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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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also Mama und mein richtiger Papa und mein richtiger Bruder, also nicht du, sondern Ryan, und wir noch in Südafrika gelebt haben, da, da, da, also, da …«
    »Alles gut, Daniel. Entspann dich.«
    »… da hat mich Mama morgens zur Schule gebracht, hat mir einen Kuss gegeben und mir gesagt, wie lieb sie mich hat, und dann bin ich nach der Schule nach Hause gekommen, und sie war nicht mehr da. Sie ist einfach gegangen, ohne mich mitzunehmen. Und jetzt musste ich daran denken, also, dass das wieder passiert. Drei Jahre war ich ohne meine Mama. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Nein, das kann ich nicht«, sagte Lars.
    »Und eben, als Mama gegangen war, musste ich an diese Zeit zurückdenken.«
    »Dass sie morgen vielleicht nicht wiederkommen würde?«
    »Ja.«
    »Da musst du dir keine Sorgen machen. Deine Mama wird da sein. Ehrenwort.«
    »Das hat Mama auch gesagt.«
    »Na, siehst du.«
    »Okay.«
    Ich hatte mich wieder gefangen. Josi lag neben mir, Lars’ Stimme in meinem Ohr, und die Albträume konnten mir mal gewaltig den Buckel runterrutschen. Warum ich? Warum ausgerechnet ich? Als ich im Krankenwagen lag, und wir auf dem Weg ins Todeshaus waren, stellte ich mir diese Frage zum ersten Mal. Ich weiß nicht wieso, weil ich mich das vorher noch nie gefragt hatte. Es schwirrte plötzlich in meinem Kopf herum. Ich erzählte Lars davon, und er meinte, dass sich jeder diese Frage irgendwann stellt. Und dass es keine Rolle spielen würde, ob es einem wirklich schlecht ginge, so wie mir, oder nur ein bisschen, so wie den meisten anderen Menschen auf der Welt. Auf diese Frage wüsste nur der liebe Gott die passende Antwort, weswegen ich mir keine weiteren Gedanken machen sollte. Machte ich auch nicht. Ich dachte jetzt an nackte Brüste.
    »Bruder, nächste Woche gehen wir saufen. In einem Club. Wo richtige Weiber sind.«
    Lars verschluckte sich fast an seinem Wasser und fing so laut an zu lachen, dass ich mitlachen musste. Aber dann sagte ich, dass er damit aufhören solle.
    »Ich meine das ernst«, protestierte ich.
    »Ich weiß«, hustete Lars. Seine Stimme war ganz heiser. Er klang wie ein alter, kaputter Roboter.
    »Fuck, mir kommt Wasser aus der Nase.«
    »Bähhh, is’ ja eklig.«
    Ich hörte, wie Lars sich die Nase putzte.
    »Erinnerst du dich, was das letzte Mal passiert ist, als du nur drei winzige Schlucke Alkohol aus meinem Glühwein genommen hast?«
    Und wie ich mich erinnerte. Das war so cool. Schmeckte zwar voll eklig, aber das Gefühl war richtig geil. Ich grinste vor mich hin. Mein linker Arm schmerzte von dem Zugang, den mir die junge Krankenschwester gelegt hatte, aber die Gedanken an Alkohol und sexy Mädels konnte es gerade so überdecken.
    »Weißt du, was passiert ist?«, fragte Lars wieder.
    Ich antwortete nicht und schaute auf den Fernseher.
    »Du hast Bauchschmerzen bekommen, Herzstiche, hingst kotzend über’m Waschbecken, und ich musste deine Mutter anrufen, weil du wie ein Geist aussahst. Okay, sagen wir, wie ein Babygeist. Hahaha.«
    »Sehr witzig.«
    »Du bist echt einmalig. Manchmal verhältst du dich wie ein kleines Baby, flennst wie ein Wasserfall und fünf Minuten später denkst du an Alkohol und Titten.«
    »Ja.«
    Lars lachte. Ich auch, aber nicht so laut wie er. Wir hatten beide unsere Handylautsprecher an, weswegen unsere Stimmen durcheinander geworfen wurden.
    »Checkst du das eigentlich?«
    »Was?«, fragte ich.
    »Dass du manchmal so megamäßige Sprünge in deinem Verhalten machst. Ich finde das ja superlustig, aber wenn ich dich nicht kennen würde, na ja, würde ich glauben, du wolltest uns alle nur verarschen.«
    »Echt?«
    »Ja, Bruderherzchenschmerzchen. Kannst du dich noch erinnern, wie du vor zehn Minuten warst? Du hast nach deiner Mama gejault, wie ein Hundewelpe.«
    »Ja, ja, aber ist doch egal. Kann mich auch gar nicht mehr erinnern.«
    »Als ob’s nie passiert wäre, hmm?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Siehst du, und schon wieder könnte man glauben, du spielst hier dein kleines Spielchen mit uns.«
    »Keine Ahnung, was du meinst.«
    »Ach du, schlaf jetzt. Schlafen ist gut für dich. Und wenn was ist, wenn du wieder Angst bekommst, rufst du mich an, okay?«
    »Okay.«
    »Und noch was, mein Kleiner. Auch wenn ich gerade nicht bei dir sein kann, ich denke immer an dich.«
    »Ich auch an dich.«
    Dann legte ich auf.
    Mama hatte versprochen, um zehn Uhr bei mir zu sein. Bis dahin gab es nur mich (und Josi) und das Todeshaus. Heute bekommst du mich nicht, dachte ich und ballte

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