Die Zeitstraße
Pommeroy nahm sich vor, diesen kleinen Unterschied im Augen zu behalten, wenn er mit seiner Expedition aufbrach. Dann schlief er ein. Er ruhte fünf Stunden ungestört. Danach betrieb er Hygiene mit einer Sorgfalt, als bereite er sich auf ein Rendezvous mit der Frau seines Herzens vor, und erschien schließlich in der kleinen Messe, um ein Frühstück einzunehmen. Inzwischen hatte sich die Nacht über die Welt Suzette gesenkt. Die erste Expedition war vor wenigen Stunden ohne sensationelle Funde zurückgekehrt. Sämtliche Chronometer an Bord der SUMMER QUEEN waren inzwischen auf Lokalzeit umgestellt worden. Der Tag hatte, das war selbst unter extremen Bedingungen so üblich, weiterhin vierundzwanzig Stunden, die Stunde sechzig Minuten und die Minute sechzig Sekunden. Nur waren die Längen der Zeiteinheiten im Verhältnis achtzehneinhalb zu vierundzwanzig geschrumpft. Es war jetzt kurz nach vier Uhr morgens. Der Landeplatz der SUMMER QUEEN lag etwa auf dem fünfunddreißigsten nördlichen Breitengrad des Planeten. Es war Sommer. Spätestens um fünf Uhr würde die Sonne aufgehen.
Zu Pommeroys Expedition gehörten außer ihm vier Mann: Jawrylacz, ein kleiner, dicker Mann von früher ununterdrückbarem Temperament, Gamecluq, ein stoischer Eskimo, der streng auf die Traditionen seines Volkes hielt, Sternberg, ein Australier etwa von derselben Statur wie Pommeroy, schweigsam und von allen Mannschaftsmitgliedern für Pommeroys Empfinden noch das angenehmste, und schließlich Cavalli, ein drahtiger, kleiner Italiener. Für die Expedition wurde ein achtsitziges Gleitboot benützt. Die freibleibenden Sitze wurden mit Proviant und allerlei Gerät vollgepackt.
Als das Boot aus dem weit geöffneten Hangar hinausglitt, schob sich im Osten der rote Glutball der Sonne über die Berge. Pommeroy ging sofort auf Südkurs. Mit hoher Geschwindigkeit schoß das Boot dem Rand der Hochebene entgegen. Nach ein paar Minuten sah Pommeroy sich um. Die schlanke Silhouette der SUMMER QUEEN war unter den Horizont getaucht. Es war ihm, als habe er einen Teil seiner Sicherheit verloren. Die Warnung vor drohender Gefahr stand mit einemmal klar und deutlich in seinem Bewußtsein.
Einige Zeit später erreichten sie den Rand des Dschungels. Kartographische Aufnahmen, die kurz vor der Landung der SUMMER QUEEN gemacht worden waren, wiesen die Tiefebene als eine über und über bewachsene, von unzähligen Flüssen und Flußarmen durchzogene, in der Hauptsache aus Flußinseln bestehende Landschaft aus. Es war kaum anzunehmen, daß dieses Gelände bei der späteren Besiedelung von Suzette eine Rolle spielen würde. Aber es mußte festgestellt werden, ob der Dschungel etwa Gefahren enthielt, die für die Siedler auf der günstiger gelegenen und gesünderen Hochebene bedrohlich werden konnten.
Ohl Pommeroy machte beim Überfliegen des Dschungelrandes einen breiten, träge dahinfließenden Urwaldstrom aus, dessen vielfach gewundenem Lauf er in allgemeiner Südwestrichtung folgte. Von Zeit zu Zeit stellte er Funkkontakt mit dem Raumschiff her und ließ einen seiner Begleiter über die Fortschritte der Expedition berichten. Schließlich, etwa achtzig Kilometer südwestlich des Punktes, an dem sie die Hochebene verlassen hatten, entdeckte Gamecluq, dessen Augen überall waren, am Ufer des Stromes eine langgestreckte, schmale Lichtung. Pommeroy entschloß sich, dort zu landen. Er ließ das Boot eine Zeitlang reglos wenige Meter über der Lichtung schweben, um mit dem Blick die Konsistenz des Bodens abzuschätzen. Erst als er sicher war, daß es sich nicht um Morast handelte, setzte er auf.
Es war nicht klar, was den Dschungel dazu bewegt hatte, ausgerechnet diesen schmalen Uferstreifen nicht ebenso mit Vegetation zu überziehen wie den Rest des Tieflands – bis Gamecluq zu rekognoszieren begann. Der Boden bestand aus einer Art Lehm, der unter der beträchtlichen Sonneneinstrahlung so hart wie Stein geworden war. Trotzdem fand der Eskimo untrügliche Spuren der Anwesenheit großer, vier- und sechsbeiniger Geschöpfe. Seiner Schätzung nach mußten sie wahre Ausgeburten der Hölle sein: bis zu zweitausend Kilogramm schwer – fünfhundert Kilogramm pro Abdruck schätzte er bei der besonders deutlich ausgeprägten Spur eines Vierbeiners – und über acht Meter lang. Pommeroy trug seinen Leuten auf, die Augen ständig offen und die Waffen bei der Hand zu halten.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem Dschungel selbst zu. Wie war es möglich, daß
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