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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Große Schmutzklappen mit Chrombuchstaben: FUN TRUCK. Die Heckstoßstange ist mit rechteckigen, runden und dreieckigen Aufklebern geschmückt: Andenken an Besuche im Yosemite National Park, Yellowstone, beim jährlichen Calgary Rodeo, Las Vegas, Boulder Dam und anderen Touristenattraktionen. Parallele grüne und schwarze Zierstreifen verlaufen an der Seite entlang, unterbrochen von zwei verspiegelten Fenstern.
    Vielleicht ist der Kleinbus nur das, was er zu sein scheint, aber er ist auf den ersten Blick davon überzeugt, daß es sich um einen Beobachtungsposten handelt. Zunächst einmal ist der Bus überdeutlich auf Freizeit getrimmt, zu grell. Aufgrund seiner Ausbildung in Beobachtungstechniken weiß er, daß die Harmlosigkeit solcher Fahrzeuge manchmal gerade dadurch deutlich gemacht werden soll, daß man die Aufmerksamkeit darauf lenkt, da die potentiellen Opfer einer Überwachung davon ausgehen, ein Überwachungsfahrzeug wäre diskret; sie können sich nicht vorstellen, daß sie beispielsweise aus einem Zirkuswagen beobachtet werden könnten. Dann sind da die verspiegelten Fenster auf der Seite, durch die die Leute im Inneren sehen können, ohne selbst gesehen zu werden, eine Abgeschiedenheit, die ein Urlauber vielleicht vorzieht, die aber auch für verdeckte Operationen ideal wäre.
    Er bremst nicht, als er sich dem Haus seiner Eltern nähert, und er bemüht sich, weder dem Viertel noch dem apfelfarbenen Kleinbus besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Er kratzt sich mit der rechten Hand an der Stirn und schafft es so, auch sein Gesicht zu verbergen, als er an den verspiegelten Fenstern vorbeifährt.
    Die Insassen des Kleinbusses, wenn es welche gibt, müssen Angestellte der unbekannten Leute sein, die ihn bis Kansas City so schamlos manipuliert haben. Sie sind eine Verbindung zu seinem geheimnisvollen Vorgesetzten. Für sie interessiert er sich ebensosehr wie dafür, wieder Kontakt mit seinen geliebten Eltern herzustellen.
    Zwei Blocks weiter biegt er an einer Ecke nach rechts ab und fährt zurück zu einem Einkaufszentrum in der Nähe des Ortskerns, wo er zuvor an einem Sportartikelgeschäft vorbeigefahren ist. Da er keine Schußwaffe besitzt und ohnehin keine mit einem Schalldämpfer kaufen kann, braucht er ein paar einfache Waffen.
    Um 14:20 Uhr läutete das Telefon im Motelzimmer.
    Oslett zog die Sonnenbrille auf, sprang vom Bett und ging zur Tür des Wohnzimmers.
    Spicer nahm den Hörer ab, murmelte ein Wort, das »gut« gewesen sein könnte, und legte auf. Er drehte sich zu Oslett um und sagte: »Jim und Alice Stillwater sind gerade vom Essen nach Hause gekommen.«
    »Hoffen wir, daß Marty sie jetzt anruft.«
    »Das wird er«, sagte Spicer zuversichtlich.
    Clocker, der endlich von seinem Buch aufschaute, sagte: »Da wir gerade vom Essen sprechen, wir sind überfällig.«
    »Der Kühlschrank in der Küche ist vollgestopft mit Sachen aus dem Imbiß«, sagte Spicer. »Kalte Platten, Kartoffelsalat, Nudelsalat, Käsekuchen. Wir werden schon nicht verhungern.«
    »Für mich nichts«, sagte Oslett. Er war zu aufgeregt, um zu essen.
    Als er wieder in das Viertel zurückkehrt, in dem seine Eltern leben, ist es 14:45 Uhr, eine halbe Stunde nach seinem Aufbruch. Er ist sich deutlich bewußt, wie die Zeit verrinnt. Der falsche Vater, Paige und die Kinder könnten jeden Augenblick eintreffen. Selbst wenn sie nach Red Mountain noch einmal eine Pause gemacht haben, um auf die Toilette zu gehen, oder nicht mehr so schnell gefahren sind wie auf dem Streckenabschnitt, als er ihnen gefolgt ist, müßten sie in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Minuten eintreffen.
    Er möchte unbedingt seine Eltern sehen, bevor der Betrüger an sie herankommt. Er muß sie in das einweihen, was geschehen ist, und sich ihrer Hilfe bei dem Kampf versichern, seine Frau und seine Töchter zurückzubekommen. Es stimmt ihn unbehaglich, daß der falsche Vater zuerst bei ihnen sein könnte. Wenn die Kreatur Paige, Charlotte und Emily so gründlich täuschen konnte, besteht vielleicht eine winzige Chance, daß er Mom und Dad ebenfalls auf seine Seite ziehen kann.
    Als er um die Ecke des Blocks biegt, wo er seine vergessene Kindheit verbracht hat, fährt er nicht mehr den Camry, den er in der Morgendämmerung in Laguna Hills gestohlen hat. Er sitzt im Lieferwagen eines Floristen, eine glückliche Neuerwerbung, die er sich mit Gewalt genommen hat, nachdem er das Sportartikelgeschäft verlassen hatte.
    Er hat in einer halben Stunde viel erreicht.

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