Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
Anblick einen freundlicheren Eindruck zu verleihen. An seinem anderen Ende zeigten sich mehrere hölzerne, an hohen Pfeilern prangende Richtungstafeln sowie ein einzelner, seine Nachbarschaft an Höhe weit überragender Mast. Dieser trug die Flagge des Reiches.
Das Banner hatte eine immense Fläche, deren Hintergrund hellblau war. Als Motiv wies es in weißen Stickereien das Wappen des Königreiches auf, nämlich die Umrisse eines Schildes mit einem darin enthaltenen, nach Osten fahrenden Schiff und der strahlenden Sonne darüber. Da es nahezu windstill war, bewegte sich das robuste, doch gleichermaßen feine Tuch nur leicht. Ein gutes Stück hinter dem Fahnenmast erhoben sich bereits die ersten Häuser, außerdem zweigten dort breite Straßen nach verschiedenen Richtungen hin ab.
Die drei lemurischen Soldaten führten ihre Begleiter von nun an ziemlich genau nach Süden, über eine ausgezeichnet ausgebaute, ausgedehnte Straße hinweg. Ein verschnörkeltes, steinernes Schild wies diese als Königsstraße aus.
Die Männer und der Zwerg waren mittlerweile wieder in die Sättel gestiegen und trabten bequem in zwei Reihen hintereinander her. Falmir schien derweil nicht zu erwägen, eine höhere Geschwindigkeit anzuschlagen, auch wenn die großzügigen Platzverhältnisse dies hergegeben hätten. Vielleicht wollte er seinen Gästen ermöglichen, sich ein wenig umzuschauen, denn es war noch früh genug an diesem Tag, sodass er wusste, dass es auf wenige Minuten Verzögerung sicherlich nicht ankam.
Die Reiter befanden sich nunmehr, da sie über die Königsstraße hinwegritten, zugleich auch auf der Hauptstraße der Stadt. Diese war überdies auch die am meisten frequentierte Strecke innerhalb der Mauern und zog sich auf einer Linie vom nördlichstem bis zum südlichstem Punkt der Siedlung hin. Unterbrochen wurde sie lediglich exakt in ihrer Mitte, nämlich durch ein Rundvon einigem Durchmesser, welches unter anderem das Machtzentrum der Stadt beherbergte. Dort befand sich nämlich der Luth Cirven, der Himmelsplatz, auf welchem sich der gewaltige Torindo Isa Nuafa weit über alle Dächer erhob. Jener Platz war schon seit langer Zeit befreit vom Pferde- und Wagenverkehr und unter Kheron zu einem stark bewachten Bereich geworden. Immerhin war er Fußgängern, bis auf einige Schritt Entfernung von den Turmmauern, wenigstens bis zum heutigen Tage zugänglich geblieben.
Jene Vorsichtsmaßnahmen hatten keineswegs schon immer bestanden, denn in den ersten Tagen nach der Fertigstellung des eindrucksvollen Bauwerks verfügte Methoss der Navigator, der erste König des Reiches, dass der Wolkenturm ein Ort des Volkes sein und jeder Bürger von Lemuria dort zu jeder Zeit willkommen sein sollte. Die Pforten blieben daher Tag und Nacht geöffnet, und die wenigen Wachen dienten größtenteils dem Zweck, den Besuchern den Weg zu weisen und deren stetigen Strom in geordnete Bahnen zu lenken.
Zahlreiche Stockwerke waren damals den einfachen Menschen zum freien Zugang vorenthalten, um sich an die Brüstungen der Balkone oder die Simse der stattlichen Fensteröffnungen zu lehnen und ihre Blicke über die weite Ausdehnung des Landes schweifen zu lassen. Jener malerische Ausblick reichte etwa nach Süden, wo sich die meisten weiteren Siedlungen des noch jungen Landes befanden, oder nach Osten, wo sich noch wenig erschlossene Gebiete vor der unübersehbaren, weißgrauen Silhouette des Milmondo Mirnors ausdehnten. Oder aber nach Westen, dem endlosen Onda Marën entgegen, wo irgendwo hinter den Wellen der Ursprung der Rassen der Menschen, Elben und Orks lag. Auf jeden Fall wussten die damaligen Einwohner Pír Cirvens das Privileg jener unvergleichlichen Aussicht sehr zu schätzen und machten dankbaren und reichlichen Gebrauch davon.
Im Laufe der Zeit aber versiegte die Euphorie der goldenen Anfangszeit der Menschen Arthiliens, welche nach dem Sieg über die Oger geherrscht hatte und endete spätestens mit dem Tod Augurs und den damit einhergehenden Wirren. Im Übrigen war der Zusammenhalt der menschlichen Art mit dem Fortgehen Therons und der Gründung Rhodrims zuvor bereits auf eine erste Probe gestellt worden. Im Zuge dieses Umbruchs, in dessen Verlauf man schließlich das Haupt Orons der Alten krönte, ebbte das Interesse des Volkes an musischen, zeitraubenden Stunden innerhalb des Turmes ab. Gleichzeitig bemühten sich die neuen Herrschenden, ihre Monarchie zu festigen, wozu sie unter anderem den Torindo Isa Nuafa zum ausschließlichen
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