Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
dann einen Tag später wieder auf, war morgens als erster wieder vor Ort, plauderte gut gelaunt mit den Büromädels und kochte Tee. Nun, er war eben ein total charmanter Kerl, den man einfach gern haben musste, auch wenn er es faustdick hinter den Ohren hatte. Und obwohl wir ihn ständig löcherten, verriet er uns nicht, was er getrieben hatte. Bons guter Kumpel Pat Pickett hatte einen Spruch, der Bon perfekt charakterisierte: „Der kann sich winden wie eine ganze Dose Würmer.“
Die Backing Tracks wurden in der ersten Woche fertiggestellt, sodass wir uns in der zweiten auf die Gitarrensoli konzentrieren konnten – Angus’ liebste Aufgabe, wie man sich denken kann. Außerdem nahmen wir den Lead- und Begleitgesang in Angriff, und das lief nun anders als bei High Voltage , denn da war der Zeitplan offenbar noch knapper gewesen, und George und Harry hatten deshalb die Backing Vocals eingesungen. Das übernahmen nun Mal und Phil, und es war Angus, der die ersten „oi, oi“-Schlachtrufe bei „TNT“ schmetterte, bevor wir anderen einsetzten.
Nachdem wir die Aufnahmen abgeschlossen hatten, ergänzten George und Harry die Tracks noch um ein paar weitere Elemente wie Percussion und kümmerten sich dann um die Abmischung. Für die eigentliche Musik hatten wir ganze zwei Wochen Zeit gehabt. Heute klingt das abenteuerlich, aber in den Siebzigern war das noch Standard. Und dem Album TNT tat der Druck vermutlich sogar gut.
Zu den großartigen Songs auf dieser Platte zählt „It’s A Long Way To The Top (If You Wanna Rock’n’Roll)“, das zu einem Meilenstein für die Band wurde. Es ist schlicht eine herausragende Aufnahme, die mich jedes Mal wieder mitreißt, angefangen mit Mals genialem Gitarrenintro, das mit den ganz großen Riffs aller Zeiten mithalten kann, sei es nun „Jumpin’ Jack Flash“ von den Stones, „My Generation“ von The Who oder „You Really Got Me“ von den Kinks. Es ist ein Kracher, und Mals Stil beeinflusste viele andere Bands – das haben mir viele Gitarristen selbst erzählt.
Wieder war es George, der an der Entstehung dieses Titels entscheidend beteiligt war. Die Anfänge lagen in ein paar Ideen, die sich aus einer frühen Session ergeben hatten. Allmählich schälte sich eine Melodie heraus, und George, der am Mischpult saß, drückte geistesgegenwärtig im richtigen Moment auf den Aufnahmeknopf. Der einzige Take, der dabei entstand, wurde später zurechtgeschnitten. Das sogenannte Editieren war damals, als noch alles analog auf Zwei-Zoll-Bänder aufgenommen wurde, eine echte Kunstform. George verlieh dem Titel durch seinen Schnitt die endgültige Struktur; ich sah ihm dabei zu, wie er vor der 24-Spur-Bandmaschine von Studer stand, die Spulen mit den Händen sanft hin und her bewegte, um die richtige Stelle zu finden, das Band mit einer Klinge durchtrennte und sich die überflüssigen Zentimeter um den Hals legte. Er ging vor wie ein Schneider, der ein maßgefertigtes Produkt anpasste.
Eines Tages kamen Phil und ich ein wenig früher ins Studio, und George spielte uns vor, was er über Nacht neu zusammengebaut hatte; wir sollten ihm sagen, inwiefern es sich von der Fassung vom Vortag unterschied. Wir hatten keine Ahnung, wir fanden nichts. Der Track war ohne erkennbare Schnittstelle, und auf mich wirkte er, als hätte er schon immer so geklungen. Bis heute höre ich die Schnitte nicht. Aber ich merkte, dass der Song einen großartigen Groove hatte, und ich hörte auch Kleinigkeiten wie ein schepperndes Becken im zweiten Refrain, das da eigentlich nicht hingehörte – und natürlich immer noch drin ist. Aber mit solchen Kleinigkeiten musste man leben. Oder hätte man vielleicht einen großartigen Track wegen eines falschen Beckenschlags verwerfen sollen? Das wäre doch Quatsch gewesen.
Ein weiteres interessantes Element in „It’s A Long Way“ war der Einsatz der Dudelsäcke. Als die Idee aufkam, behauptete Bon, er sei genau der Richtige, um das zu übernehmen, denn schließlich hatte er früher einmal in einer Dudelsack-Kapelle gespielt. Dabei vergaß er allerdings eine klitzekleine Kleinigkeit zu erwähnen, nämlich, dass er zwar tatsächlich zusammen mit seinem Vater Chick zur Dudelsack-Gruppe seiner Heimatstadt Fremantle gehört hatte, zu den so genannten Coastal Scots, allerdings kein Dudelsackbläser, sondern Trommler gewesen war. Was sich dann doch als kleines Problem erweisen sollte.
Wir holten uns die Einwilligung von Fifa Riccobono, die wie immer als Vermittlerin
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