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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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daß sie alle die Zeremonien kannte, die unsere Mutter, die heilige Kirche, befiehlt, aber mit Gottes Hülfe wird sie mit allen jenen Feierlichkeiten getauft werden, die ihr Stand erfordert, denn sie ist vornehmer, als sie nach ihrer oder meiner Kleidung scheint.«
    Nach diesen Worten wurden alle Umstehende neugierig, zu erfahren, wer die Mohrin und der Gefangene seien; aber keiner wollte ihn fragen, weil es ihm nötiger schien zu ruhen, als sei nen Lebenslauf zu erzählen. Dorothea nahm sie bei der Hand und ließ sie neben sich niedersetzen, worauf sie sie bat, daß sie den Schleier abnehmen möchte. Sie sah den Gefangenen an, als wenn sie ihn fragte, was jene sage und was sie tun solle. Er sagte ihr auf arabisch, daß sie gebeten würde, den Schleier abzunehmen, und daß sie es tun möchte; sie nahm hierauf den Schleier ab und entdeckte ein so schönes Angesicht, daß Dorothea sie schöner als Luzinde und Luzinde sie schöner als Dorothea fand, und alle Umstehende fällten das Urteil, daß, wenn sich jemand mit den beiden vergleichen dürfe, es die Mohrin sei, ja einige gaben ihr noch in manchen Dingen den Vorzug. Da die Schönheit nun immer die Gewalt hat, die Gemüter zu fesseln, so beeiferten sich alle sogleich, der schönen Mohrin zu dienen und sich ihr gefällig zu machen.
    Don Fernando fragte den Gefangenen, wie die Mohrin heiße. Er antwortete: »Lela Zoraida«; wie sie dies hörte und merkte, was der Christ gefragt habe, rief sie eilig und mit sehr zierlichem Eifer: »Nicht, nicht Zoraida, Maria, Maria«, wodurch sie zu verstehen geben wollte, daß sie Maria und nicht Zoraida heiße.
    Diese Worte und der große Eifer, mit dem die Mohrin sie sagte, rührten einige von den Umstehenden bis zu Tränen, besonders die Frauen, die von Natur zart und mitleidig sind. Luzinde umarmte sie mit inniger Liebe und sagte: »Ja, ja, Maria, Maria! Zoraida macange!«, welches soviel als nein bedeutet.
    Indem war es Abend geworden, und auf Veranstaltung derjenigen, die mit Don Fernando gekommen waren, hatte der Wirt mit aller Sorgfalt eine Abendmahlzeit zubereitet, so gut er sie nur schaffen konnte. Als es nun Zeit zum Essen geworden, setzten sich alle um einen breiten Wandtisch, denn ein runder oder viereckter Tisch war nicht in der Schenke; die Haupt- und vornehmste Stelle, so sehr er sich auch weigerte, wurde dem Don Quixote gegeben, der die Mikomikonische Fürstin zu seiner Seite haben wollte, weil er ihr Beschützer sei. Darauf setzten sich Luzinde und Zoraida und gegenüber Don Fernando und Cardenio, dann der Gefangene und die übrigen Ritter, an der Seite der Damen der Pfarrer und der Barbier. So aßen sie sehr vergnügt und ergötzten sich noch mehr, als Don Quixote zu essen aufhörte und, von einem ähnlichen Geiste getrieben, der ihn bewog zu reden, als er mit den Ziegenhirten speiste, also zu sprechen anfing: »In Wahrheit, Señores, wenn man es recht erwägt, so erfahren diejenigen große und unerhörte Dinge, die sich zum Orden der irrenden Ritterschaft bekennen; denn wer unter den Lebenden, der jetzt in die Tür dieses Kastells hereinträte und uns sähe, wie wir hier sitzen, würde glauben, daß wir das sind, was wir sind? Wer würde darauf verfallen, daß diese Dame, die zu meiner Seite sitzt, die große Königin sei, für welche wir sie alle kennen, und daß ich jener Ritter von der traurigen Gestalt bin, den das Gerücht im Munde führt? Nun ist es außer allem Zweifel, daß diese Kunst und dieses Geschäft alle übrigen übertrifft, die nur jemals von den Menschen sind erfunden worden, und man muß es um so höher achten, je mehr es Gefahren unterworfen ist. Diejenigen mögen nur schweigen, die die Wissenschaften über die Waffen stellen wollen, denn wer sie auch sein mögen, so sage ich ihnen, daß sie nicht wissen, was sie sagen. Denn der Grund, den diese anzugeben pflegen und auf welchem sie sich am meisten stützen, ist der, daß die Arbeiten des Geistes höher als die des Körpers stehen und daß die Waffen nur vom Körper geübt werden; als wenn ihre Ausübung nichts weiter als die Tätigkeit eines Sänftenträgers wäre, der nichts weiter als nur tüchtige Kräfte nötig hat; oder als wenn in dem, was wir das Handwerk der Waffen nennen, nicht alle Tugenden der Tapferkeit befangen lägen, die, recht ausgeübt, einen großen Verstand erfordern; oder als wenn der Krieger nicht, dem eine Armee oder die Verteidigung eines festen Platzes anvertraut ist, ebenso mit dem ganzen Geiste wie mit dem Körper

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