Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
ermöglichen, zu entsprechen. Das sollte doch die Stimmung bei den Töchtern Evas etwas heben, oder?«
Ida wusste kaum, wie ihr geschah, hatte sie doch nie damit gerechnet, Sankt Paulidorf in absehbarer Zeit verlassen zu dürfen. Nun fand sie sich, nur eine Woche später, an einem herbstlich sonnigen Märztag, an Bord eines der Boote wieder. Bei ihr Ottfried mit stolzgeschwellter Brust ob der wichtigen Aufgaben, mit denen die Gemeinde ihn wieder betraut hatte. Er sollte nicht nur die drei Kühe abholen, sondern für die Gemeinde Sankt Paulidorf auch ein Gespann Zugpferde und einen Wagen erstehen. Und Ida hielt eine lange Liste in den Händen, zusammengestellt von den Frauen der Gemeinde nach tagelangen, aufgeregten Verhandlungen darüber, was wirklich nötig war, was man sich leisten konnte und was vielleicht ein bisschen Glanz bringen könnte in das Einerlei ihrer Tage.
KAPITEL 8
Als Jane Fenroy nach ihrer Hochzeitsnacht erwachte, war ihr Mann bereits verschwunden. Offenbar lautlos, sie registrierte erfreut, dass er sich scheute, sie zu stören. Auch während der Nacht war er in keinster Weise lästig gewesen, weder schnarchte er, noch suchte er Tuchfühlung. Jane wusste das durchaus zu schätzen und brachte Chris sogar noch freundlichere Gefühle entgegen, als sie gleich darauf feststellte, dass sich ihre Reisetruhen bereits im Haus befanden. Ihr Gatte hatte sie im Salon abgestellt oder abstellen lassen – ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass er nicht allein war. Gemeinsam mit zwei stämmigen dunkelhäutigen Männern wuchtete er eben weitere Kisten vom Wagen, Werkzeug und Baumaterialien, die er aus Port Victoria mitgebracht hatte. Als Nächstes, so hatte er ihr am Tag zuvor erzählt, stehe der Bau eines richtigen Pferdestalls an, danach werde man das Haupthaus in Angriff nehmen.
Interessiert musterte Jane die beiden Männer, die Chris zur Hand gingen. Es waren tatsächlich die ersten Maori, die sie zu Gesicht bekam, sie kannte sie nur von Abbildungen. Christopher hatte tatsächlich Recht, die Männer schienen mit amerikanischen Indianern ebenso wenig gemein zu haben wie mit den australischen Aborigines. Sie wirkten zudem weit weniger bedrohlich als ihre in Büchern und Broschüren abgebildeten Stammesgenossen – wahrscheinlich weil sie nicht in der traditionellen Tracht der Krieger auftraten, sondern ganz ähnlich gekleidet waren wie Chris. Der trug heute ein kariertes Arbeitshemd zu verschlissenen Drillichhosen. Erst als die Männer ihr ihre Gesichter zuwandten, erschrak Jane ob ihrer Exotik. Christophers Helfer waren von der Stirn bis zum Kinn tätowiert. An diesen Anblick würde Jane sich erst gewöhnen müssen …
Vorerst gelüstete es sie aber ohnehin nicht nach näherer Bekanntschaft mit ihren neuen Nachbarn. Sie musste sich mit der Aufgabe auseinandersetzen, sich ohne Hilfe einer Zofe anzukleiden, und dann brauchte sie ein Frühstück. Der Gedanke, es selbst zubereiten zu müssen, behagte ihr nicht so sehr, während sie ganz dankbar nach einem Kleid griff, für das sie sich nicht schnüren musste. Sie hatte die Schneiderin in Nelson ausdrücklich angewiesen, ihr ein paar solcher Hauskleider herzustellen, was zu entsetzten Protesten ihrer Mutter geführt hatte. Aber es war nicht infrage gekommen, eine Zofe mitzunehmen, und hier eine anzulernen stand nicht allzu weit oben auf Janes Prioritätenliste. Eine Köchin wäre ihr wesentlich wichtiger gewesen …
Jane stöhnte, als sie versuchte, auf dem wuchtigen Herdofen eine Pfanne zu erhitzen und Eier zu braten. Zuerst schien die Hitze nicht auszureichen, dann wären sie fast angebrannt. Immerhin hatte Christopher bereits Kaffee gekocht. Die schwere Eisenkanne, die auf der Kochplatte warm stand, war zwar nur mit Mühe zu bewegen, das Gebräu erwies sich jedoch als stark und belebend. Brot fand sich noch etwas vom Vortag, obwohl Christopher sich von dem Laib auch schon bedient hatte. Da würde Jane bald für Nachschub sorgen müssen – und sie hatte keine Vorstellung, wie sie den Ofen mit den Brotlaiben füttern sollte, falls es ihr überhaupt gelingen würde, den Teig dafür zu kneten.
Jane überlegte kurz, ob sie Christopher zum Frühstück hereinrufen sollte. Die Eier waren ja nun fertig und halbwegs gelungen. Aber was machte sie mit seinen Helfern? Ob er auf Dauer von ihr verlangen würde, auch die zu bekochen? Jane rieb sich die Stirn und aß erst mal allein. Wie kam sie hier bloß an Hauspersonal?
Immerhin fühlte sie sich gesättigt und
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