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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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morgen abreise, weil es heut schon zu spät ist, so geschehe es also, und laßt uns diese Nacht bis zum Tagesanbruch in guter Eintracht miteinander zubringen, dann wollen wir den Herrn Don Quixote begleiten und Zeuge seiner tapfern und unerhörten Taten sein, die er im Verlauf dieser großen Unternehmung, der er sich unterzogen, verüben wird.«
    »Ich bin derjenige, der Euch Dienste leisten und begleiten wird«, antwortete Don Quixote, »ich erkenne die Gnade, die Ihr mir erweist, wie die gute Meinung, die Ihr von mir hegt und die ich zu bestätigen suchen werde, oder es soll mir das Leben kosten, ja noch mehr, wenn dieses möglich wäre.«
    Noch viele andere Artigkeiten und freundliche Erbietungen fielen zwischen Don Quixote und Don Fernando vor. Sie wurden aber durch einen Reisenden beendigt, der jetzt in die Schenke trat und dessen Tracht zeigte, daß er ein Christ sei, der kürzlich aus dem Gebiete der Mohren zurückgekehrt war, denn er trug ein kurzes Oberkleid von blauem Zeuge, kleinen Ärmeln und ohne Halskragen, seine Beinkleider waren von der nämlichen Farbe; und auf dem Kopfe hatte er einen blauen Bund; er hatte dattelfarbige Halbstiefeln zum Aufschnüren und ein mohr'sches Schwert in einem Bandelier, das ihm über die Brust hing. Gleich nach ihm kam auf einem Maultier eine Frau in mohrischer Kleidung, deren Gesicht mit einem Tuche verhängt war; sie hatte einen brokatenen Kopfschmuck, und ein weiter Schleier floß ihr von dem Haupte bis zu den Füßen hinab. Der Mann war von starkem und angenehmem Äußeren, er schien ungefähr vierzig Jahre alt, von bräunlichem Gesicht, mit großem Zwickelbart und den Bart zierlich gekräuselt, so daß man ihn nach seinem Ansehen, wenn er besser gekleidet gewesen wäre, für einen Mann von Stande gehalten hätte. Indem er hereintrat, forderte er ein Zimmer, und da man ihm sagte, daß in der Schenke keins zu haben sei, schien er verdrüßlich zu werden, er ging hierauf zu der, die ihrer Kleidung nach eine Mohrin schien, und hob sie in seinen Armen herunter.
    Luzinde, Dorothea, die Wirtin, ihre Tochter und Maritorne, die von der ihnen ganz neuen Kleidung angezogen wurden, umgaben die Mohrin, und Dorothea, die immer artig, verständig und liebenswürdig war, da sie sah, daß beide über das mangelnde Zimmer verdrüßlich waren, sagte: »Seid nicht, Señora, unzufrieden damit, daß es hier an aller Bequemlichkeit mangelt, denn es pflegt in den Schenken an allem zu fehlen; wenn es Euch aber gefällt, mit uns zu sein« (indem sie auf Luzinden wies), »so werdet Ihr doch vielleicht hier einige Annehmlichkeiten mehr antreffen, als die Ihr auf dem übrigen Wege nicht gefunden habt.«
    Die Verschleierte antwortete nicht, sondern sie stand auf, von wo sie sich niedergesetzt hatte, legte die Hände kreuzweis über die Brust und neigte den Kopf und den Körper zum Zeichen ihres Dankes. Aus ihrem Stillschweigen schlossen sie, daß sie eine Mohrin sein müsse und die christliche Sprache nicht reden könne. Indem trat der Gefangene hinzu, der indes an ders beschäftigt gewesen war; als er sah, daß sie alle die Fremde umgaben und diese auf ihr Anreden nichts erwiderte, sagte er: »Dies Mädchen, meine Damen, versteht unsere Sprache kaum, denn sie ist nur mit ihrer Landessprache vertraut, und deshalb kann sie auf nichts antworten, was sie gefragt wird.«
    »Wir fragen sie nichts«, antwortete Luzinde, »wir bieten ihr nur für diese Nacht unsere Gesellschaft und einen Teil unseres Gemachs an, wo wir ihr alle hier mögliche Bequemlichkeit mitteilen wollen, so wie wir ihr gern alle Dienste leisten, die Fremde, besonders Frauen, erwarten dürfen.«
    »Für sie und für mich«, antwortete der Gefangene, »küsse ich Euch, Señora, die Hände; ich erkenne diese Gütigkeit so, wie ich soll, denn ich sehe, daß ich vornehmen und edlen Damen verbunden bin.«
    »Sagt mir, Señor«, fragte Dorothea, »ist diese Señora Christin oder Mohrin? denn aus ihrer Kleidung und ihrem Stillschweigen schließen wir, daß sie das ist, was wir lieber nicht von ihr wünschten.«
    »Sie ist Mohrin in Ansehung ihrer Tracht und im Körper, aber in der Seele ist sie eine herzliche Christin, denn ihr größter Wunsch ist es, Christin zu werden.«
    »So ist sie nicht getauft?« fragte Luzinde.
    »Noch hat die Gelegenheit dazu gefehlt«, antwortete der Gefangene, »seit wir Algier, ihr Vaterland, verlassen haben, und sie ist noch in keiner so dringenden Lebensgefahr gewesen, daß man sie hätte taufen müssen, ohne

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