Don Quixote
daß es keine Beschreibung darstellen kann. Sowie ich sie sah, nahm ich ihre Hand und küßte sie, der Renegat und meine beiden Gefährten taten das nämliche, und die übrigen, die den Zusammenhang nicht wußten, taten das, was sie uns tun sahen, so daß es war, als wenn wir alle ihr Dank sagten und sie für die Urheberin unserer Freiheit erkannten. Der Renegat fragte sie in mohrischer Sprache, ob ihr Vater im Garten sei. Sie antwortete ja, daß er aber schliefe. ›So müssen wir ihn aufwecken‹, versetzte der Renegat, ›und ihn mit uns nehmen, nebst allem, was sich in diesem Garten an Kostbarkeiten findet.‹
›Nein‹, sagte sie, ›an meinem Vater dürft ihr euch durchaus nicht vergreifen, auch findet sich in diesem Hause nichts weiter, als was ich mit mir nehme, welches hinreicht, euch alle reich und zufrieden zu machen, wartet ein wenig, und ihr sollt es sehen.‹ Mit diesen Worten ging sie wieder hinein und sagte uns, daß sie gleich zurückkommen würde, wir sollten stehenbleiben und kein Geräusch machen. Ich fragte den Renegaten, was er mit ihr gesprochen habe, worauf er es mir erzählte. Ich sagte hierauf, daß er durchaus nichts anderes tun solle, als wie es Zoraida beföhle. Diese kam indes schon mit einem Kästchen voll goldener Taler zurück, so daß sie es kaum tragen konnte.
Das Unglück fügte es so, daß ihr Vater in diesem Augenblicke erwachte und ein Geräusch im Garten vernahm; er erschien am Fenster, und sowie er sah, daß diejenigen im Garten Christen waren, rief er mit lauter und entsetzlicher Stimme auf arabisch: ›Christen! Christen! Räuber! Räuber!‹ Durch dieses Geschrei sahen wir uns plötzlich in die größte Gefahr versetzt. Da der Renegat dies schnell faßte, und wieviel darauf ankam, fortzukommen, ehe Lärm würde, lief er plötzlich zum Agi Morato hinauf, und mit ihm einige von den Unsrigen, denn ich durfte Zoraida nicht verlassen, die halb ohnmächtig in meinen Armen lag. Die hinaufgelaufen waren, machten so schnelles Spiel, daß sie den Augenblick mit Agi Morato herunterkamen, dem die Hände gebunden waren und der Mund mit einem Tuche verstopft, so daß er kein Wort hervorbringen konnte, wobei man ihm drohete, daß, wenn er ein Wort sagte, es ihm das Leben kosten würde. Als die Tochter ihn sah, bedeckte sie die Augen, um ihn nicht zu sehen, und der Vater war voll Verwunderung, weil er nicht wußte, daß sie sich mit ihrem Willen in unseren Händen befand; jetzt waren uns aber die Füße am nötigsten, wir liefen daher mit der größten Schnelligkeit zur Barke, indem uns jene, die dort geblieben waren, schon erwarteten und in Furcht standen, daß uns ein Unglück zugestoßen sei.
Es waren noch keine zwei Stunden von der Nacht verflossen, als wir auch schon alle in der Barke waren, wo man dem Vater der Zoraida die Hände frei machte und ihm das Tuch aus dem Munde nahm; der Renegat drohte ihm aber von neuem, daß, wenn er ein Wort sagte, wir ihm das Leben nehmen würden. Wie er seiner Tochter ansichtig ward, fing er an auf das kläglichste zu weinen, vorzüglich als er sah, daß ich sie fest in meinen Armen eingeschlossen hielt und daß sie, ohne sich zu sträuben, zu klagen oder nur auszuweichen, ruhig blieb, aber dennoch schwieg er still, damit die Drohungen des Renegaten nicht in Erfüllung gehen möchten. Wie sich nun Zoraida in der Barke sah, und daß wir zu rudern anfangen wollten, und wie sie ihren Vater und die festgebundenen Mohren wahrnahm, sagte sie dem Renegaten, daß er mich bitten möchte, die Mohren loszubinden und ihren Vater frei zu machen, denn sie würde sich eher ins Meer stürzen, als vor ihren Augen und ihretwegen einen Vater gefangen zu sehen, der sie immer so sehr geliebt habe. Der Renegat sagte mir dies, und ich antwortete, daß ich es zufrieden sei, er aber erwiderte, daß man dies nicht könne, denn wenn man sie dort ließe, würden sie sogleich das Land und die Stadt in Aufruhr bringen und verursachen, daß man uns mit einigen leichten Fregatten nachsetzte, man würde uns Land und Meer abschneiden, wodurch wir dann unmöglich entwischen könnten; man könne ihnen aber wohl die Freiheit geben, sobald wir an ein christliches Land gekommen seien.
In diese Meinung stimmten wir alle ein, und Zoraida – der dies und die Ursachen gesagt wurden, weshalb wir nicht sogleich ihren Wunsch erfüllten – war auch damit zufrieden, und zugleich griffen alle stillschweigend und mit freudigem Mute zu den Rudern; wir empfahlen uns Gott von ganzem Herzen und
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