Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Hoffnungen zu täuschen, wenn anders das wahr sei, was sie gesprochen habe, wie sie doch nicht zweifeln könnten; er möchte erwägen, daß es gewiß nicht Zufall, sondern eine besondere Schickung des Himmels sei, daß sie sich alle an einem Orte getroffen hätten, wo sie es am wenigsten vermuten konnten. Der Pfarrer fügte hinzu, daß er glauben möchte, Cardenio und Luzinde könnten nur durch den Tod geschieden werden, ja wenn sie selbst die Schneide des Schwertes trennte, so würden sie ihren Tod doch glücklich preisen; in Dingen, die sich nicht ändern ließen, sei es die größte Weisheit, sich selbst zu besiegen und ein edles Gemüt zu zeigen, daher solle er durch seinen freien Willen das Glück von beiden bestätigen, welches ihnen der Himmel schon gegönnt habe; zugleich möchte er die Augen auf die Schönheit der Dorothea wenden, mit der sich wenige oder wohl keine vergleichen dürften, viel weniger sie überträfen, mit ihrer Schönheit solle er ihre Demut und die zärtliche Liebe zu ihm erwägen; vorzüglich aber, daß er sich rühme, Ritter und Christ zu sein, und wie er deshalb sein gegebenes Wort erfüllen müsse, und wenn er es erfülle, habe er seine Pflicht gegen Gott erfüllt wie den Beifall aller edlen Menschen gewonnen, die es wohl einsehen, daß Schönheit auch im niedrigen Stande, wenn sie die Tugend zur Gefährtin hat, sich allerdings erheben dürfe und sich der Hoheit gleichstellen, ohne daß derjenige darunter litte, der sich erhebe und sich selber gleichmachte; und darüber, daß einer den heftigen Forderungen der Leidenschaft gehorche, wenn es keine Sünde sei, dürfe niemand getadelt werden.
    Zu diesen Gründen fügten die übrigen noch andre und so dringende hinzu, daß die starke Brust des Don Fernando, mit edlem Blute erfüllt, endlich erweicht ward und sich von der Wahrheit besiegen ließ, die er nicht leugnen konnte, wenn er auch gewollt hätte. Zum Zeichen seiner Nachgebung umarmte er Dorothea und sagte: »Steht auf, meine Gebieterin, denn es ziemt sich nicht, daß die zu meinen Füßen kniee, die ich in meiner Seele trage, wenn ich mich aber bis jetzt anders gezeigt habe, so geschah es vielleicht nach dem Willen des Himmels, damit ich sehen sollte, mit welcher Treue Ihr mich liebt, und ich Euch so schätzen mußte, wie Ihr es verdient; jetzt bitte ich Euch, mir mein bisheriges übles Betragen nicht zum Vorwurf zu machen, denn dieselbe Gewalt, die mich jetzt zwingt, Euch als die Meinige zu erkennen, hat mich bis hierher zurückgehalten, nicht der Eurige zu sein, und daß dieser Ausspruch Wahrheit sei, so betrachtet nur die Augen der vergnügten Luzinde, und Ihr werdet in ihnen die Entschuldigung aller meiner Fehler finden; da sie nun gefunden hat, was sie von Herzen wünschte, so wie ich Euch, mein höchstes Glück, gefunden habe, so mag sie auch sicher und vergnügt viele Jahre mit ihrem Cardenio leben, so lange, wie ich den Himmel auf meinen Knien bitten will, daß er mich an der Seite meiner Dorothea leben lasse.« Nach diesen Worten umarmte er sie von neuem und küßte sie mit so inniger Zärtlichkeit, daß er mit Gewalt die Tränen zurückhalten mußte, die beinah aus seinen Augen brachen, um seine Liebe und Reue unbezweifelt zu bezeugen. Cardenio und Luzinde aber taten sich diese Gewalt nicht an, ebensowenig die übrigen, die zugegen waren, sondern alle fingen an so zu weinen, jene über ihr Glück, diese vor Freuden darüber, daß es nicht anders schien, als ein großes Leid habe sie alle plötzlich betroffen; selbst Sancho Pansa weinte, ob er gleich nachher gestanden, daß er es nur darum getan habe, weil Dorothea nicht, wie er geglaubt, Königin des Mikomikonischen Reiches sei, von der er so große Belohnungen erwartet hatte.
    Das Weinen und die Verwunderung währte bei allen einige Zeit, dann warfen sich Cardenio und Luzinde zu den Füßen Don Fernandos nieder und dankten ihm in so edlen Ausdrücken für seine Güte, daß Don Fernando nicht antworten konnte, sondern sie aufhob und mit der größten Liebe und Artigkeit umarmte. Dann fragte er sogleich Dorotheen, wie sie an diesen Ort gekommen, der von ihrer Heimat so entfernt sei. Sie erzählte ihm in verständiger Kürze alles, was sie erst dem Cardenio erzählt hatte, wodurch Don Fernando und alle, die mit ihm gekommen waren, so bezaubert wurden, daß sie wünschten, die Erzählung hätte länger gedauert, mit so großer Anmut wußte Dorothea ihre Unfälle vorzutragen. Als sie geendet hatte, trug Don Fernando das vor, was

Weitere Kostenlose Bücher