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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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im Takt der Pumpbewegungen seiner breiten Brust.
    Kendra öffnete den Reißverschluss ihres Mantels und tastete nach der Innentasche, wo sie das Horn verstaut hatte. Die Handschuhe nahmen ihren Fingern jegliches Gefühl, also zog sie einen aus. Kurz darauf hatte sie das glatte Horn ertastet.
    »Vorwärts«, ermutigte sie die anderen und stemmte sich gegen ihre Gefährten, um die letzten mühsamen Schritte auf das Tor zuzumachen. Da sie kein Schlüsselloch sah, berührte sie einfach mit der Spitze des Horns die Mitte des Tors. Das Metall leuchtete hell auf, und das Tor schwang lautlos auf. Mit zitternden Beinen zog sie die Gruppe durch die Öffnung.
    Auf der anderen Seite der Barriere brauchte Kendra nicht länger zu ziehen. Als die anderen die Augen öffneten, versammelten sie sich mit verwirrten Mienen um sie, als wären sie gerade aus einem Traum erwacht. Die Luft hatte ihre beißende Kälte verloren. Winzige Wildblumen blühten in dem hohen Gras. Kein Schnee lag hier auf den Bäumen und auf dem Boden, von einigen dürftigen Fleckchen im Schatten einmal abgesehen. Vor ihnen erhob sich eine graue Festungsmauer mit runden Türmen an den Ecken und einer hochgezogenen Zugbrücke in der Mitte, deren dunkle Bretter eisenbeschlagen waren. Die mit Zinnen versehene Mauer war vielleicht sieben Meter hoch, die Wachtürme noch einmal gut drei Meter höher. Keines der Gebäude hinter der Mauer ragte viel höher. Nirgendwo waren Wachposten zu sehen. Die Festung wirkte alt und düster und sah mehr nach einem verlassenen Kastell aus als nach einer bewohnten Burg. Hinter ihnen schloss sich klirrend das goldene Tor.
    »Willkommen in Wyrmroost«, murmelte Trask.
    Kendra fand die wuchtige, stille Festung beunruhigend. »Sollen wir anklopfen?«, fragte sie.
    Tanu kratzte sich am Kopf und starrte zu den gewaltigen Bergen empor. »Wie konnten wir die bloß übersehen?«
    Plötzlich ertönte aus der nächsten Baumgruppe ein Brüllen wie von tausend Löwen. Kendra zuckte zusammen und fuhr herum. Eine rotgoldene Kreatur schlängelte sich aus dem Hain, ihr langer Körper drehte und wand sich wie ein Band. Zwei Flügelpaare mit goldenen Federn fächerten auf und trugen den schlangenartigen Drachen zum Tor.
    »Bleibt ruhig«, ermahnte Gavin die anderen. »Weicht nicht zurück. Greift nicht nach euren Waffen. Stellt keinen Blickkontakt her.«
    Kendra blickte von dem Drachen weg und verfolgte sein Herannahen aus dem Augenwinkel. Die großen ausgebreiteten Flügel erzeugten einen brausenden Wind, als der Drache in ihrer Nähe herabsank. Lähmende Angst überkam Kendra, ein instinktives, überwältigendes Entsetzen. War es das gleiche Gefühl, das ein Kaninchen empfand, wenn es einen Habicht herabstoßen sah? Der Drache hatte einen Kopf wie ein riesiger Löwe, mit rotgoldenem Fell und einer blutroten Mähne. Acht Beinpaare trugen den geschuppten Körper, die großen Füße sahen aus wie eine Mischung aus Drachenklauen und Löwentatzen. Der Drache überragte Trask um das Anderthalbfache und war länger als zwei Schulbusse.
    »Besucher!«, schnurrte der Drache mit voller, interessierter Stimme. »Wir haben selten Besucher. Dies ist ein gefährlicher Ort. Ich sorge dafür, dass kein Unwürdiger Wyrmroost betritt. Ist irgendjemand von euch der Sprache mächtig?«
    »Ich kann mit dir reden, Mächtiger«, sagte Gavin.
    »Und mir in die Augen sehen. Beeindruckend. Was ist mit deinen Gefährten?«
    »Ich kann sprechen«, sagte Trask. »Wir suchen den Verwalter.«
    »Ich kann ebenfalls sprechen«, fügte Mara hinzu.
    Kendra zitterte. Sie bezweifelte, dass sie Arme oder Beine bewegen konnte, zwang aber ein paar Worte über ihre Lippen. »Genau wie ich.«
    Der Drache neigte seinen Löwenkopf. »Eine beeindruckende Gruppe von Menschen. Vier von sieben bewahren sich einen Hauch von Kontrolle. Einer beweist wahre Selbstbeherrschung. Wer kann sich bewegen?«
    Mara und Trask traten links und rechts neben Gavin hin, der den Drachen lässig grüßte. Kendra versuchte, das Gefühl der Lähmung in ihren Gliedern zu überwinden, scheiterte jedoch.
    Der Drache schüttelte den Kopf und plusterte seine zottelige Mähne auf. »Drei? Warum nicht auch die Vierte? Ich verstehe. Sie besitzt zwar eine seltsame Energie, ist aber keine wirkliche Drachenrednerin. Welches Anliegen führt euch nach Wyrmroost?«
    »Wir e-e-ersuchen um eine Audienz beim Verwalter«, sagte Gavin.
    »Meinetwegen«, erwiderte der Drache. »Ihr werdet Agad in der Feste Schwarzbrunnen finden. Ich bin

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