb sich die Augen und ermahnte sich, sich zusammenzureißen.
Diane hatte das Foto auf einem ihrer Ausflüge gemacht. Sie hatte es in der Stadt vergrößern lassen und einen Rahmen aus Pinienholz gekauft. Auf dem Foto waren Tommy und Cal zu sehen. Sie saßen auf den Pferden, Seite an Seite, die Berge im Hintergrund, ihre Gesichter von der Abendsonne beschienen. Sie lächelten in die Kamera, Cal hatte seine Hand auf Tommys Schulter.
»Von uns allen«, sagte Ray.
Das war eine Lüge, doch Diane schwieg. Cal verstand sie auch so.
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