Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Baukunst aufwiesen.
Es waren Haine, wie die Elfen des Festlands sie zu bewohnen pflegten, aber selbst von seinem hohen Aussichtspunkt aus konnte Granock sehen, dass sie in schlechtem Zustand waren. Schlinggewächse wucherten an Säulen und Bogen empor, Dächer waren teilweise eingebrochen; und die Bäume, die die Elfengärtner sonst kunstfertig zu beschneiden und in die ausgefallensten Formen zu bringen pflegten, waren allesamt ausgeschossen und verwahrlost. Zweifellos war schon lange kein Elf mehr an diesen Orten gewesen - aber wo waren sie alle? Granock konnte nicht behaupten, dass ihm die Sache gefiel. Er packte den Zauberstab mit beiden Händen und folgte Ardghal mit festem Schritt.
Der Elf schien tatsächlich genau zu wissen, wohin er sich zu wenden hatte. Zielstrebig folgte er zunächst dem Verlauf der Klippen, ehe sie auf eine Straße stießen, die sich in engen Serpentinen vom Wald heraufwand. Sie folgten ihr ein Stück weit den von Geröll übersäten Anhang hinauf, über dem sich die Kristallfestung erhob. Dann verließ Ardghal plötzlich den Weg.
»He«, rief Granock, »was tut Ihr?«
»Ihr wollt ins Innere, oder nicht?« Über die Schulter warf ihm der Elf einen fragenden Blick zu. Eine innere Stimme mahnte Granock zur Vorsicht. Er vermochte den Grund dafür nicht genau zu benennen, aber je näher sie der Festung kamen, desto schwächer fühlte er sich. Gerade so, als nage etwas an seiner Zauberkraft. Und so sehr er sich auch bemühte, er konnte nichts von der vertrauten Präsenz erspüren, die Alannah einst umgeben hatte.
Er nickte zögernd und folgte Ardghal zu etwas, das er zunächst für einen Felsspalt hielt. Erst als er näher kam, erkannte er, dass es in Wahrheit die Mündung eines Stollens war, der ins Innere des Berges zu führen schien - und damit auch in die Festung, die darauf thronte.
»Ist das der Eingang?«, fragte Granock zweifelnd.
»Einer von vielen«, gab Ardghal ausweichend zur Antwort.
»Unbewacht und unverschlossen?«
»Meister Lhurian, dies sind die Fernen Gestade, ein Ort des Friedens und der Freude. Schlösser und Wachen sind hier nicht vonnöten, habt Ihr das schon vergessen?«
Granock verzog das Gesicht. Natürlich hatte der Elf recht, aber nach allem, was sich in Erdwelt ereignet hatte, fiel es ihm schwer zu glauben, dass dieser Ort davon völlig unberührt sein sollte. Zumal sie ja gesehen hatten, dass auch die Gestade offenbar nicht frei von Makeln waren ...
»Also schön«, erklärte er sich einverstanden und senkte drohend den Zauberstab. »Ihr geht voran.«
»Bitte sehr, wenn Ihr es wünscht.«
Ohne Zögern verschwand Ardghal in der Öffnung, Granock blieb dicht hinter ihm.
Schummriges Dunkel empfing sie, und Granock ließ den Kristall am Ende des Elfenbeinstabes leuchten. Der blaue Schein vertrieb die Dunkelheit und ließ einen schmalen Gang erkennen, der schnurgerade durch den Fels verlief. Zu seiner Verblüffung stellte Granock fest, dass ihnen vom Ende blasses Tageslicht entgegendrang, sowie ein kühler Luftzug, der nach Salz und Seetang roch - und nach Tod.
Der Zauberer schreckte zurück. Er hatte den grässlichen Odem der Verwesung schon früher gerochen, an diesem Ort allerdings hatte er am wenigsten damit gerechnet. Er wusste nicht, ob Ardghal, der unbeirrt weiterging, es ebenfalls gewahrte, aber der Palast von Crysalion war von Tod durchdrungen. Granock verspürte jähe Furcht um Alannah, aber auch um Aldur, was ihm klarmachte, dass er den Elfen trotz allem, was gewesen war, noch immer als seinen Freund betrachtete. In den vergangenen vier Jahren hatte er wenn auch vergeblich versucht, Aldur zu hassen, weil er gehofft hatte, dass sein Schmerz und seine Schuldgefühle dadurch nachlassen würden. Auch seine Härte Nimon gegenüber, das wusste er jetzt, war letztlich nichts anderes als eine Folge dieses Versuchs gewesen ...
Der Gedanke, dass seine Freunde an diesen Ort gekommen waren, um ihn gegen die Macht der Finsternis zu verteidigen, dass sie für das Reich ihr Leben eingesetzt und womöglich verloren hatten, während er sich in Selbstmitleid gesuhlt hatte wie ein Frischling im Schlamm, war ihm unerträglich und drückte mit jedem Schritt, den er sich weiterwagte, noch mehr auf seine Seele.
Endlich erreichten sie das Ende des Felsengangs, und einmal mehr wurde Granock von tiefer Ergriffenheit erfasst: Der Stollen mündete auf eine von gewundenen Säulen gestützte Galerie, die einen weiten Felsenkessel umlief, an dessen Innenwand sie sich
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