Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
verlassen.“
Aber einstweilen hielten wir tapfer weiter durch, zogen durchs ländliche Victoria, ohne dass es allzu viel neuen Ärger gab, und spielten schließlich am 15. Januar in der Festival Hall in Melbourne. Von den Zuschauerzahlen waren wir ein wenig enttäuscht; zwar war eine respektable Zahl von Karten umgesetzt worden, aber das Konzert war nicht annähernd ausverkauft, was uns (und den Promotern Gudinski/Evans sicherlich auch) wesentlich lieber gewesen wäre. Die allgemeine Erklärung dafür lautete, dass die negative Presse sich allmählich bemerkbar machte. Das war immerhin möglich, wobei ich eher davon ausging, dass die Band nun doch allmählich ihre Teenybopper-Fans verlor. Ein paar Wochen sind in der Musikindustrie schließlich eine lange Zeit.
Trotzdem war das Konzert großartig, die Band rockte richtig ab, aber mir fiel trotzdem auf, dass sich die Atmosphäre seit der Weihnachtspause spürbar verändert hatte. Das führte ich zunächst auf den Ärger mit der Presse zurück, und außerdem hatten wir Stress mit ATCO, unserem Label in den USA, das die Veröffentlichung von Dirty Deeds ausgesetzt hatte. Jedenfalls wehte insgesamt ein etwas kühlerer Wind.
Um uns ein bisschen auf andere Gedanken zu bringen, beschlossen wir daher, nach dem Konzert in unserem Hotel, dem Noah’s auf der Exhibition Street mitten in der Stadt, noch ein bisschen was loszumachen. Es wurde ordentlich gesoffen, und ein paar nette Bekannte sorgten zudem dafür, dass es auch nicht an anderen Partyfreuden mangelte. Aber der Abend war vor allem deshalb erinnerungswürdig, weil es das dritte Mal war, dass ich Angus Alkohol trinken sah. Wie sich denken lässt, mit recht dramatischen Auswirkungen. Für kurze Zeit war er der Mittelpunkt der Party, komplett mit Tanz- und Gesangseinlagen, dann wurde er plötzlich stiller, philosophisch und grüblerisch.
Irgendwann setzte er sich zu mir und war überraschend interessiert daran, wie es für mich war, wieder einmal in meiner Heimatstadt zu sein. Er nahm mir das Versprechen ab, so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie zu verbringen, solange wir in Melbourne waren. Ich freute mich, dass wir ein so persönliches Gespräch führten, und ich erinnere mich noch, dass ich damals sagte: „Du solltest öfter mal was trinken, Angus.“ Seine plötzliche Warmherzigkeit tat mir gut, und offenbar gefiel ihm meine Bemerkung. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, bis die Party allmählich an Schwung verlor und wir beschlossen, das Lokal zu wechseln.
Als ich gerade gehen wollte, nahm Angus mich noch einmal beiseite.
„Mal findet es nicht so gut, wie du die Sachen anpackst“, sagte er. „Ich hab’ kein Problem damit, aber du solltest mal mit Mal drüber sprechen.“
Angus war zwar ganz sicher nicht mehr nüchtern, aber ich hatte das Gefühl, dass er es ehrlich meinte. Ich verließ das Hotel mit einem mulmigen Gefühl. Er hatte mich ziemlich ins Grübeln gebracht.
Am nächsten Morgen rief ich Mal an und fragte, ob wir uns in einem Restaurant auf der anderen Seite der Exhibition Street zum Mittagessen treffen könnten.
„Mal, hast du ein Problem mit mir?“, fragte ich ihn dort geradeheraus.
„Ich doch nicht“, antwortete er. „Das behauptet nur Angus.“
Das brachte mich dann doch zu der Überzeugung, dass Angus mich verarschen wollte, und dass Mal so ehrlich zu mir war, wie ich das von ihm eigentlich auch erwartete. Wie ich allerdings schon bald feststellen sollte, verarschte Mal mich auch. Ich hätte gern die Wahrheit erfahren, aber entweder passte den Youngs das nicht in den Kram, oder aber Malcolm hatte nicht den Mut, offen zu mir zu sein. Wenn ich heute an dieses Treffen denke, bin ich noch immer enttäuscht. Für mich war das ein Wendepunkt, auch wenn mir das damals noch nicht klar war. Meine Tage in der Band waren gezählt, aber ich war zu blöd, um das zu merken, und ich schluckte Malcolms Erklärungen zusammen mit den sehr mittelmäßigen Spaghetti Bolognese. Als ich das Restaurant verließ, war ich überzeugt, dass Angus mich hatte für dumm verkaufen wollen. Schon bald sollte die Zukunft zeigen, dass mich beide Youngs zum Besten hielten.
Bevor wir wieder nach Sydney flogen, stand noch ein Konzert im Bundesstaat Victoria an, in Moe, westlich von Melbourne, in der Region Gippsland. Ich erinnere mich vor allem an das Publikum, oder, besser gesagt, an dessen Reaktion. Es gab nämlich keine. Und wenn ich keine sage, dann meine ich keine. Null. Nicht ein Hüsteln zwischen
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