Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
erzählen – wohl wissend, dass Mrs. Robins und Mrs. Partridge die Nachricht in Windeseile unters Volk bringen würden. Er würde früh aufstehen müssen, um sie wenigstens Colonel Wakefield noch selbst überbringen zu können – nicht auszudenken, dass der stellvertretende Leiter der Company durch den Dorfklatsch vom Tod seines Bruders erfuhr!
»Bitte halten Sie mit der Sache noch zurück, bis ich Colonel Wakefield gesprochen habe«, bat er die Wirtin, wobei er sich natürlich darüber im Klaren war, dass sich die Ermahnung als gänzlich sinnlos erweisen würde. »Ich werde gleich morgen früh bei ihm vorsprechen. Aber was machen wir denn jetzt mit Miss Cat?« Etwas hilflos blickte er von der einen Frau zur anderen. »Ich hatte gehofft, Mr. Thompson könnte der jungen Lady zu einer angemessenen Stellung verhelfen, sie wird eine Beschäftigung brauchen.«
Christopher dachte gleich an eine Übersetzer- oder Beratertätigkeit. Natürlich war es ungewöhnlich, Frauen in solchen Positionen einzusetzen. Jemand, der Deutsch, Englisch und Maori sprach, musste in einer mehrsprachigen Kolonie wie dieser jedoch Gold wert sein. Selbst für den konservativsten Agenten der Siedlergemeinschaft!
»Miss Catherine weise ich jetzt zunächst ein Zimmer an!«, bestimmte Mrs. Robins. »Und wegen einer Stellung … also viele Familien gibt’s ja hier nicht, die Dienstboten beschäftigen. Schade, ich hätte ein Mädchen für die Zimmer brauchen können, nur habe ich jetzt schon eins von den deutschen Siedlertöchtern der Sankt Pauli . Spricht zwar kein Wort Englisch, aber fleißig ist es und anstellig … Vielleicht fragen Sie mal bei Familie Beit nach, Mr. Fenroy! Die brauchen ständig Personal.«
In ihrer Stimme schwang ein missbilligender Unterton mit, Christopher hakte jedoch nicht nach. Tatsächlich dankte er der Wirtin aufrichtig für den Vorschlag. Beit als Agent der New Zealand Company müsste Cats Qualitäten zu schätzen wissen, und sein Urteil würde nicht wie das des Colonels durch Trauer getrübt sein.
»Mr. Beit suchen wir dann auch morgen auf«, beschied er die Wirtin und informierte Cat mit ein paar Worten über dessen Funktion. »Und Mr. Tuckett wird sicher bald zurück sein – spätestens, sobald Gouverneur FitzRoy über die traurigen Entwicklungen in Kenntnis gesetzt wurde.«
Cat hätte nie geglaubt, dass irgendetwas so weich, wohlriechend und anschmiegsam sein konnte wie das Bett, die Daunendecke und die Kissen in dem Zimmer, in das Mrs. Robins sie anschließend führte. Sie hatte bei den Hemplemans zwar die Betten gemacht, aber nie in einem gelegen, und jetzt war sie ganz berauscht von der Wärme, dem Lavendelduft und der Bauschigkeit der Kissen. Das alles tröstete sie darüber hinweg, dass sie die nächtlichen Geräusche im Gemeinschaftshaus der Maori vermisste, in dem sie die letzten vielen Hundert Nächte verbracht hatte. Überhaupt fand sie sich in dieser ersten Nacht in Nelson zum allerersten Mal allein in einem geschlossenen Raum – keine stöhnenden und schnaufenden Freier wie damals im Verschlag ihrer Mutter, kein Schnarchen, Kichern und lautes Atmen wie im Schlafhaus der Ngati Toa. Die Stille machte sie zuerst nervös, bald begann sie jedoch, die Ruhe zu genießen. Am Morgen meinte sie, nie so gut geschlafen zu haben wie in dieser Nacht, und dann begrüßte Mrs. Robins sie auch noch mit einer Tasse Tee und frischen gebutterten Brötchen an ihrem Bett.
»Mr. Fenroy ist schon seit zwei Stunden auf!«, erklärte die Wirtin lebhaft, auch sie war schon lange auf den Beinen, wie sie gleich berichtete. »Kosten Sie die Brötchen, meine Liebe, ich bin heute früh extra beim Bäcker vorbeigegangen … Mr. Fenroy lässt Ihnen ausrichten, Sie möchten ausschlafen und in Ruhe frühstücken … Ich mache Ihnen gern Eier mit Schinken, ganz frisch vom Bauern und vom Fleischer, da war ich auch bereits … Und dann möchten Sie bitte auf den jungen Mann warten. Er wird Sie abholen, sobald er im Magistrat fertig ist. Ach, ich hoffe nur, dass es keinen Krieg gibt … Ein bisschen Angst hat man ja doch immer, so nah an den Lagern dieser Wilden … Was haben Sie denn da überhaupt gemacht, Miss Catherine? Waren Sie eine Gefangene? Hat man Sie …« Mrs. Robins ließ den Blick mit einem Ausdruck des Erschreckens und der Bereitschaft zum Abscheu über Cats schmalen Körper wandern. »Man ist Ihnen doch nicht etwa zu nahegetreten, Miss Catherine? Nicht auszudenken! Diese riesigen Kerle …«
Cat schüttelte den
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