Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
geliehenes Boot lud. Eher vor Wut denn vor Abschiedsschmerz rollten allerdings die Tränen von Elsbeth Lange.
    »Es ist so ungerecht!«, schluchzte Idas kleine Schwester. »Das war meine Arbeit! Mrs. Partridge hätte mich gern als Hilfe im Laden behalten, ich hätte auch bei ihr wohnen bleiben können und mich nützlich machen. Stattdessen hocke ich hier …«
    Als die Krauses abgefahren waren, schmiegte sich Elsbeth in Idas Arme und weinte all die Verzweiflung und Überforderung heraus, mit der sie seit der Hochzeit ihrer Schwester kämpfte. Die Kleine schaffte es einfach nicht, den Haushalt ihres Vaters so zu führen, wie Ida es laut Jakob Lange mühelos in Raben Steinfeld getan hatte. Dabei waren die Vorwürfe ungerecht. Keine Frau konnte aus den spärlichen Lieferungen der New Zealand Company so schmackhafte Mahlzeiten kochen wie damals mit dem Speck und der Butter vom Bauern, dem Gemüse und dem Obst aus dem Garten, den frischen Kartoffeln vom Feld. Die verschlissene Kleidung der Männer ließ sich nicht mehr flicken, Elsbeth hätte neue nähen müssen, aber dazu fehlten ihr der Stoff, das Können und die Zeit. Das junge Mädchen hatte auch nicht die Kraft, Wasser in ausreichendem Maße vom Fluss zu holen, damit die Männer sich abends waschen konnten – Elsbeth versagte bei nahezu jeder ihr gestellten Aufgabe.
    »Und dazu ist Franz dauernd krank und quengelt«, jammerte sie.
    Ida strich ihrer Schwester tröstend übers Haar. Alle Kinder der Kolonie kränkelten. Es fehlte einfach an frischer Nahrung. Das Gemüse wurde vor der Ernte weggeschwemmt, und die Männer konzentrierten sich so sehr auf den Aufbau des Dorfes, dass sie nicht mal Zeit zum Fischfang fanden.
    »Ich hab’s selbst versucht mit dem Fischen, aber ich kann’s einfach nicht«, jammerte Elsbeth. »Und ich mag die Viecher auch nicht totmachen, und ich hab Angst vor den Ratten … Schick mir doch wenigstens manchmal Chasseur, Ida.«
    Der gefleckte langhaarige Hund schlief nach wie vor in Idas Hütte und verhalf ihr zu der Disziplin und Demut, um die zu beten sie längst schon zu erschöpft war. Um Chasseurs willen hielt sie Ottfrieds allnächtliche »Liebesbezeugungen« lautlos aus, auch wenn sie sich dabei die Lippe zerbiss. Sie konnte nicht riskieren, dass der Hund wieder bellte und ihr Mann ihn hinauswarf oder Schlimmeres. Idas Haus war dank Chasseur als einziges halbwegs rattenfrei. Und vor den Schädlingen fürchtete sich die junge Frau einfach mehr als vor allem anderen.
    »Wir sollten uns um weitere Hunde bemühen«, meinte Ida ausweichend. »Ich werde Ottfried bitten, beim nächsten Besuch in Nelson danach Ausschau zu halten.«
    Sie wusste genau, dass er es nicht tun würde – schon, weil ihm der Besitzer der Welpen ein paar Pence dafür abnehmen könnte. Aber die Aussicht auf einen eigenen jungen Hund im Haus tröstete zumindest Elsbeth und beflügelte Franz, der immer noch dem Hofhund nachtrauerte, den sie in Raben Steinfeld zurückgelassen hatten.
    Obwohl die zweite Überschwemmung kaum Schaden angerichtet hatte, war die Stimmung unter den Siedlern danach deutlich schlechter als im Anschluss an die erste. Kurze Zeit nachdem die Krauses gegangen waren, gaben zwei weitere Familien ihr Land auf, sosehr ihnen Brandmann und Lange auch zusprachen, es weiterzuversuchen. Keiner erwähnte Karls Warnung bei der Versammlung in Nelson, aber natürlich erinnerten sich alle daran. Besonders die Familien aus den anderen Heimatgemeinden, die ihn nie als abgerissenen Tagelöhner, sondern bei dem Treffen nur als gut gekleideten jungen Landvermesser kennengelernt hatten, zogen jetzt die Konsequenzen. Wenn es so weiterging, würde Sankt Paulidorf bald nur noch aus Raben Steinfeldern bestehen.
    Aber dann kam Pastor Wohlers eines Tages mit guten Nachrichten aus Nelson zurück. »In der Siedlung sind Rinder eingetroffen!«, verkündete er der Gemeinde nach dem ersten Gottesdienst. »Und in Anbetracht der Kinder hier und der schlechten Versorgungslage habe ich mit Wakefield gesprochen. Gegen eine kleine Kostenbeteiligung wird uns die Company drei Kühe überlassen!« Er sah strahlend von einem zum anderen.
    Peter Brandmann nahm die Ankündigung mit der erwarteten Begeisterung auf. »Gelobt sei Gott!«, rief er in die trotz allem ziemlich niedergedrückte Gruppe der Siedler. Mit dem Boot, das Wohlers gebracht hatte, waren die zwei Familien, die aufgegeben hatten, nach Nelson abgereist. Viele Frauen hatten gerötete Augen vom Abschied – und etliche Männer

Weitere Kostenlose Bücher