Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
niemand.«
»Mary, bitte!«, tadelte Mrs. Hansen. »Wie oft soll ich noch sagen, dass wir nicht solchermaßen über die Herrschaft reden. Auch wenn sie uns das Leben nicht immer einfach macht, das ist das Wesen des Dienens … Cat versteht ja wahrscheinlich ohnehin nur die Hälfte von unserem Gerede, nicht wahr, Kleines? Was mich betrifft, habe ich auch noch einen schottischen Akzent. Was für ein seltsamer Name übrigens, also, ich hätte jetzt an eine Abkürzung für Catherine gedacht. Aber als Deutsche …«
Margaret Hansen sprach tatsächlich ein etwas hartes Englisch.
»Ich bin keine Deutsche«, stellte Cat richtig. »Und Cat ist keine Abkürzung. Es heißt einfach nur …«
»Katze!« Mary schrie auf. »O nein, Mrs. Hansen, Mr. Hansen, das ist doch nicht das Indianermädchen?«
Die junge Frau sprang aufgeregt von ihrem Stuhl auf und hätte beinahe ihre Kaffeetasse umgeworfen.
»Das was?«, fragte der Butler. »Also wirklich, Mary, selbst du solltest wissen, dass die Indianer nach Nordamerika gehören, hier …«
»Das Maori-Mädchen!«, berichtigte sich Mary und wies mit dem Finger auf Cat. »Mrs. Hansen, ich wollt’s Ihnen gerade berichten, ich hab’s eben auf dem Markt gehört. Die war bei den Wilden, heißt es. Und Sie glauben nicht, was Mrs. Robins über sie erzählt!«
KAPITEL 2
Bei der ersten Begegnung zwischen Chris Fenroy und Jane Beit ging so ziemlich alles schief, was bei einem derart delikaten Treffen auch nur misslingen konnte. Das begann bereits mit Janes Eintreten. John Nicholas Beits Tochter entpuppte sich keineswegs als die anmutige blonde Elfe, die bislang durch Christophers hoffnungsvolle Träume getanzt war, aber das hatte er natürlich auch nicht ernstlich erwartet. Jane konnte kein Ebenbild von Cat sein, und Chris war fest entschlossen, sich kein Gefühl der Enttäuschung zu erlauben. Als er dann jedoch die ausladende Gestalt seiner versprochenen Braut sah, ihr volles Gesicht, das dicke braune Haar … Chris musste sich zwingen, ihr zuzulächeln.
Jane ihrerseits machte sich diese Mühe nicht. Sie musterte ihn prüfend, und das Desaster wurde vollkommen, als Beit nun Anstalten machte, die beiden einander vorzustellen.
»Meine Tochter Jane … Viscount Christopher Fenroy.«
»Viscount?« Janes bislang mürrisch verzogene Lippen hoben sich spöttisch. »Sie erben also eine Grafschaft in England?«
Christopher hätte sich ohrfeigen können. Warum bloß hatte er die Sache nicht gleich richtiggestellt? Jane war im englischen Umfeld aufgewachsen, natürlich wusste sie, wem welcher Titel zustand. Er bemühte sich, nicht zu erröten.
»Nur Fenroy, Miss Beit, Ihr Vater hat da etwas falsch verstanden …«
Jane lächelte mit zusammengepressten Lippen. »Das kommt vor«, bemerkte sie dann. »Nun, was machen wir jetzt, Mr. Fenroy? Haben Sie Blumen mitgebracht?«
Chris stieg das Blut in den Kopf. »Ich … es kam so überraschend …«, druckste er.
Beit hatte Jane gleich dazugerufen, nachdem Cat dem Butler in die Küche gefolgt war und die Männer die wichtigsten Dinge besprochen hatten. »Gut«, sagte sie nun. »Dann kann ich mir ja sparen, ein Mädchen zu rufen und das Grünzeug in die Vase stellen zu lassen. Andererseits überbrückt so etwas ja stets sehr schön die ersten peinlichen Minuten …«
»Jane!«, tadelte Beit.
Jane beachtete ihren Vater nicht. »Was machen wir also stattdessen, Mr. Fenroy?« Chris wand sich unter ihrem Blick. »Reden wir über das Wetter? Es ist hier sonniger als in Canterbury, aber das wissen Sie ja wahrscheinlich …«
»Miss Beit …« Chris wusste nicht, was er sagen sollte, aber natürlich verstand er.
Beits Tochter spielte auf das Farmland an, das ihr Vater ihm versprochen hatte. Unzählige Hektar Farmland … Beit hatte in dem noch weitgehend unerschlossenen Inland am Waimakariri River ein kleines Königreich erworben. Nur das Herrscherpaar fehlte noch.
»Also › Miss Beit ‹ müssen Sie jetzt nicht noch zehnmal wiederholen«, meinte Jane. »Es soll ja wohl sowieso bald › Mrs. Fenroy ‹ heißen. Oder › Lady Fenroy ‹ . Das ist zwar nicht ganz korrekt, aber wen schert es? Wahrscheinlich werden wir mehr Land haben als der gleichnamige Lord. Und Sie wären damit zumindest ein › Country Gentleman ‹ .«
»Jane!«, wiederholte ihr Vater, jetzt noch schärfer.
Christopher wünschte, er hätte den Whiskey, den Beit ihm zuvor angeboten hatte, angenommen. Er hatte sich keinen Mut für dieses Gespräch antrinken wollen, das
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