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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Feldweg entlang zur Landstraße sah, nahm das Funktelefon zur Hand, das er vom Auto mit her eingebracht hatte, und versuchte wieder, seine Eltern in Mammoth Lakes anzurufen.
    »Daddy«, sagte Charlotte, als er die Nummer wählte, »mir ist gerade eingefallen, wer soll Sheldon und Bob und Fred und die anderen Jungs zu Hause füttern, wenn wir nicht da sind?«
    »Ich habe schon mit Mrs. Sanchez vereinbart, daß sie sich darum kümmert«, log er, denn er hatte noch nicht den Mut gefunden, ihr zu sagen, daß ihre sämtlichen Haustiere tot waren.
    »Oh, okay. Ein Glück, daß es nicht Mrs. Sanchez war, die total Amok gelaufen ist.«
    »Wen rufst du an, Daddy?« fragte Emily, als es am anderen Ende der Leitung zum ersten Mal geläutet hatte.
    »Großvater und Großmutter.«
    »Sag ihnen, daß ich ihnen eine Skulptur aus Kiefernzapfen mache.«
    »Mann«, sagte Charlotte, »da werden sie ja richtig kotzen vor Freude.«
    Das Telefon läutete zum dritten Mal.
    »Meine Kunstwerke gefallen ihnen«, beharrte Emily.
    Charlotte sagte: »Müssen sie ja – schließlich sind sie ja deine Großeltern.«
    Viertes Läuten.
    »Ja, klar, und du bist auch nicht die Schneekönigin«, sagte Emily.
    »Bin ich doch.«
    Fünf.
    »Nein, du bist der Schneetroll.«
    »Du bist die Schneekröte«, konterte Charlotte.
    Sechs.
    »Schneewurm.«
    »Schneemade.«
    »Schneerotz.«
    »Schneekotze.«
    Marty warf ihnen einen warnenden Blick zu, was dem Schimpfwortewettbewerb ein jähes Ende bereitete, obwohl sie einander noch die Zungen herausstreckten.
    Nach dem siebten Läuten legte er den Finger auf den ENDE-Knopf. Aber bevor er ihn drücken konnte, wurde die Verbindung hergestellt.
    Wer auch immer den Hörer abnahm, er sagte nichts.
    »Hallo?« sagte Marty. »Mom? Dad?«
    Der Mann am anderen Ende schaffte es, sich traurig und wütend zugleich anzuhören, als er sagte: »Wie hast du sie täuschen können?«
    Marty war zumute, als hätte sich Eis in seinen Adern und Knochen gebildet, aber nicht nur wegen der Kälte in der Blockhütte, sondern weil die Stimme am anderen Ende eine perfekte Kopie seiner eigenen war.
    »Warum lieben sie dich mehr als mich?« wollte der Andere mit vor Emotionen zitternder Stimme wissen.
    Ein Mantel des Grauens senkte sich über Marty, und das Gefühl des Unwirklichen war so desorientierend wie in einem Alptraum. Er schien wach zu träumen.
    Er sagte: »Rühr sie nicht an, du Dreckskerl. Wage nicht, ihnen auch nur ein Haar zu krümmen.«
    »Sie haben mich verraten.«
    »Ich will mit meiner Mutter und meinem Vater sprechen«, verlangte Marty.
    » Meiner Mutter und meinem Vater«, sagte der Andere.
    »Hol sie ans Telefon.«
    »Damit du ihnen noch mehr Lügen erzählen kannst?«
    »Hol sie sofort ans Telefon«, stieß Marty zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Sie können sich deine Lügen nicht mehr anhören.«
    »Was hast du getan?«
    »Sie werden dir nie mehr zuhören.«
    »Was hast du getan?«
    »Sie wollten mir nicht geben, was ich brauchte.«
    Als er endlich begriff, wurde sein Grauen zu Trauer. Einen Augenblick konnte Marty nicht sprechen.
    Der Andere sagte: »Alles, was ich brauchte, war Liebe.«
    »Was hast du getan?« brüllte er. »Wer bist du, was bist du, verdammt, was bist du, was hast du getan? «
    Der Andere schenkte der Frage keine Beachtung, sondern beantwortete sie mit Gegenfragen: »Hast du Paige gegen mich aufgehetzt? Meine Paige, meine Charlotte, meine süße kleine Emily? Besteht noch Hoffnung, daß ich sie zurückbekomme, oder muß ich sie auch töten?« Die Stimme brach vor Gefühlsaufwallungen. »O Gott, fließt überhaupt noch Blut in ihren Adern, sind sie noch Menschen, oder hast du sie in etwas anderes verwandelt?«
    Marty wurde klar, daß sie kein Gespräch führen konnten. Es war Wahnsinn, es auch nur zu versuchen. Sosehr sie sich auch ähnlich sehen und sich ähnlich anhören mochten, sie besaßen überhaupt keine Gemeinsamkeiten. Sie unterschieden sich in grundlegenden Aspekten so sehr, als wären sie Angehörige unterschiedlicher Rassen.
    Marty drückte den ENDE-Knopf.
    Seine Hände zitterten so sehr, daß er das Telefon fallen ließ.
    Als er sich vom Fenster umdrehte, sah er, daß die Mädchen nebeneinander standen und sich an den Händen hielten. Sie sahen blaß und ängstlich zu ihm auf.
    Sein lauter Tonfall am Telefon hatte Paige aufmerksam gemacht, die in einem der Schlafzimmer die elektrische Heizung eingeschaltet hatte.
    Bilder der Gesichter seiner Eltern und kostbare Erinnerungen

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