Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
da unten in Moutere …«, begann Wakefield, und Beit übersetzte, »… dann können wir Ihnen auch gern ein endgültiges Angebot machen. Das Land am Fluss wäre zu haben.«
KAPITEL 3
»Wir bekommen endlich unser Land? Im Moutere Valley, dem Tal bei der Missionsstation?«
Brandmann hatte der Versammlung der Siedler eben Wakefields Angebot unterbreitet, und nun überschlugen sich die Stimmen in der Scheune, die ihnen ein Farmer auf Beits Vermittlung hin zur Verfügung gestellt hatte. Seit zwei Tagen regnete es anhaltend.
»Das ist aber abgelegen, oder?«
»Gibt es da keine Wilden?«
»Ist es gutes Farmland?«
»Warum ist da bis jetzt niemand draufgekommen?«
Brandmann musste mehrmals um Ruhe bitten, bis er die Fragen beantworten konnte.
»Es ist natürlich nicht direkt bei Nelson«, meinte er. »Wahrscheinlich der Grund, weshalb bislang niemandem eingefallen ist, es uns anzubieten. Man hatte uns ja Land in der unmittelbaren Umgebung versprochen …«
»Und die Wairau-Ebene?«, wisperte Ida Ottfried zu, der sie zu der Versammlung begleitete. »Das war doch auch bestimmt zwanzig Meilen weit weg …«
Ottfried würdigte sie keiner Antwort. Ida fiel auf, dass er nach Bier roch.
»Aber es ist nicht schwer zu erreichen«, fuhr sein Vater fort. »Mit dem Schiff von Nelson aus ist es ein Katzensprung. Wir haben den Hin- und Rückweg leicht an einem Tag geschafft.«
»Und obendrein ist es auch gar nicht derart in unserem Sinne, so nah bei unseren … hm … englischen Freunden zu siedeln«, fügte Lange hinzu. »Wenn man bedenkt, wie weit der Verfall der Sitten schon nach diesen wenigen Wochen fortgeschritten ist … Je größer die räumliche Nähe, desto rascher die Entfremdung. Nein, so gesehen ist … Wie heißt noch das Tal? Wir werden ihm als Erstes einen guten deutschen Namen geben müssen! Einfach wie gemacht für unsere Siedlung. Und es ist gutes Farmland – Grasland und Bäume am Fluss, Wald auf den Hügeln dahinter, also reichlich Holz, das wir schlagen können.«
»Wir könnten direkt mit dem Kirchenbau beginnen!«, freute sich Brandmann, der hier zweifellos auch Verdienstmöglichkeiten sah. Endlich würde er wieder als Zimmermann arbeiten können.
»Und keine Siedlung von Wilden in näherer und weiterer Umgebung!«, rief Ottfried. Das schien nicht nur ihm äußerst wichtig zu sein. Die Wairau-Expedition zu den Maori hatte ihm wohl gereicht. »Das haben die Missionare versichert, die Eingeborenen haben das Land verkauft und sind abgezogen.«
Aber dann unterbrach ihn unvermittelt eine Stimme von der Tür. »Die Maori brauchten aus dem Moutere Valley nicht abzuziehen, die haben da gar nicht erst gesiedelt!«
Verwundert wandten sich die Gemeindemitglieder nach dem Sprecher um. Und Ida meinte, ihr Herz bliebe stehen. Am Eingang der Scheune stand, triefend vor Nässe nach dem Gang durch den Regen, doch geschützt durch einen Südwester und einen langen Wachsmantel, Karl Jensch.
»Und das aus gutem Grund«, fuhr er fort, während er sich den Hut abnahm und das Wasser abschüttelte.
Ida fand, dass er gut aussah. Er war nicht mehr so mager wie damals in Raben Steinfeld, trug sein blondes lockiges Haar länger als früher und wirkte selbstbewusst.
»Das Land am Moutere River ist in gewisser Weise Marschland«, führte Karl aus. Die Leute, vor allem die Siedler aus den anderen Gemeinden Mecklenburgs, die ihn nicht als Tagelöhner aus Raben Steinfeld kannten, ließen ihn bereitwillig durch, als er nun weiter nach vorn trat. »Das heißt, es wird jedes Mal überschwemmt, wenn der Fluss anschwillt – und das tut er im Winter wie im Sommer regelmäßig. Er wird ja durch Wasser aus den Bergen gespeist, und da regnet es nun mal sehr häufig. Ich kann Ihnen also nur ernstlichst davon abraten, Ihre Siedlung im Moutere Valley zu errichten. Mr. Spain hat das Land auch ausdrücklich nicht als Siedlungsland ausgeschrieben.«
»Wer ist das?«, fragte einer der Siedler in Richtung Lange und Brandmann, die Karl beide wütend anblitzten.
»Was hast du hier zu schaffen?«, fragte Brandmann.
Karl hob die Schultern. »Wie gesagt, ich bin hier, um Sie alle zu warnen. Mr. Tuckett ist äußerst erbost über diese Landzuteilung – wir hörten erst davon, als wir heute Mittag hier eintrafen, und wir fürchteten schon, Sie hätten bereits endgültig zugestimmt. Aber als ich hörte, dass Ihre Versammlung heute erst tagt, habe ich mich gleich auf den Weg gemacht.«
» Unsere Versammlung, wie du ganz richtig sagst«,
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