Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
aber bitte ohne Parmesan, sonst wurde er sauer. Angus und seine SG waren unzertrennlich. Er übte jeden Tag mehrere Stunden: Er saß dann einfach auf seinem Bett, die Gitarre war nicht einmal an einem Verstärker angeschlossen, und nudelte vor sich hin, wobei er mit dem Fuß aufstampfte, um beim längsten Gitarrensolo der Welt nicht aus dem Takt zu kommen. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, kann ich mich nicht daran erinnern, dass Angus etwas anderes als Soli spielte, wenn er in seinem Zimmer übte. Das musste er auch gar nicht, denn die Rhythmusgitarre übernahm ja immer Malcolm. Es war nicht ungewöhnlich für Angus, acht Stunden am Stück zu spielen. Er hätte auch im Flieger nach London gespielt, wenn man ihn gelassen hätte.
Wir waren ziemlich beeindruckt, soweit man das nach 36 Stunden Flug sein konnte, als Michael und Coral, die in Heathrow auf uns warteten, uns zu einer Limo führten, die Atlantic Records für uns bereitgestellt hatte. Nach fast zwei Tagen in der Luft waren wir zwar alle ein bisschen erledigt, aber trotzdem machten wir erst einmal eine kleine Sightseeing-Tour: Buckingham Palace, Trafalgar Square mit der Statue von Lord Nelson, Piccadilly Circus, Tower und Big Ben. All die Sehenswürdigkeiten, die ich aus Film und Fernsehen kannte (ich war vor allem ein großer James-Bond-Fan), sah ich nun mit eigenen Augen, so wie kurz zuvor bei unserem Anflug auf Heathrow. Es war immer noch schwer vorstellbar, dass das alles wirklich echt war und kein Monopoly-Spielbrett, denn auf mich wirkte es wie eine verkleinerte Version des „echten“ Londons – und überall drängten sich die Menschenmassen, und Leute wuselten herum wie Ameisen. Am liebsten wäre ich aus der Limo gesprungen und hätte mich gleich unter sie gemischt. Ich brannte auf eine Erkundungstour und hatte mir innerlich schon eine Liste zusammengestellt, was ich mir unbedingt ansehen wollte, allen voran das Britische Museum mit seiner berühmten Ägyptischen Abteilung.
Nach der Rundfahrt steuerten wir unser neues Hauptquartier in der Inverness Terrace 49 in Bayswater an. Es war ein großes Londoner Reihenhaus, das in mehrere Wohnungen aufgeteilt worden war. Band und Crew wohnten hier alle zusammen, was ungefähr auf die Größe des Gebäudes schließen lässt; sieben Jungs teilten sich eine Wohnung. Verglichen mit dem Haus in der Lansdowne Road wirkte es wie das Taj Mahal. Wie immer nahmen Phil und ich ein gemeinsames Zimmer. Wir kamen aus ähnlichen Arbeiterklasse-Familien, waren beide in Melbourne aufgewachsen und standen auf Australian Football. Phil war ein Fan von Essendon, aber er hielt sich zurück, wenn sein Team meine Carlton-Jungs von der Platte putzte. Ich revanchierte mich, indem ich nicht zu sehr aufdrehte, wenn das Glück auf der Carlton-Seite stand.
Aber natürlich waren wir auch deswegen in einem Zimmer gelandet, weil wir die beiden Neuen waren. Es war bezeichnend für die Hackordnung in der Band, dass Bon, Malcolm und Angus in der Inverness Terrace jeweils ein eigenes Zimmer bewohnten, während Phil und ich uns eine kleine Kammer teilten. Allerdings verstanden wir uns gut und waren von Anfang an bestens miteinander zurecht gekommen. Bei uns gab es immer etwas zu lachen. Phil verpasste mir auch meinen Spitznamen „Herbie“, nach Herbie Evans, einer Figur aus der australischen Fernsehserie Number 96.
Wenn ich ein Problem hatte, war es auch stets Phil, an den ich mich als erstes wandte, und umgekehrt war es genauso. Wir vertrauten uns Dinge an, die wir mit Malcolm und Angus nicht hätten besprechen können. Später war dann auch Phil der einzige, dem ich verriet, dass ich an meiner Zukunft mit der Band zweifelte. Auch er war sich seiner Position nicht immer sicher und träumte davon, ein Restaurant in Melbourne zu eröffnen, wenn er eines Tages nicht mehr bei AC/DC spielen würde.
Das Haus in Bayswater war fünf Minuten von der U-Bahn-Station Queensway entfernt, und von dort aus waren es nur wenige Haltestellen bis in die Londoner Innenstadt. In zehn Minuten war man zu Fuß an der Oxford Street oder, wenn man quer durch den Hyde Park ging, an der Kings Road in Chelsea, wo man gut einkaufen oder was trinken gehen konnte. Parallel zur Inverness Terrace verlief außerdem der Queensway, die große Einkaufsstraße von Bayswater.
Kurz nach unserer Ankunft bummelte ich durch das Kaufhaus Whiteleys am Queensway, und erfuhr ganz nebenbei, dass Brian Jones von den Rolling Stones dort einmal gearbeitet hatte. Es war ein steifer alter
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