Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
gethront hatte, keinen besonderen Anteil an der Zeremonie hatte, sie jedoch aufmerksam beobachtete.
»Te Haitara«, stellte Christopher ihn vor, als er ihr Interesse bemerkte. »Ein großer Häuptling und ein rechtschaffener Mann. Er erkennt sogar unseren Anspruch auf das Farmland an. Obwohl dein Vater die Verträge mit den Ngai Tahu sehr … hm … großzügig für sich ausgelegt hat.«
»Er hat was?« Jane fuhr auf. »Willst du sagen, sein Landerwerb hier war auch nicht rechtskräftig?«
Gleich darauf biss sie sich auf die Lippen. Das »auch« war ein Fehler gewesen. Chris musste nicht wissen, wie es um die Geschäfte der Company in Nelson bestellt war.
Er machte eine begütigende Handbewegung. »Reg dich nicht auf«, lenkte er ein. »Aber ja, es gab hier genauso viele Ungenauigkeiten bei der Landnahme wie in Nelson … Woher weißt du davon übrigens? Ich dachte, die Company hielte es geheim, ich weiß es nur von Tuckett. Es hätte jedenfalls auch hier zu ernsten Konflikten kommen können, wenn dein Vater das Land an irgendwelche nichts ahnenden und selbstgefälligen Siedler verkauft hätte. Nun haben wir es ja zum Glück, und uns helfen meine Sprachkenntnisse und mein Wunsch nach guten Beziehungen und gegenseitigem Austausch. Daran sind die Ngai Tahu nämlich sehr interessiert – weit mehr als im Norden die Ngati Toa. Te Haitara ist sehr aufgeschlossen.«
Chris nickte dem Häuptling zu. Mit seinen Tätowierungen, dem zum Kriegerknoten gewundenen Haar und den traditionellen Waffen in der Hand wirkte Te Haitara sehr martialisch. Wenn man ihn jedoch genauer ansah, erkannte man klare, sensible Gesichtszüge, volle Lippen und kluge braune Augen, in denen auch etwas Schalk stand.
»Te Haitara bemüht sich um unsere Sprache«, fügte Christopher hinzu. »Auch wenn er noch nicht viel Englisch spricht, sieht er doch ein, dass die Kontakte mit den Siedlern beiden Seiten zugutekommen.«
Der junge Häuptling, der wohl mitbekommen hatte, dass Chris und Jane über ihn sprachen, erhob sich und kam zu ihnen. Er verbeugte sich kurz vor Jane, betrachtete sie aufmerksam und wechselte dann ein paar Worte mit Christopher. Offenbar Scherz- oder Spottworte, die Chris erröten ließen, aber am Ende lachten beide, und Chris bedankte sich, das konnte Jane jetzt schon verstehen.
»Was hat er gesagt?«, erkundigte sich Jane ungeduldig.
Entgegen ihren ursprünglichen Absichten war sie inzwischen fest entschlossen, sehr bald die Sprache der Eingeborenen zu erlernen. Es passte ihr nicht, bei jeder Kommunikation mit ihnen von Chris abhängig zu sein, und sie hatte auch keine Lust, sich von ihm unterrichten zu lassen. Sie würde sich Bücher kommen lassen. Zumindest die Bibel sollte doch inzwischen übersetzt sein. Jane fragte sich, ob sich nützliche Hinweise zum Umgang mit Dienstboten wohl eher im Alten oder im Neuen Testament fänden.
Christopher biss sich auf die Lippen. »Er hat ein paar Sachen gesagt, die ich lieber nicht übersetzen möchte. Mitunter haben unsere Maori-Freunde eine etwas … hm … zotige Ausdrucksweise. Aber die Hauptaussage ist …«
Kutu, der immer noch bei ihnen saß, übersetzte weniger umständlich. » Ariki sagen …«, erklärte er mit einem Grinsen. »… dass pakeha Chris Fenroy haben sehr schöne Frau.«
KAPITEL 9
Cat war etwas mulmig zumute, als Mrs. Hansen sowohl ihr als auch Mary die Nachricht übermittelte, sich nach dem Bettenmachen und den sonstigen morgendlichen Routinearbeiten bei Mrs. Beit einzufinden. Im Allgemeinen rief die Hausherrin die Mädchen schließlich selbst, wenn sie etwas brauchte – mit durchdringendem Organ und in der Regel mit einem Vorwurf auf den Lippen. Dass sie heute sozusagen den Dienstweg einhielt, konnte nichts Gutes bedeuten. Cat schlüpfte also rasch noch einmal in die Kammer unter dem Dach, die sie mit Mary teilte, um eine saubere Schürze anzulegen und ihr Häubchen zu richten. Mrs. Beit sollte keinen Grund finden, sie für eine irgendwie unordentliche Aufmachung zu tadeln. Als sie sich dann endlich vor dem Salon einfand, trat Mary heraus. Das Mädchen war in Tränen aufgelöst.
»Was soll ich denn jetzt bloß machen?«, wimmerte Mary, aber bevor Cat sie fragen konnte, was geschehen war, öffnete Mrs. Beit schon die Tür.
»Cat? Du bist spät … Na ja, egal, komm jetzt herein, ich muss mit dir reden.«
Sarah Beit trug ein hochgeschlossenes Seidenkleid und wirkte adrett wie immer, auf Cat machte sie trotzdem einen derangierten Eindruck. Da war
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