Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Die Eingeborenen hatte man da wohl schon ausgerottet, dafür bewachten die Militärs Heerscharen von Sträflingen. Jane würde sich ganz darauf konzentrieren können, ein großes Haus zu führen, hatte der Mann geziert erklärt. Er wollte wohl politische Karriere machen und brauchte eine Frau im Hintergrund, die gesellschaftliche Kontakte pflegte. Wie wenig sich Jane dazu eignete, erkannte er schon beim ersten Treffen.
Blieb also die Auswahl zwischen Christopher Fenroy und Lieutenant Archinson, und da erschienen Jane Christopher und seine Farm als das kleinere Übel denn Archinson und sein Krieg. Schon deshalb, weil er sie wohl kaum bei der Planung seiner Feldzüge einbezogen hätte. Christopher hingegen …
Der junge Mann hatte Recht. Neuseeland besaß Potenzial – eine Farm in Canterbury könnte ein profitabler Betrieb werden. Allerdings kaum unter seiner Leitung. Wenn Jane ihn auch nur halbwegs richtig einschätzte, so hatte Fenroy keine Ahnung von Unternehmensführung. Er stürzte sich zwar mit Begeisterung in das Projekt, ließ aber deutlich erkennen, dass er bislang keinen Gedanken an Buchhaltung, Personalpolitik, Geschäftspläne und alles, was bei einer Betriebsgründung sonst bedacht werden musste, verschwendet hatte. Für Jane boten sich da unendlich viele Betätigungsmöglichkeiten. Sie musste Christopher nur dazu bringen, sie einzubeziehen. Und sie traute sich durchaus zu, ihn entsprechend einzuschüchtern. Er konnte jetzt schon kaum Nein zu ihr sagen – wobei andere Frauen das ja zustande bringen sollten, indem sie ihre Gatten umgarnten, was wiederum den Vorteil hätte, dass die Männer ihnen gern gehorchten …
Jane warf einen weiteren prüfenden Blick in den Spiegel. Nein, was diese Strategie anging, sah sie keinerlei Perspektiven … Allerdings fiel ihr der zweite Grund der Entscheidung für Christopher ein – die mit der Ehe unweigerlich verbundenen unappetitlichen körperlichen Anforderungen. Jane begehrte weder Fenroy noch Archinson, aber einem Ehemann musste sie wohl oder übel erlauben, sich auf sie zu legen und Körperflüssigkeiten mit ihr auszutauschen – so zumindest hatte sie das mit den ehelichen Pflichten verstanden. Und in diesem Fall nahm sie lieber den jungen, schlanken Fenroy als den schweren, fettleibigen Archinson, von dem selbst dann ein leichter Schweißgeruch ausging, wenn er sich nicht anstrengte.
Also Christopher … Sie seufzte. Nun, wenigstens hatte er Angst vor ihr …
Christopher fand sich am späten Nachmittag zum Empfang vor der feierlichen Hochzeitszeremonie im Hause der Beits ein. Der Agent hatte sich gegen eine Trauung seiner Tochter in der Episkopalkirche entschieden, wohl um die deutschen Siedler nicht gegen sich aufzubringen. So war sein Stadthaus für die Hochzeit geschmückt. Für den festlichen Akt war der Salon vorgesehen, in dem der Butler jetzt bereits ersten Gästen ihre Plätze anwies. Neuankömmlinge wurden von den Hausmädchen begrüßt, die vor allem damit beschäftigt waren, ihnen die durchweichte Regenkleidung abzunehmen und die nassen Sachen irgendwo hinzubringen, wo sie nicht störten und vielleicht sogar trockneten. In Christophers Fall war es Cat, die ihm die Tür öffnete – und so stand er zum ersten Mal seit ihrer gemeinsamen Flucht der jungen Frau gegenüber, die nicht nur nach wie vor durch seine Träume geisterte, sondern der gegenüber er auch ein äußerst schlechtes Gewissen hegte. Es war nicht geplant gewesen, Cat in so untergeordneter Stellung unterzubringen.
»Lass das doch«, sagte er peinlich berührt, als sie nun zur Begrüßung brav vor ihm knickste. Die Anmut ihrer Bewegungen bezauberte ihn gleich wieder. Ebenso wie ihr schmales, schönes Gesicht unter dem Häubchen, das ihr blondes Haar nur knapp bedeckte. »Ich bin’s, Cat, Christopher. Du brauchst nicht vor mir auf die Knie zu fallen.«
Cat quittierte den Scherz mit einem bitteren Lächeln. »Wir wurden dazu angehalten«, meinte sie dann. »Und da Mary …«, sie wies auf das zweite Hausmädchen, »… ohnehin ständig damit rechnet, ich würde gleich die Kriegskeule ziehen und damit um mich schlagen, bemühe ich mich besser um zivilisiertes Verhalten.«
»O Cat!« Christopher sah sie unglücklich an. »Du bist hier nicht zufrieden, ich wusste es, aber ich habe wirklich versucht …«
Er brach ab. Hatte er wirklich ausreichende Anstrengungen unternommen, eine andere Stellung für sie zu finden? Natürlich, er hatte Tuckett auf sie angesprochen, und der hatte
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