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Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens

Titel: Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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brachten mir die vergessenen Erinnerungen der Kindheit zurück. Die Gewalt, die mich zuvor ergriffen hatte, verschwand. Die Abneigung verwandelte sich in Sehnsucht, eine freudige Zuneigung zu Don Juan. Er sagte, ich müsse gegen den Schlaf ankämpfen; und daß ich keinen Körper mehr hätte und frei sei, mich zu verwandeln in alles, was ich wollte. Er trat zurück. Ich sah in seine Augen, als stünde ich vor ihm. Er streckte mir beide Arme entgegen und bat mich, zu ihm zu kommen. Entweder bewegte ich mich auf ihn zu, oder er kam mir näher. Seine Hände waren fast auf meinem Gesicht - auf meinen Augen, obwohl ich sie nicht spürte. »Komm in meine Brust«, hörte ich ihn sagen. Ich fühlte, daß ich ihn verschlang. Es war wieder jene Empfindung der Schwammigkeit der Wand. Dann hörte ich nur seine Stimme, die mich aufforderte, um mich zu blicken und zu sehen. Ich konnte ihn nicht mehr erkennen. Meine Augen waren offensichtlich geöffnet, denn ich sah Lichtblitze auf einem roten Feld; es war, als sähe ich mit geschlossenen Augenlidern auf ein Licht. Dann kehrten meine Gedanken zurück. Sie kamen in einer schnellen Flut von  Bildern - Gesichtern, Szenen. Szenen ohne jeden Zusammenhang tauchten auf und verschwanden. Es war wie ein schneller Traum, in dem die Bilder sich überschneiden und wechseln. Dann wurden es weniger Gedanken, und ihre Eindringlichkeit verlor sich, und bald waren sie wieder verschwunden. Es blieb das Bewußtsein von Zuneigung und Glücklichsein. Ich konnte weder Formen noch Licht erkennen. Plötzlich wurde ich hochgezogen. Ich spürte deutlich, daß ich hochgezogen wurde. Und ich war frei, bewegte mich mit ungeheurer Leichtigkeit und Geschwindigkeit in Wasser oder Luft. Ich schwamm wie ein Aal; ich wand und drehte mich und schnellte nach oben und wieder hinab, so wie ich es wollte. Ich spürte einen kalten Wind überall um mich, und ich begann wie eine Feder zu schweben, vor und zurück, hinunter und hinunter und hinunter.

Sonnabend, 28. Dezember 1963
    Gestern am späten Nachmittag wachte ich auf. Don Juan sagte, ich hätte beinahe zwei Tage lang friedlich geschlafen. Ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen. Ich trank etwas Wasser und erbrach mich. Ich war müde, entsetzlich müde, und nach dem Essen schliefich wieder ein.
    Heute fühlte ich mich wieder völlig ausgeruht. Don Juan und ich sprachen über mein Erlebnis mit dem kleinen Rauch. Ich glaubte, ich solle ihm wie gewöhnlich die ganze Geschichte erzählen und begann meine Eindrücke zu beschreiben, aber er unterbrach mich und sagte, es sei nicht nötig. Er sagte, ich hätte wirklich nichts getan und wäre gleich eingeschlafen, es gäbe also nichts zu besprechen.
    »Aber all das, was ich empfunden habe? Ist das überhaupt nicht wichtig?« drängte ich.
    »Nein, nicht mal der Rauch. Später, wenn du lernst zu reisen, werden wir darüber sprechen; wenn du lernst, in die Dinge einzudringen.«
»Dringt man wirklich >in< Dinge ein?«
    »Erinnerst du dich nicht? Du gingst in die Wand, durch sie hindurch. «
    »Ich glaube, ich hatte den Verstand verloren«: »Nein, das hast du nicht«:
    »Hast du dich genauso verhalten, als du zum ersten Mal geraucht hast, Don Juan?«
    »Nein, es war nicht so. Wir sind verschieden veranlagt«
»Wie hast du dich verhalten?«
    Don Juan antwortete nicht Ich famulierte die Frage anders. Aber er sagte, daß er sich nicht an seine Erlebnisse erinnere und daß meine Frage etwa so sei, als fiage man einen Fischer, wie es ihm erging, als er zum ersten Mal fischte.
    Er sagte, der Rauch sei als Verbündeter einmalig, und ich erinnerte ihn daran, daß er das auch von Mescalito gesagt hatte. Jeder sei einmalig, sagte er, aber sie hätten verschiedene Eigenschaften» »Mesc^^ ist ein Beschützer, denn er spricht mit dir und kann deine Handlungen lenken«, sagte er. »Mescalito lehrt dich die richtige Art zu leben. Und du kannst ihn sehen, denn er ist außerhalb von dir. Der Rauch andererseits ist ein Verbündeter. Er verwandelt dich und gibt dir Macht, ohne sich je selbst zu zeigen. Du kannst nicht mit ihm sprechen. Aber du weißt, daß er da ist, weil er deinen Körper fortträgt: und dich so leicht wie Luft macht Doch du siehst ihn nie. Aber er ist da und gibt dir die Macht, unvorstellbare Dinge zu erreichen, so, als wenn er deinen Körper fortträgt«
    »Ich habe wirklich gemeint, meinen Körper verloren zu haben, Don Juan.« - »Ja, so war es.«
»l )u meinst, ich hatte wirklich keinen Körper?«
»Was glaubst du

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