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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Leinwand. »Es ist bald so weit. Sehr bald.«
    Der heilige römische Kaiser seufzte und setzte das Trommeln mit den Fingern fort. Der Künstler beschäftigte sich damit, Farben auf einer Palette zu mischen. Eine Ewigkeit verstrich; und der Kaiser war schon an dem Punkt angelangt, noch einmal zu fragen, wie viel länger er noch warten musste, bevor er aufstehen konnte, als es laut an der Zimmertür klopfte und der Audienzmeister erschien.
    »Vergebt mein Eindringen, Eure Majestät«, verkündete er. »Aber Herr Doktor Bazalgette bittet inständig um das Vergnügen Eurer Aufmerksamkeit.«
    »Es sei ihm gewährt«, erwiderte Rudolf. »Gebietet ihm, sofort einzutreten.«
    Der Höfling verbeugte sich und schritt rückwärts wieder hinaus. Anschließend geleitete er Balthasar Bazalgette, den Ersten Oberalchemisten des Kaisers, in den Raum. Bazalgette war ein korpulenter Mann mittleren Alters, der nicht nur die Wangen eines fetten Schweins besaß, sondern auch üppige Augenbrauen, die der Künstler sich wohl für eine Porträtarbeit gewünscht hätte. Zudem war er ein Mann von immenser Gelehrsamkeit und nicht geringer Großspurigkeit. Wenn man jedoch bereit war, das Letztere zu übersehen, fand man unter der voluminösen Samtrobe einen Mann von großem Fleiß, der mit vorbildlicher Aufrichtigkeit seiner Bestimmung nachging. Jedenfalls hätte es vielen religiösen Eiferern gut zu Gesicht gestanden, sich einer vergleichbaren Wahrheitsliebe zu befleißigen.
    »Bazalgette!«, rief Rudolf, der glücklich war, endlich die Warteschleife unterbrochen zu haben. »Kommt her zu Uns!«
    Der Erste Oberalchemist fegte in einem Sturm wallender Gewänder durch den Raum; in der Eile geriet sein hoher, mit Pelz verbrämter Hut in eine Schieflage. »Gute Neuigkeiten, Eure Majestät! Ich bringe Euch eine sehr ermutigende Nachricht. Wir haben bei der Herstellung des Elixiers der Weisen Erfolge zu vermelden. Unsere Experimente können nun ohne Verzögerung weitergeführt werden.«
    »Das ist wirklich eine gute Neuigkeit«, pflichtete Rudolf ihm bei. Er mochte alles, was versprach, die gefürchtete Verzögerung zu verringern - egal, um welche ihrer heimtückischen Formen es dabei ging. »Setzt Euch.« Er wies auf den in seiner Nähe stehenden Hocker des Malers. »Berichtet Uns alles darüber.«
    »Mit Freude, Majestät«, sagte der Alchemist und zog den Hocker noch näher an den Thron. »Wie Ihr Euch von unserer letzten Unterredung her entsinnen werdet, liegt die Hauptschwierigkeit bei der Herstellung von rotem Schwefel in der innewohnenden Instabilität der einzelnen Ingredienzien.«
    »Ja«, bestätigte Rudolf, »Wir entsinnen Uns recht gut dieser Unterredung.«
    »Allerdings liegt ein anderer Teil der Schwierigkeit in der Sicherstellung einer ausreichenden Quantität von verkoteter Erde, die benötigt wird, um das rechte Öl zu produzieren.«
    »Natürlich.« Rudolf nickte. Alchemie war eine komplizierte Angelegenheit. Er wunderte sich, dass überhaupt irgendjemand bei Verstand bleiben konnte angesichts solch einer gewaltigen, unerbittlichen und verzwickten Komplexität.
    »Durch eine glückliche Fügung des Zufalls«, berichtete Bazalgette mit zunehmender Erregung, »war mein Assistent - erinnert Ihr Euch an den jungen Rosenkreuz? - in diesem neuen Kaffeehaus am großen Platz. Und dort verschaffte er sich mit Geschick eine beträchtliche Menge von einer neuen und bis dato unbekannten Substanz - einer bitteren Erde, die Kaffeesatz genannt wird.«
    »In der Tat?« Die kaiserlichen Augenbrauen hoben sich leicht überrascht. »Wie äußerst unternehmenslustig von ihm.«
    »Er ist ein höchst tüchtiger Assistent«, lobte der Oberalchemist wohlwollend, wohl wissend, dass ein Großteil des Lobs auf ihn zurückfallen würde. »Wir haben bereits angefangen, mit der Substanz zu experimentieren, Majestät. Und obgleich eine vollständige Untersuchung einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bin ich erfreut, berichten zu können, dass die vorläufigen Ergebnisse äußerst vielversprechend zu sein scheinen.«
    »Wir haben von diesem Kaffee gehört«, sinnierte der Kaiser. Dann wandte er das Gesicht zur Tür hin und rief: »Ruprecht!«
    Die Tür öffnete sich augenblicklich, und der Audienzmeister erschien. »Majestät? Ihr habt gerufen?«
    »Wir haben von diesem Kaffee gehört, nicht wahr?«
    »Ich glaube schon, Majestät.«
    »Aber Wir haben nicht davon getrunken?«
    »Nein, Majestät. Bisher noch nicht.«
    »Bringt uns etwas davon!«, befahl Rudolf und

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