Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang
nicht mehr halten.
»Was mich interessieren würde«, sagte Lise, die als Einzige ernst blieb, »wäre, was Sie gemeint haben, als Sie auf dem Schlitten saßen und immer ›Ich bin unsichtbar‹ vor sich hin gemurmelt haben? Für uns war das der Beweis, dass Sie ein Mondchamäleon sind.«
»Ach, das habt ihr gehört?«, sagte Gregor. »Ich … ähm … da habe ich Selbstgespräche geführt, über eine gewisse Person, für die ich … ja, also, für die ich unsichtbar zu sein scheine.«
»Hallo, Gregor, du wirst ja ganz rot«, sagte Doktor Proktor. »Bist du etwa verliebt? Das wird ja auch mal Zeit.«
»Verliebt?« Gregor lachte unglaublich albern. »Nein. Nein. Hick! Ich … na ja, ich mag schon jemanden, aber – hick! – verliebt? Nein, nein, das geht wirklich zu weit.«
Die anderen drei sahen Gregor an. Und wenn es eine Sache gab, über die in diesem Augenblick keiner von ihnen mehr im Zweifel war, dann die Tatsache, dass Gregor Galvanius verliebt war. Aber nur Lise wusste, in wen, was sie aber mit keinem Sterbenswörtchen verriet.
»Wie auch immer«, sagte Doktor Proktor. »Jetzt, da wir festgestellt haben, dass Gregor kein Mondchamäleon ist und auch nicht hypnotisiert wurde, denke ich, dass wir ihn bitten sollten, uns beim Retten der Welt zu helfen.«
»Ja!«, riefen Lise und Bulle im Chor.
»Was hat es eigentlich mit diesen Mondchamäleons auf sich?«, fragte Gregor.
Sie erklärten ihm, wie alles zusammenhing. Am Ende fasste Gregor zusammen: »Also, ein Mondchamäleon kann die Gestalt eines Menschen annehmen, jeden Hintergrundes, im Grunde genommen von allem. Es isst Menschenfleisch wie wir Frikadellen, es hat Schwierigkeiten mit Doppelkonsonanten, klaut Socken und hypnotisiert Menschen, die dann anstelle von Kaffee Kjaffee sagen. Und in Bulles Buch steht, dass etwas Megaschreckliches passiert, wenn man am helllichten Tag ein Mondchamäleon sichtet.«
»Etwas Ultragigaschreckliches«, korrigierte Bulle ihn.
»Und ihr meint, dass ihr am helllichten Tag die Spuren eines Mondchamäleons gesehen habt, und glaubt deshalb, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorsteht?«
Bulle und Lise nickten.
Gregor lachte. »Ihr müsst schon zugeben, dass sich das ziemlich bekloppt anhört, oder?«
Lise horchte in sich hinein und kam zu dem Schluss, dass Gregor recht hatte. Sie war sich plötzlich gar nicht mehr so sicher. Schließlich war ja eigentlich nicht sonderlich viel Weltuntergangsmäßiges passiert. Kein Erdbeben, kein Vulkanausbruch, noch nicht einmal ein Kometenaufprall.
Aber da ergriff Doktor Proktor das Wort.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dass ihr den Rest erfahrt.«
Alle Blicke wandten sich ihm zu.
»Es gibt etwas, das nicht in deinem Buch steht«, sagte Doktor Proktor mit finsterer Miene. »Das aber in Paris als Gerücht die Runde machte.«
»Ist es unheimlich?«, flüsterte Lise.
»Für Jugendliche unter 18 eigentlich ungeeignet«, sagte der Doktor. »Ich schlage vor, wir machen etwas mehr Licht, bevor ich weitererzähle.«
13. Kapitel
Unheimlich und richtig schlechte Neuigkeiten
Doktor Proktor sah die anderen Anwesenden am Tisch in Gregors Wohnzimmer mit ernster Miene an.
»Ich hatte gehofft, es nicht erzählen zu müssen. Schließlich ist es nur ein Gerücht.«
»Und was sagt das Gerücht?«, fragte Lise.
»Dass die Mondchamäleons uns auffressen werden«, sagte Doktor Proktor.
»Uns auffressen?«, riefen Lise, Bulle und Gregor wie aus einem Mund.
Doktor Proktor nickte und seine Miene war so düster wie ein grauer Regentag im Sauerland.
»Das Gerücht, das damals in Paris kursierte, besagte, dass auf dem Mars einmal Marsmenschen gelebt haben.«
»Na, logisch«, sagte Bulle. »Falls überhaupt jemand dort lebt, meine ich.«
»Auf dem Mars lebt niemand mehr«, sagte der Doktor. »Weil die Mondchamäleons alle Bewohner aufgefressen haben. Das ist ihre Lieblingsbeschäftigung. Sie reisen von Planet zu Planet und fressen ratzeputz alles auf, was ihnen an intelligentem Leben vor die Schnauze läuft. Und die intelligentesten Wesen auf diesem Planeten … sind nun mal wir.«
»Einverstanden«, sagte Bulle, dem gar nicht aufzufallen schien, wie geschockt Lise und Gregor waren.
»Mit uns meine ich alle Menschen«, sagte Doktor Proktor.
»Aber … aber«, sagte Lise. »Wieso haben wir dann bisher noch von keinem Menschen gehört, der gefressen wurde?«
»Wenn ich recht habe, liegt das daran, dass die Mondchamäleons richtig gerissene Biester sind«, sagte der Doktor. »Sie haben
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