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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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fünf Jahren prozessiert.
    Manche Wunschträume konnten zerstörerisch sein.
    Der Maschendrahtzaun, der von Stacheldraht gekrönt wurde, war an manchen Stellen niedergetrampelt. In der Ferne konnte man den Kirchturm hoch über den Bäumen aufragen sehen. Darunter lagen die schrägen Dächer eines Gebäudekomplexes, in dem die Gläubigen geschlafen, Mahlzeiten eingenommen und darauf gewartet hatten, daß die rechte Hand des allmächtigen Gottes sie in den Himmel hob. Der Kirchturm war unberührt geblieben. Aber an den Gebäuden darunter fehlten Türen und Fenster, sie boten Ratten und Opossums und Waschbären Unterschlupf, waren ihrer Pracht beraubt und vom Verfall gezeichnet. Manchmal waren die Vandalen Menschen gewesen. Aber Wind und Eis und Schnee hatten den größten Teil der Verwüstungen angerichtet, als hätte Gott durch das Wetter, das seinem Willen gehorchte, ein Gericht über die Kirche der Verklärung gebracht, das Er über den Rest der Menschheit noch nicht bringen wollte.
    Die Blockhütte lag ebenfalls rechts der schmalen Landstraße, das nächste Grundstück nach dem riesigen Gelände der zerfallenen Sekte. Sie stand hundert Meter von der Straße entfernt am Ende eines ausgefahrenen Wegs und unterschied sich kaum von vielen ähnlichen Ferienhäusern, die in den umliegenden Bergen standen, die meisten auf einem Morgen Land oder mehr. Es handelte sich um ein eingeschossiges Gebäude mit verwitterten Zederndielen, einem Schieferdach, einer abgeschirmten Veranda und einem Fundament aus Flußkieseln. Im Lauf der Jahre hatten seine Eltern an das ursprüngliche Haus angebaut, so daß es nun zwei Schlafzimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer und zwei Bäder enthielt.
    Sie parkten vor der Hütte und stiegen aus dem BMW aus. Die umliegenden Fichten, Riesenkiefern und Goldkiefern waren uralt und riesig, und ihr süßer Duft erfüllte die Luft. Trockene Nadeln und Kiefernzapfen lagen auf dem ganzen Gelände verstreut. Schnee konnte nur zwischen den Bäumen und durch vereinzelte Lücken des verflochtenen Zweigdachs auf den Boden fallen.
    Marty ging zum Holzschuppen hinter der Blockhütte. Die Tür war mit einer Öse und einem Bolzen verschlossen. Drinnen, rechts vom Eingang, war ein Ersatzschlüssel in einem Plastikbeutel dicht an der Wand einen halben Zentimeter unter dem Boden versteckt.
    Als Marty zur vorderen Veranda zurückkehrte, umkreiste Emily gerade einen der hohen Bäume in geduckter Haltung und untersuchte die Zapfen, die von ihm heruntergefallen waren. Charlotte vollführte einen ausgelassenen Tanz zwischen den Bäumen, wo Schnee wie Scheinwerferlicht auf eine Bühne zwischen den Bäumen hindurchfiel.
    »Ich bin die Schneekönigin!« verkündete Charlotte atemlos, während sie hochsprang und sich in der Luft drehte. »Ich habe Macht über den Winter! Ich kann dem Schnee befehlen zu fallen! Ich kann die Welt weiß und glänzend und wunderschön machen!«
    Als Emily einen Armvoll Zapfen aufhob, sagte Paige: »Liebling, die bringst du aber nicht mit ins Haus.«
    »Ich mache ein Kunstwerk daraus.«
    »Sie sind schmutzig.«
    »Sie sind wunderschön.«
    »Sie sind wunderschön und schmutzig«, sagte Paige.
    »Dann mache ich das Kunstwerk hier draußen.«
    »Schnee, falle! Schnee, wehe! Schnee, wirble und kreise und treibe deinen Schabernack!« befahl die tanzende Schneekönigin, während Marty die Holztreppe hinaufging und die Tür auf der Veranda öffnete.
    Heute morgen hatten die Mädchen Jeans und Wollpullover angezogen, damit sie für die Sierra gewappnet waren, und dazu trugen sie gefütterte Nylonjacken und Handschuhe. Sie wollten draußen bleiben und spielen. Aber selbst wenn sie Stiefel dabeigehabt hätten, wäre das Grundstück eine verbotene Zone für sie gewesen. Dieses Mal war die Blockhütte kein Feriendomizil, sondern eine Zuflucht, die sie vielleicht in eine Festung verwandeln mußten, und in den umliegenden Wäldern konnte sich etwas weitaus Gefährlicheres als Wölfe aufhalten.
    Im Inneren der Hütte herrschte ein leicht staubiger Geruch. Sie machte sogar einen kälteren Eindruck als der verschneite Tag außerhalb ihrer Wände.
    Im Kamin stapelte sich Holz, zusätzliches Brennholz war neben dem breiten, tiefen Herd aufgeschichtet worden. Später würden sie Feuer machen. Damit die Hütte möglichst schnell warm wurde, ging Paige von Zimmer zu Zimmer und schaltete die elektrischen Heizlüfter in den Wänden ein.
    Marty, der an einem der Fenster nach vorne stand und durch die überbaute Veranda den

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