Dog Boy
nieder und streichelte das weiche, zerschlissene Fell des Katzenschwanzes. Die Katze war tapfer gewesen, orange wie der Herbst, orange wie Feuer. Er lächelte und steckte sich den Schwanz in den nackten Hintern. Doch der löste sich wieder, und Romotschka rollte sich zusammen und sog nachdenklich an der knochigen Schwanzspitze. Ich fresse kein Hundefleisch, ich fresse kein Menschenfleisch, ich fresse kein Katzenfleisch .
Plötzlich war er mit sich sehr zufrieden.
Am nächsten Tag, an dem der warme Frühlingswindauffrischte, über das Eingangsloch fegte und eine dröhnende Musik aus der Höhle sog, war Romotschka nicht mehr zu halten. Er wollte auf Nahrungssuche gehen, wollte die strahlende Welt erkunden und wiederentdecken. Vor Freude beglückwünschte er sich bei dem Gedanken, dem Roma einen Besuch abzustatten, ein Gedanke, der von der Aussicht auf köstliches Essen und, vielleicht noch köstlicher, auf Laurentias Tränen geprägt war.
Als Romotschka wieder auf Nahrungssuche ging, war er schmal und bewegte sich schnell in den Straßen und im regenglitzernden Wald. Wenn er Kinder sah, knurrte er sie wütend an und versetzte sie und ihre Mütter damit in Angst und Schrecken; auch seine eigene Familie verunsicherte er, und mit gesträubtem Fell drängten sich alle um ihn herum. Romotschka machte keine Jagd mehr auf Katzen. Wenn er eine erblickte, stand er da und nickte ihr nachdenklich zu, genau wie die Sängerin es einmal bei ihm getan hatte. Die Katzen machten einen Buckel, fauchten bei seinem Anblick, schlichen davon, drehten sich in sicherer Entfernung noch einmal um und blinzelten mit ihren glänzenden Augen.
Er sah gern zu, wenn eine Katze auf die Jagd ging, und war jedes Mal überzeugt, dass sie erfolgreich sein würde. Er brüllte die Hunde an, schlug sie und biss nach ihnen, damit sie die Katzen in Ruhe ließen. Als Goldene Hündin und Schwarzer Rüde irgendwann eine Katze in die Höhle schleppten, schnappte er sich den übel zugerichteten, sehnigen Kadaver und kletterte damit in die zerstörte Kuppel hinauf, um ihn an einem Ort zu verstecken, den sie nicht erreichen konnten.
~
Kaum hatte Romotschka die Höhle betreten, wusste er, dass Welpe etwas angestellt hatte, denn der kam nicht angerannt, um ihn zu begrüßen, sondern starrte nur mit großen Augen vom Nest herüber. Romotschka erstarrte und funkelte seinen kleinen Bruder drohend an. Er ließ die anderen an sich hochspringen, warf die Tüte mit den Essensresten zur Seite, damit sie daran riechen konnten, und fixierte dabei die ganze Zeit Welpes Gesicht. Er wartete. Welpe kam auf dem Bauch zu Romotschkas Händen gekrochen, leckte sie und schlich wieder zurück ins Nest. Romotschka drehte sich um und ging zu seinem Bau. Er spürte, wie Welpes Blick ihm folgte.
Welpe war in seinem Bau gewesen. Romotschka witterte ihn und spürte jede kleine Veränderung. Wie die anderen auch war Welpe schon häufiger dort gewesen, aber nur mit seinem Einverständnis. Sein Blick fiel auf den losen Ziegelstein in der Wand, der leicht verschoben war. Welpe hatte sich für sein Geheimversteck interessiert. Wütend zog Romotschka den Ziegelstein heraus und tastete nach seinen Sachen, die alle von Welpes Händen verunreinigt waren. Seine Finger vermissten die Krone zuerst. Er tastete alles noch einmal sorgfältig ab und nahm dann die Sammlung von Schnäbeln und Klauen in seine andere Hand. Es bestand kein Zweifel: Sie war weg. Mit wütendem Knurren drehte er sich um und baute sich vor Welpe auf, der mit abgewandtem Gesicht direkt hinter ihm auf dem Boden lag. Romotschka griff brüllend nach seiner Keule. Welpe flüchtete ins Nest, und in diesem Moment kam Mamotschka in die Höhle, sprang auf Romotschka zu und knurrte ihm ins Gesicht. Fast hätte er ihr einen Hieb mit der Keule versetzt. Sie sah es an seinem Blick und funkelte ihn kampfbereit an. Beschämt und schockiert schlich er davon undweigerte sich, zu fressen oder bei ihnen zu schlafen. Bis Mitternacht lag er frierend da, dann kletterte er unglücklich nach draußen, um mit Schwarzer Rüde am Berg herumzustreunen.
Die Krone war nirgends zu finden. Welpe hatte sie gefressen, weil sie so schön war.
Am nächsten Tag tollte Welpe wieder fröhlich bellend herum. Die Tatsache, dass er seine Unnahbarkeit verloren hatte, steigerte Welpes gute Laune noch. Romotschka war missmutig. Er versuchte, seinen kleinen Bruder zu fangen, um ihn grün und blau zu schlagen, doch seine Bemühungen steigerten nur Welpes
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