Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
nicht, als hätte er gerade jemand töten wollen. Er ließ die Hand sinken, und Lark bemerkte, dass Blut von Tups Biss neben seinem Schlüsselbein durch das weiße Hemd sickerte.
»Wenn Sie ein Kind auf diese Art misshandeln, verdienen Sie diesen Titel nicht«, konterte Meisterin Winter.
Der Fürst lehnte sich lässig gegen die Wand des Stalls und tippte sich mit der Gerte auf den Oberschenkel. »Ich habe niemanden misshandelt«, erklärte er.
»Larkyn blutet. Und ich habe gesehen, wie Sie die Hände um ihren Hals geschlossen hatten.«
»Na und? Sie ist nicht verletzt. Außerdem bin ich Ihnen nicht im Geringsten Rechenschaft schuldig, Philippa. Trotzdem erkläre ich es Ihnen gern. Ich habe lediglich diese ungezogene Göre daran gehindert, meine Pferde zu belästigen.«
»Ihre Pferde?« Philippa trat vor und blickte an dem Fürsten vorbei in den Stall. Lark presste die Hände auf ihre zitternden Lippen und beobachtete, wie Meisterin Winter das silberne Fohlen genau betrachtete. Es trottete hin und her, zuckte ängstlich mit den Ohren und reckte den kleinen weißen Puschel von einem Schweif hoch. Sie musterte die Stute, die sich ängstlich an die gegenüberliegende Mauer drängte, dann glitt ihr Blick über den verschmutzten Mantel, die dreckige Hose und die Stiefel des Fürsten. »Wilhelm«, sie ließ absichtlich den Titel weg. »Was haben Sie getan?«
Er fuhr sich mit der Hand durch die wirren Haare und schob sie achtlos hinter das Ohr. »Das sehen Sie doch, Philippa. Ich habe ein wundervolles geflügeltes Fohlen gezüchtet,
das von einer flügellosen Stute und einem flügellosen Hengst abstammt.«
»Das ist Hochverrat.«
Er richtete sich auf. »Es ist ein Triumph«, widersprach er mit tückisch sanfter Stimme.
»Was wollen Sie damit gewinnen? Was ist der Sinn eines solchen Tuns?«
Lark trat neben Meisterin Winter, hielt jedoch deutlich Abstand vom Fürsten. »Meisterin«, flüsterte sie ängstlich, »ich habe gesehen, wie er es berührt hat. Und es hat nicht … es …«
Meisterin Winter schaute kurz auf sie herab und richtete den Blick dann wieder auf Wilhelm. Ihre Miene war streng und finster. »Was ist damit?«
Als Lark sein kühles Lächeln sah, krampfte sich erneut ihr Magen zusammen. Unbewusst fasste sie sich an den Hals, auf dem sie immer noch den schmerzhaften Druck seiner starken Finger fühlte. »Es ist eine neue Blutlinie, Philippa«, antwortete der Fürst an Larks Stelle. »Ein glorreicher Schritt in der Geschichte der geflügelten Pferde!«
Meisterin Winter schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Lark holte tief Luft und sammelte sich. Schnell und leise sagte sie: »Er hat es an sich gebunden. Er hat seinen Körper verändert, damit er sich an ein geflügeltes Pferd binden kann.«
Die Augen des Fürsten blitzten böse, fast furchteinflößend, doch Lark zwang sich, nicht zurückzuzucken. Solange Meisterin Winter oder Tup hier waren, konnte er ihr nichts anhaben.
Jetzt, wo er außer Reichweite der Gerte war, behauptete auch Tup seine Position. Er stand angespannt da, mit hoch erhobenem Kopf und gebogenem Schweif. Er hatte die
Nüstern weit gebläht, und Lark warf ihm einen stolzen und dankbaren Blick zu. Sie war sich sicher, dass er bereit gewesen wäre, den Fürsten für sie zu töten.
»Ihre Großväter würden sich in ihren Gräbern umdrehen, wenn sie das wüssten, Wilhelm.«
»Dann«, sagte er mit einem gezwungenen Lachen, »hoffe ich nur, dass sie geräumige Särge haben.«
»Ich werde das vor den Rat bringen.«
»Wie Sie wollen, aber Sie vergeuden damit nur Ihre Zeit.« Er klemmte die Gerte unter den Arm und wischte sich gelassen Strohhalme von seinem Mantel. »Ich bin wahrlich nicht der Einzige, der es für an der Zeit hält, dass auch Männer geflügelte Pferde fliegen.«
Meisterin Winter stieß scharf den Atem aus. »Sie unterschätzen mich, Wilhelm, und das nicht zum ersten Mal.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und hakte sich bei Lark unter. »Kommen Sie, Larkyn. Nehmen Sie Ihren Hengst, wir gehen nach Hause.«
Lark war noch vollkommen aufgewühlt, stolperte zitternd zu Tup und stützte sich dankbar gegen seinen Hals, als sie vor Meisterin Winter aus dem Stall ging. Ihre Beine, der Kopf, die Wangen … ihr ganzer Körper schmerzte, und ihre Knie fühlten sich butterweich an.
Wintersonne trabte auf sie zu und schnaubte unruhig. Lark streichelte sie und warf dann ihre Arme um Tups Hals. »Oh, guter Tup! Wie stark und mutig du bist!«, wimmerte sie. Er senkte den Kopf und
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