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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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zweite.
    „Tante“, rief die Frau mit den schönen Nasenlöchern.
    „Schwester, nicht so grob“, rief die alte Unbekannte.
    So brachte ein wenig Zwergenquälerei vieles ans Licht. Ein denkwürdiger Tag für einen Thomele.

7
    Eine Vermählung wie unter Diebespack.
    In einer Jännernacht. Nach Mitternacht, Sturm rüttelte an den Fenstern.
    In schierer Dunkelheit hatten wir unsere Hände ineinander gelegt. Unsere Gesichter schemenhaft vom ewigen Licht erhellt. Eine eigene Kerze zu entzünden, trauten wir uns nicht.
    Erstaunlich genug, dass mein Beichtvater es wagte, unseren Bund zu segnen. Es würde Johann von Cavaleri das Amt kosten, käme es heraus. Wenn nicht seinen Kopf.
    Kein Blumenschmuck, keine Choräle, kein Festmahl, kein Tanz, keine Gratulanten. Kein Jubelfest, wie es einem Vizekönig gebührte. Wo Ferdinand doch die Amüsierlust im Blut hat.
    Allein die Tante war zugegen. Stand stumm in der Dunkelheit, wie ein Eindringling in ihrer eigenen Kapelle.
    Käme es heraus, dass sie dabei war, würde auch sie der Zorn des Kaisers treffen.
    Er, der sich seit Jahren bemüht, Ferdinand zu verheiraten, wird dies auch weiter tun.
    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Kaiser seinen Lieblingssohn hassen wird.
    Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich diesen mächtigen Zorn überlebe.

Ambras 1570
Die Krone des Montezuma
    Der Frühling zirpte, alle Pflanzensäfte zirkulierten und ich war immer noch nicht dort, wo ich hingehörte: an der Seite des Herrschers von Tirol.
    Dr. Kellers Therapie, mein Ausflug in die ungesunde Welt seiner Geheimnisse und meine Bestrafung hatten mich erneut fast erledigt.
    Unterdessen laborierte der Medikus daran, einen Keil zwischen mich und meinen Herrn zu treiben, dergestalt, dass er in der Hofburg eine Szene aufführte, die alles, was Ohren hatte, zusammenlaufen ließ. Er behauptete, ich hätte die Ambraser Weiber, allen voran diese Loxan, zur Missgunst angestachelt, was zu seiner groben Misshandlung geführt hätte.
    Dies brachte wiederum meinen Herrn in doppelte Verlegenheit, da er kein Gerede über Ambras duldete und sich mancher eitle Höfling der Schmähungen entsann, die ich ihm zugefügt hätte.
    Als Gipfel aller Zwergenfrechheit hätte ich dann sein Gebetbuch entwendet, greinte der Medikus. Sein heiliges Gebetbüchlein, von den Vorvätern vererbt. Er fordere es zurück. Unverzüglich.
    So ließ Ferdinand ausrichten, ich dürfe ihm nicht mehr unter die Augen treten. Seine Residenz beherberge keinen gottlosen Dieb. Auch das Innsbrucker Zwergenhaus sei für mich versperrt. Mein Sturz sei mir wohl so schlecht bekommen, dass ich dauerhaft Schaden genommen hätte. In meinem Kopf.
    Gegen die Damen von Ambras sagte er kein Wort.
    Die Loxan aber meinte, sie müsse wohl oder übel ihrem Glauben abschwören. Dabei passte der Glaube eines Mönchs, der stur einem Kaiser und einem Papst widersprochen hatte, gut zu ihr, meint der Zwerg.
    Sie wolle ihre Nichte nicht noch weiter gefährden, sagte sie.
    Wären die Damen von Ambras inzwischen nicht nur als wilde Weiber verschrien. Selbst das Wort Ketzer hörte man sagen, und dies sei in Tirol nun wirklich kein Spaß.
    Die Loxan war zu einem Dorn im katholischen Fleisch geworden, der immer, wenn man dieses Schmuckkästlein Ambras über dem Inntal anblickte, schmerzte.
    Das Land im Gebirge war eine Trutzburg des Katholizismus. Außer in den Knappenstädten, wo neue Leut’ neue Ideen mitbrachten, was meinen Herrn erzürnte. Seine Seele war tief von der Gegenreformation durchdrungen. Allein schon deshalb, weil sein Kaiserbruder für die Glaubensfreiheit eintrat.
    Mancher Priester predigte nun offen gegen die „Ambraser Verhältnisse“. Von der Kanzel herunter, mit Gottes verlängertem Zeigefinger auf den Schlosshügel gerichtet. Allen voran die Innsbrucker Jesuiten, deren Selbstbewusstsein mit dem Neubau ihrer Kuppel-Kirche in den Himmel wuchs. Dabei hatte Ferdinand selbst sie als Glaubenswächter um sich geschart.
    Jetzt musste die Loxan für alles herhalten, was die Tiroler verabscheuten: einen Landesvater, der sich nicht verheiraten wollte und keinen Erben hervorbrachte, der der Unzucht frönte mit wüstgläubigen Mätressen aus dem verdorbenen Böhmen, die in einem Palast logierten, einem Hexen- und Ketzerpalast, der jedem ehrenwerten Menschen zu betreten verboten war.
    Ferdinands Schwestern vom Haller Damenstift trugen das ihrige bei. Wenn ihr Bruder schon in Sünde lebe und seine neuen Untertanen brüskiere, müsse ein Sündenbock herbei.

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